saibot2107
Der Verfahrensgang ist wie folgt:
1. Der AG hat den Mangel, genauer die Mangelerscheinung, zu rügen, um dem AN damit Gelegenheit zu geben, die Berechtigung der Mangelrüge in eigener Verantwortung zu prüfen.
2. Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung muß hiermit zeitgleich noch nicht gesetzt werden; sie bietet sich aber an und sie ist sachgerecht, weil erst deren fruchtloser Ablauf die Voraussetzungen für die Sekundäransprüche eröffnet, nämlich Ersatzvornahme, Schadensersatz, Minderung und zwar nach Wahl des AG.
3. Der AN ist nach dem Gesetz nicht gezwungen, der Nachbesserungsaufforderung nachzukommen. Er kann die Nachbesserungsaufforderung ignorieren oder aber seine Nachbesserungsverpflichtung in Abrede stellen. Er verliert dann allerdings, wenn das Nachbesserungsverlangen berechtigt ist, das Recht zur Eigennachbesserung. Insofern sollte er die Berechtigung des Mangelrüge sorgfältig prüfen, denn eine Eigennachbesserung ist für ihn meist kostengünstiger als sich den Sekundäransprüchen auszusetzen.
4. Verweigert der AN die Nachbesserung, geht die Iniative wieder auf den AG über. Er muss nach erfolgter Abnahme beweisen, dass die Mangelrüge berechtigt ist. Hierzu wird er als Laie idR externen Sachverstand benötigen, also einen Privatgutachter, der möglichst öbuv SV sein sollte. Der kostet Geld. Stellt sich heraus - notfalls auch erst in einem anschließenden Gerichtsverfahren -, dass die Mangelrüge berechtigt war, dann sind dem AG die angefallenen Kosten des Privatgutachtens zu ersetzen.
Der Anwalt des AG benötigt eh das Gutachten, um hierauf seine Klage bei andauernder Regulierungsverweigerung aufzubauen.
5. Richtig ist, dass zum Nachweis des Mangels auch gehört, dass dieser bereits vor der Abnahme bestanden hat, d.h. schon von Anfang an zumindest " im Keim " angelegt war. Dem AG würde es also schaden, wenn das Werk bis zur Abnahme mangelfrei war und der Mangel erst danach entstanden ist, z.B. durch einen Umstand, der in den alleinigen Verantwortungsbereich des AG fällt.
Für den Mangel gilt der mehrgliedrige Mangelbegriff, d.h. er kann sich aus alternativen Gründen ergeben.
Bei einem Beschaffenheitsfehler oder einem Fehler in der vertraglich oder gewöhnlich vorausgesetzten Verwendbarkeit ist der Einwand, dieser sei erst nach der Abnahme entstanden, nicht denkbar.
Es bleiben allein die Fehler in der Funktion. Prüfungsmaßstab für funktionale Mängel sind die aRdT. Ob die aRdT bei der Herstellung des Werks eingehalten worden sind, läßt sich durch einen SV vor Ort prüfen und - sofern der denn etwas von seiner Tätigkeit versteht -auch zuverlässig feststellen. Als Bauanwalt hat man die erfahrenen SV zu kennen. Außerdem sollte man als Bauanwalt auch selbst etwas vom Bauen verstehen und zwar zumindest in den Grundzügen.
Der Einwand, der Mangel sei erst nach der Abnahme entstanden, ist demnach für den AN nur in seltenen Ausnahmefällen von Erfolg gekrönt. Ich habe einen solchen Fall in meiner früheren beruflichen Praxis nie erlebt.
6. Ich hatte meinen Mandanten immer verdeutlicht:
Spätestens nach Ablehnung der Mangelbeseitigung wird ein Sachverständiger benötigt, der die Berechtigung der Mangelrüge mit einem fundierten Gutachten unterfüttert. Das den Mangel bestätigende Gutachten ( mit den Ursachen ! ) bekam der AN, es sei denn das Vertrauen war vollständig erschüttert, als nochmaligen Warnschuss mit letztmaliger Frist zur freiwilligen Nachbesserung.
Hat auch das nichts genutzt, hatte der Mandant zu entscheiden, ob er klagt und zwar auf Vorschuß für eine Ersatzvornahme, weil dies die schärfste " Waffe " ist, die dem AG zur Verfügung steht und der Mangel idR selbstverständlich beseitigt werden muss. Die Ersatzvornahme hat immerhin den Vorteil, dass der AG mit seinem SV dann auch entscheidet, wie - bei mehreren erfolgversprechenden Alternativen - von dem Ersatzunternehmer nachgebessert wird; die Nachbesserung darf nur nicht völlig überzogen und unsachgemäß sein. Der AN darf also über das " wie " nicht mehr mitentscheiden. Das darf er nur bei freiwilliger Nachbesserung. Auch das ist für ihn mitunter ganz bitter.
Stellte sich durch das Privatgutachten heraus, dass die Mangelrüge - wider rwarten - unberechtigt war, war der Fall zu Ende. Der Mandant hat sodann aber immerhin gewußt, dass er sich unnötig Sorgen gemacht hat.