Dachsanierung - Teil 1 - Grundsätzliches

Dachziegel
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Aber wollen wir erst mal der Reihe nach Beginnen und fangen bei den Grundlagen an.


Wann muss mein Dach erneuert werden? Zweifelsfrei und Pauschal lässt sich diese Frage nie beantworten, denn durch den Standort werden Dinge wie exponierte Lage, klimatische Verhältnisse, Luftreinheit und viele andere Faktoren bestimmt. Hier isoliert und pauschal zu Verallgemeinern wäre falsch. Es liegt ja auch klar auf der Hand, das ein Dach mitten im Herzen Deutschlands eine andere Belastung widerfährt, als ein Dach das direkt an der Nordsee steht. Dennoch schwirren Land auf, Land ab gewisse Zahlenwerte herum, die für eine grobe Abschätzung als brauchbar angesehen werden können. Man spricht hier von einer Witterungsbeständigkeit von rund 60-80 Jahren für Tondachziegel oder -steine. Deckwerkstoffe wie Schiefer oder Metall haben weit aus höhere durchschnittliche Lebenserwartungen.


Wenn man das so liest, eigentlich eine beachtliche Zeitspanne, wie kommt es also, dass wir dazu übergehen Sanierungsintervalle viel kürzer zu gestalten? Am Dach befinden sich ja nicht nur Dachziegel/ -steine, sondern auch vielfach Einbauteile, Anschlüsse, Gauben die natürlich ggü. dem Deckwerkstoff mehr Pflege und Wartung bedürfen. Fehlende Wartung lässt diese Punkte jedoch nicht erkennen, es schleichen sich unbemerkt Undichtigkeiten in das Dach und führen oftmals zu teuren und aufwendigen Sanierungen. Denn was für unsere Autos - der TÜV Besuch - zur Selbstverständlichkeit geworden ist, ist für das Dach eher eine Seltenheit. Man geht davon aus, das ein Dach auch ohne Wartung die Lebenserwartung leisten kann.


Früher mag das zutreffend gewesen sein, als der Dachraum noch zum Wäscheaufhängen oder Dergleichen genutzt wurde. Mit den Jahrzehnten hat sich aber auch die Nutzung des Daches verändert und einen anderen Stellenwert bekommen. Heute ist er vielfach genutzter Wohnraum, dient teuren Penthouse-Wohnungen und hat mit der einfachen Bauweise von vor 30-40 Jahren nicht mehr viel gemein. Heute kommen hochleistungs Dämmstoffe, intelligente Folien, immer flachere Dachneigungen zum Tragen. Das Anforderungsprofil hat sich also massiv geändert. Die Komplexität fordert auch hier und da die Sanierung der Sanierung. Aber was hat das mit der eigentlichen Frage zu tun, wann das Dach neu muss? Ziemlich viel!


Mitnichten erfolgen heutige Sanierungen, weil der Deckwerkstoff am Ende seines Lebensalter angekommen ist. Nein, das Dach kommt neu, wenn die Bewohner einer Bestandsimmobilie sich dazu entschließen den bis dato ungenutzten Raum zu Wohnraum umzubauen. Oder wenn es aus ästhetischen Gründen den Besitzern nicht mehr gefällt. Technisches Versagen durch Alterung ist also nur ein geringer Teil.


Doch wie kann man technisches Versagen erkennen? Viele Fehler lassen sich nicht von der Straße oder dem Gehweg aus erkennen. Denn niemand wird behaupten können Haarrisse im Deckwerkstoff von 6-8 m Betrachtungsabstand zu erkennen. Gerissene Bleianschlüsse an Schornsteinen oder Gauben werden ebenso wenig ersichtlich werden. Dies kann nur ein Fachmann, mit dem direkten Blick auf dem Dach erkennen. Starke Vermosung, wie es auf Nordflächen, gerade bei Betondachsteinen oft der Fall ist, lassen jedoch den Schluss zu, dass über die Verfalzung Wassereintritt unter die Deckung nicht auszuschließen ist. Auch das fehlen von Dachziegeln/-steinen lässt sich auch mit ungeübtem Blick erkennen. Tropfende Dachrinnen sind sicherlich ärgerlich, sollten aber nicht dazu führen gleich das gesamte Dach zu erneuern.


Die Frage sollte also nicht lauten, wann das Dach neu muss, sondern in welchen Intervallen eine Inspektion, gerade bei älteren Dächern, ratsam wäre. Sieht man von den obligatorischen Herbstinspektionen/ Wintercheck ab um im gleichen Zuge die Dachentwässerung von Laub zu befreien, sollten vor allem nach Unwettern eine Inspektion stattfinden. Denn hier ist durch starke Winde oder kräftigen Niederschlag Beschädigung nicht auszuschließen. Besitzer sollten also dazu übergehen mind. 1 mal Jährlich - vor allem bei älteren Dächern - eine Inspektion durchführen zu lassen. Diese sind mit einer kleinen Aufwandspauschale beim örtlichen Dachdecker zu bekommen.


Nun will man das Dachgeschoss als Wohnraum nutzen, geht das ohne weiteres? Ganz klar nein! Jeder Dachgeschossausbau hat eine Nutzungserweiterung zu Folge und ist erst mal aus baurechtlichen Gründen beim zuständigen Bauamt anzuzeigen. Der interessierte Leser sollte sich also vor allem erst mal bei den Behörden erkundigen ob und wie eine Nutzungserweiterung zu beantragen ist. Es wird regelmäßig die Erfordernis eines zweiten Rettungsweges erforderlich, der vielleicht trivial erscheint aber nicht immer leicht zu lösen ist. Ja, jetzt sagt man "aber mein Nachbar hat das doch auch nicht?". Stimmt! Ist das aber ein Grund? Keinesfalls, denn die Maxime sollte sein immer rechts konform zu handeln. Schon allein aus Schutzgründen der nahestehenden Personen sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein. Wer will seine Familienmitglieder im Brandfall schon dem Tode zugeschrieben wissen?


Nach Klärung der rechtlichen Bestimmungen muss man die Frage aus technischen Aspekten beleuchten. Hier muss festgehalten werden, dass die Bestandsbauten früher nicht für eine Nutzung in Zukunft ausgelegt worden sind. Sei es aus statischen Gründen, die zwingend zu überprüfen sind! Oder aus bauphysikalischen Gründen. Also das Zusammenspiel vieler Schichtenfolge zu einem Gesamtpaket. Hier entstehen schnell große, massive Stolpersteine. Der unbedarfte Dachbesitzer würde sich jetzt vermutlich fragen: Gibt doch tausende Video-Anleitungen wie man das Dachgeschoss ausbaut? Ja, aber das ist allenfalls ein kleiner Teil. Was regelmäßig in diesen Videos nicht erklärt wird sind die Zusammenhänge. Um diesen Artikel aber nicht zu sprengen, werde ich in weiteren Teilen darauf noch näher eingehen. Bleiben wir also bei den Grundzügen. Wie wurden die Dächer früher konzipiert?


Die Deckung wurde oftmals in Mörtelverstrich gesetzt, womit man die Staub und Flugschnee Belastung der nackten Dachgeschosse minimieren wollte. In Norddeutschland kamen auch oft sogenannten "Pappdocken" zum Einsatz - allgemein war der Dachraum sehr luftig. Pappdocken sind im Endeffekt Pappen die in Bitumen getränkt wurden und so verlegt wurden, das sie unter der Eindeckung ein zweite Wasser abweisende Schicht bildeten. Zu damaliger Zeit alles gute Mittel für den Zweck. Aus heutiger Sicht sind insbesondere die zu Letzt erwähnten Pappdocken ein vielfacher Hinderungsgrund am einfachen Dachgeschossausbau. Auf die bauphysikalischen Gegebenheiten möchte ich jedoch zum späteren Zeitpunkt noch genauer eingehen. Der am häufigsten vorliegende Grund - aus fachlicher Sicht - einen Dachgeschossausbau abzulehnen sind die fehlenden Zusatzmaßnahmen zur Regensicherheiten. Was früher mit Mörtel und Pappdocken versucht wurde, wird heute mit Folien gelöst. Sogenannte diffusionsoffene Unterspannungen/ Unterdeckungen (USB/UDB). Diese Zusatzmaßnahmen sollen verhindern, das Wasser was hinter die Eindeckung gelangt die Dämmung durchfeuchtet.


Warum kommt überhaupt Wasser hinter die Eindeckung? Eine Eindeckung aus kleinformatigen Deckwerkstoffen hat auf die Dachfläche gesehen natürlich ein hohen Anteil an Fugen. Diese können gerade bei starken Wetterereignissen dazu führen, dass sich Wasser in tropfbarer Form unter die Eindeckung verirrt. Denn eine Eindeckung muss lediglich regensicher sein. Um dies zu kompensieren und Bauschäden zu vermeiden werden heute Folien eingesetzt. Die alten Bestandsdächer verfügen in der Regel nicht über solche Folien und wenn, dann haben die meist negative Eigenschaften für die Konstruktion. Der Dachbesitzer muss also zwischen Pest und Cholera entscheiden. Einfach machen und hoffen das es gut geht? Oder dem Wunsch nach Nutzung mit einer aufwendigen Sanierung begegnen. Letzteres ist sicherlich fachlich die sinnvollste, wenn auch nicht immer wirtschaftlichste Möglichkeit.


Hier beginnt auch das Dilemma für den Dachbesitzer. Die Fülle an Informationen verunsichert eher, als zu einem zielführenden Ergebnis zu kommen. Viele Meinung in Internetforen, viele Werbeversprechen von Produkten und am Ende haben alle das selbe Ziel, verdienen am Endkunde. Videos, die kaum differenzieren und nur aufzeigen sollen wie "einfach" das alles ist. Dem muss man entschieden entgegnen das dem nicht so ist! Es ist freilich keine Raketenwissenschaft aber auch nicht innerhalb eines 15 minütigen Videos zu begreifen worauf es ankommt. Ich möchte mit diesem kleinen Leitfaden eine Lanze brechen und versuchen eine relativ neutrale und fachliche Auseinandersetzung mit Thema verstanden zu wissen.


Wir können also als kleines Fazit festhalten, dass Dachsanierungen eher aus dem Wunsch der Nutzungserweiterung erfolgen und dem Umstand geschuldet sind, alte Bautechniken nicht mit heutigen ohne weiteres zu kombinieren sind. Dies hat immer einen massiven Eingriff in die Bausubstanz zur Folge.


*Teil 2 wird sich mit den bauphysikalischen Grundsätzen beschäftigen und zu gegebenem Anlass hier verlinkt.