Mehrstärken-Nachforderung von 45% bei Kalk-Zementputz

  • Unser AN fordert etwa 45% über den vereinbarten Preis nach, da er Mehrstärken beim Kalk-Zement-Innenputz geltend macht. Vereinbart war eine Putzstärke von 1,5cm, teilweise seien bis zu 3cm aufgetragen worden, um "Ungenauigkeiten des Rohbaus" auszugleichen (der bereits ohne Mängel abgenommen war). Unser Planer/Bauleiter vermutet, dass die Putzstärke allgemein bereits zu hoch ist. Es ist wohl vorab bereits eine Vorwarnung gegeben worden, aber die Höhe der Nachforderung ist überraschend. Der Nachweis wird rechnerisch mit Mehrverbrauch von Material (Massenangaben des Herstellers der Trockenputzmasse, Silo) geführt.


    Ist das ein "übliches" Vorgehen im Putzgewerbe? Ist der Nachweis (einige Tonnen Putzmaterial "zuviel" verbraucht) geeignet? Was wäre eine schnelle und effiziente Technik, um die Putzstärke zu messen? Muss man da bohren oder gibt es Ultraschall-Geräte oder Ähnliches?

  • Wenn eine Putzstärke von 1,5cm vereinbart war, kann - meiner Meinung nach - der AN nicht einfach 3cm auftragen und dann mehr verlangen.

    Zumindest hätte er doch Bedenken anmelden müssen etc...

    Gibt es entsprechende Regelungen im Vertrag? (Wobei hier dann zu prüfen, ob zulässig und gültig).

  • "Ungenauigkeiten des Rohbaus" auszugleichen

    Dazu ist der Putz ja, unter anderem, auch da.


    Bei einer mittleren Putzstärke von 10 - 15 mm, kann es lokal auch mal zu 20mm und mehr kommen, wenn irgendwo etwas ungenau gemauert wurde. 30mm ist schon sehr viel und müsste eigentlich in zwei Arbeitsgängen aufgetragen werden.


    45% bedeutet ja auch nicht, dass es lokal zu Mehrstärken kam, sondern dass hier etwa die Hälfte des gesamten Mauerwerks extrem uneben/ schief und krumm ausgeführt worden sein muss, was ich so nicht glauben mag. Das nämlich hätte der AN dann ja auch schon im Vorfeld erkennen können und müssen und wäre dann auch hinweispflichtig gewesen. So etwas im Nachgang zu plazieren ist natürlich nicht in Ordnung uns zudem, weil ja nun verputzt, auch nicht nachvollziehbar.


    Es ist wohl vorab bereits eine Vorwarnung gegeben worden

    Wie darf man sich das vorstellen?

  • Bei schichtartig aufgebrachten Materialien wie Estrichen oder Putzen ist es üblich, Mehr- und Minderstärken für Überschreitungen der DIN 18202 in einer überschaubaren Größenordnung mit auszuschreiben und zu beauftragen. So hat man Preise für den kaum vermeidbaren Ausgleich einzelner Rohbautoleranzen. Auf solche Abweichungen hat der AN bei deren Feststellung hinzuweisen. Meist passiert das schon bei der gemeinsamen Begehung zu Ausführungsbeginn der Leistung mit dem AN. Einen entsprechenden Hinweis („Vorwarnung“) scheint es ja auch andeutungsweise gegeben zu haben, oder?


    Eine Verbrauchsabweichung von knapp + 50 % muss sich irgendwo maßlich bemerkbar machen. Wenn Wände leicht aus dem Lot stehen, so wird der Putz auf deren einer Seite oben dicker, auf der anderen aber entsprechend dünner, so dass sich die Mehr- und Minderdicken nahezu ausgleichen müssten. Ein derartiger Mehrverbrauch müsste sich also im Fertigzustand in erheblichen Mehrstärken und in messbar kleiner als geplant ausgeführten Räumen maßlich finden lassen.


    Oder wurden mehr Flächen geputzt, als ursprünglich beauftragt. Liegt hier möglicherweise ein Aufmaßfehler bei der Ausschreibung vor?


    Schlüssig aufklären muß das der Bauleiter, die Bauleiterin, sofern es eine/n gibt, der/die nach HOAI für die LP 8 beauftragt ist und bezahlt wird. Die hier zu erbringende Leistung heißt „Rechnungsprüfung“.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Schlüssig aufklären muß das der Bauleiter, die Bauleiterin,

    Es scheint ja einen "Nachweis" zu geben:


    Der Nachweis wird rechnerisch mit Mehrverbrauch von Material (Massenangaben des Herstellers der Trockenputzmasse, Silo) geführt.


    Wobei eben, wie Du je schon geschrieben hattest....

    Auf solche Abweichungen hat der AN bei deren Feststellung hinzuweisen.


    Auch ich schreibe immer einen Preis für Mehrstärken aus und "plane" immer einige m² mit ein. Naja...ich sehe diese vor, Mehrstärken und somit schiefes Mauerwerk plane ich idR nicht mit ein ;)


    45% sind aber jenseits einiger m² Mehrstärke.

  • Der Nachweis wird rechnerisch mit Mehrverbrauch von Material (Massenangaben des Herstellers der Trockenputzmasse, Silo) geführt.

    Das ist ja kein Nachweis...

    Wenn man mal die Bauarbeiter mit Privat-PKW und Anhänger Granitpflaster wegfahren sieht, glaubt man gar nix mehr. (war nicht meine Baustelle, wobei eigtl. doch, als Steuerzahler...).

  • Kunkrab: Es ist wohl vorab bereits eine Vorwarnung gegeben worden

    Wie darf man sich das vorstellen?


    Es gab Kommunikation Bauleiter/AN, aber wohl nicht in der Form einer formalen Anzeige.


    Ja, Bauleitung nach LP8 ist beauftragt und das ist jetzt im Rahmen der Rechnungsprüfung. Da es bereits in die Konfliktphase geht, und noch weitere Arbeiten vom selben AN ausstehen, zielte meine Frage im Wesentlichen auf eine schnelle, glaubwürdige Methode zur Feststellung der erbrachten Leistung.

    Und nein, der Rohbau war keine windschiefe Angelegenheit. Der AN selbst hat zugegeben, dass das besser ist, als was er sonst so zu sehen bekommt.

  • Da es bereits in die Konfliktphase geht, und noch weitere Arbeiten vom selben AN ausstehen, zielte meine Frage im Wesentlichen auf eine schnelle, glaubwürdige Methode zur Feststellung der erbrachten Leistung.

    Ist das denn relevant wieviel Putz aufgebracht wurde?

    Am Ende ist es doch egal, ob es unnötig viel war oder gar nicht... im ersten Fall sind deine Räume zuästzlich kleiner.

  • Ja, Bauleitung nach LP8 ist beauftragt und das ist jetzt im Rahmen der Rechnungsprüfung. Da es bereits in die Konfliktphase geht, und noch weitere Arbeiten vom selben AN ausstehen, zielte meine Frage im Wesentlichen auf eine schnelle, glaubwürdige Methode zur Feststellung der erbrachten Leistung.

    nachmessen!

    Muss man da bohren

    Muss man nicht, aber es ist möglich, minimalinvasiv und kostet bis aufs Zuspachteln hinterher fast nichts.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Ist das denn relevant wieviel Putz aufgebracht wurde?

    Für den AN auf jeden Fall. Wenn unten 1,5cm und oben 3cm aufgebracht wurden (und die verputzte Wand senkrecht ist), hat er mit der Nachforderung Recht (wenn auch vielleicht nicht korrekt angezeigt). Wenn unten und oben 3cm aufgebracht wurden, war das Geldschneiderei.


    An einer Türzarge konnte der AN zeigen, dass der Putz unten und oben unterschiedlich dick ist, ok, aber das ist eine Fläche von vielen.

  • Granitpflaster

    ist nach der erstellung als fläche nachmessbar und daher sind egalwie von der baustelle entfernte pflastersteine kein problem des AG.


    und da gibt es noch :

    "hey chef , ich brauche für meine beeteinfassung ein paa steine ..."

    "nimm dir welche mit , wir haben sowieso zu viel bestellt..."

    ;)

    die vernunft könnte einem schon leid tun....

    sie verliert eigentlich immer

  • Als neuestes Schmankerl hat sich heute der Treppenbauer über die bauchigen und aus dem Lot stehenden Putzflächen beschwert ...

    Ich habe es da ja mit Hardware, also harten Fakten!


    Hat der bauleitende Kollege schon einmal nachgemessen:

    • Sind die Wandoberfläche eben oder uneben?
    • Sind die zulässigen Abweichungen der DIN 18202 eingehalten?
    • Weichen die Raummaße vom Plan ab?
    • Wenn ja wieviel und in welcher Richtung?
    • Ist die behauptete Mehrmenge plausibel aus den gemeinsam festgestellten Maßabweichungen ableitbar?

    Nach meiner Erfahrung bringt die gemeinsame Überprüfung der behaupteten Fakten am Objekt meist erhebliche Klarheit.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Grundsätzlich waren Mehrmengen im Angebot als Eventualposition ausgewiesen und bepreist.

    jo. das beschreibt die vertragliche seite.

    wenn das alles sein sollte, könnte jeder putzer nach lust und laune auftragen, was ihm beliebt. insofern wäre der technische nachweis der notwendigkeit (..) interessant.