Stahlträger einbauen

  • Guten Tag,


    ich bin absolute Baulaiin und brauche deshalb Hilfe und Einschätzung.

    Wir haben in Berlin ein altes Gebäude, eine Art mittelgroße Halle/Garage, die zu einem temporären Veranstaltungsort umgebaut werden soll. Es ist eine Zwischennutzung.

    In der Mitte des Raumes stehen zwei gemauerte Säulen, die durch einen 13m langen Stahlträger ersetzt werden soll, der auf weiteren Säulen in den beiden Wänden aufliegen soll. Wir haben bereits eine Entwurfsplanung eines Statikers und eine Einschätzung über die Kosten. Nun stellt sich aber die Frage wie wir weiter vorgehen um einzuschätzen ob wir das Projekt stemmen können. Welches Gewerk ist für die Beschaffung und den Einbau eines Stahlträgers zuständig? Hat jemand Erfahrung wie aufwendig ein solcher Einbau ist und wie lange es dauert. Auch den Stahlträger zu beschaffen ist aktuell ja schwierig, gibt es dafür Erfahrungswerte? Ich würde gerne zunächst Angebote einholen um eine konkretere Vorstellung zu bekommen? Vielleicht hat jemand eine Idee welche Art von Unternehmen angefragt werden können und Erfahrung mit dem Einbau von Stahlträgern. Vielen Dank und liebe Grüße. Simone

  • Nach erstem Lesen könnte es mehrere Gewerke zur Umsetzung benötigen: Baustelleneinrichtung, Gerüstbau, Stahlbau, vermutlich Baustellenlogistik, Maurer / Betonbauer und Brandschutz.


    Ob man man sich für einen Hauptauftragnehmer mit mehreren Nachunternehmern oder für die Vergabe in Einzelvergabe entscheiden sollte, hängt von der genauen Bauaufgabe ab. Architekten sollten das beantworten und organisieren können. Den Zeitrahmen würde ich eher in Monaten als in Tagen messen.


    Um die Parkplätze muß man sich in B schon seit 25 Jahren keine Gedanken mehr machen, weil es für die keine Nachweispflicht mehr gibt. (Nein, das liegt nicht an den inkompetenten Grünen!) Ich sehe hier eher noch Prüfsachverständige für Standsicherheit und Brandschutz aktiv werden!

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


    Der Betreiberverein dieses Forums freut sich über Spenden von Fragenden, denen hier kostenlos geholfen wurde. Kurze Wege führen über Paypal oder eine Banküberweisung. Beiträge und Beitragsteile als Moderator ab 04/23 kursiv gesetzt.

  • Liegt dafür eine Genehmigung vor? (Baurecht, Brandschutz, Parkplätze, Rettungswege, usw.)

    Nein, eine Baugenehmigung kann für das Projekt nicht gestellt werden, da es sich um einen Kulturort handelt. Der Raum als Veranstaltungsort wird nur 99 Plätze haben, damit fällt er nicht unter die Versammlungsstättenverordnung und es sind keine weiteren Brandschutzmaßnahmen und Rettungswege notwendig. Kann das ein Problem sein, dass keine Baugenehmigung gestellt werden kann?

  • Nach erstem Lesen könnte es mehrere Gewerke zur Umsetzung benötigen: Baustelleneinrichtung, Gerüstbau, Stahlbau, vermutlich Baustellenlogistik, Maurer / Betonbauer und Brandschutz.


    Ob man man sich für einen Hauptauftragnehmer mit mehreren Nachunternehmern oder für die Vergabe in Einzelvergabe entscheiden sollte, hängt von der genauen Bauaufgabe ab. Architekten sollten das beantworten und organisieren können. Den Zeitrahmen würde ich eher in Monaten als in Tagen messen.


    Um die Parkplätze muß man sich in B schon seit 25 Jahren keine Gedanken mehr machen, weil es für die keine Nachweispflicht mehr gibt. (Nein, das liegt nicht an den inkompetenten Grünen!) Ich sehe hier eher noch Prüfsachverständige für Standsicherheit und Brandschutz aktiv werden!

    Danke schonmal für die Antwort. Wie oben erwähnt fällt der Raum nicht unter das Versammlungsstättengesetz und es handelt sich um eine Zwischennutzung und eine Baugenehmigung kann nicht gestellt werden. Das soll wohl aber auch in Ordnung sein in Berlin. Und welche Art Unternehme würden sich komplett darum kümmern? Oder würde man über ein Architekturbüro gehen zusätzlich zum Statiker?

  • Nein, eine Baugenehmigung kann für das Projekt nicht gestellt werden, da es sich um einen Kulturort handelt.


    Interessante Begründung. Steht Kultur jetzt über den Baurecht?


    Der Raum als Veranstaltungsort wird nur 99 Plätze haben, damit fällt er nicht unter die Versammlungsstättenverordnung und es sind keine weiteren Brandschutzmaßnahmen und Rettungswege notwendig.

    Sind diese Einschränkungen im Nutzungs- bzw. Brandschutzkonzept auch so hinterlegt? Üblicherweise geht man in der hiesigen Gegend bei grossen Räumen ja von der Raumfläche aus, und "vermutet" das 2 Personen auf einem m² anzusetzen sind. Daraus ergibt sich dann eine Annahme, ob der Raum in die Nutzung Versammlungsstätte fallen kann. Wenn das vermieden werden soll oder muss, dann ist das im BSK so aufzuführen und nachzuweisen.

    Kann das ein Problem sein, dass keine Baugenehmigung gestellt werden kann?

    Ich kann nur für die hiesige Region sprechen...wenn Umnutzung (Halle/Garage... -> Versammlungsstätte) dann ist eine Baugenehmigung erforderlich. Wenn Baugenehmigung, dann Einstufung Sonderbau, GK, BS-Konzept, Prüfpflicht SV... usw.

  • Danke schonmal für die Antwort. Wie oben erwähnt fällt der Raum nicht unter das Versammlungsstättengesetz und es handelt sich um eine Zwischennutzung und eine Baugenehmigung kann nicht gestellt werden. Das soll wohl aber auch in Ordnung sein in Berlin.

    Das liest sich für mich immer noch etwas eigenartig, denn

    • es gibt in B kein Versammlungsstättengesetz, sondern nur eine entsprechende Verordnung.
    • eine Versammlungsstätte ist alles ab 200 Personen bei offensichtlich "öffentlich" zugänglicher Nutzung.
    • eine Versammlungsstätte ist meiner Erinnerung nach immer ein Sonderbau und damit immer genehmigungspflichtig und damit logischerweise auch antragspflichtig.
    • wenn es sich um eine Umnutzung (also de facto eine andere Nutzung als bisher) handelt, ist diese genehmigungspflichtig, "wenn dadurch die gleichzeitige Nutzung durch mehr als 50 zusätzliche Besucher ermöglicht wird" auch dann, wenn es sich ansonsten um keine Versammlungsstätte handelt.
    • Das Bauordnungsrecht kennt keine "Zwischennutzungen" und damit auch keine für solche geltenden Ausnahmen oder reduzierte Ansprüche an Aufenthaltsräume. Ich musste schon mehrfach für Zwischennutzungen beim schrittweisen Bezug von Neubauten Bauanträge stellen, weil die Kantine / der Schulungsraum für 60 Mitarbeitende ... erstmal woanders hinsollte, als genehmigt.

    Für mich liest sich das jedenfalls erstmal noch nicht ganz so eindeutig als "antragsfrei in Ordnung", wie es oben geschrieben wurde. Je nach genauer Aufgabenstellung könnte das Bauvorhaben verfahrensfrei möglich sein oder nur einen Freistellungsantrag benötigen oder als Sonderbau eine klassische Genehmigung - es kommt sehr auf die Details an!

    Und welche Art Unternehme würden sich komplett darum kümmern? Oder würde man über ein Architekturbüro gehen zusätzlich zum Statiker?

    Unternehmen die derartige Umbauten als "Generalübernehmer" komplett planen und ausführen, sind bei der (von mir hier nur vermuteten) Projektgröße eher selten.


    Statiker beschränken sich in meiner Umgebung auf den rechnerischen Nachweis von Konstruktionen und eventuell das Erstellen von Plänen der reinen Trag- und Aussteifungskonstruktionen. Es gibt auch bauvorlageberechtigte Tragwerksplaner, also TWP, welche Bauanträge / Freistellungsanträge selbst einreichen dürfen. Ich kenne aber keinen, der in B Bauanträge für derartige Vorhaben wie eures selbst erstellt. Aber da hat jeder seinen individuellen Erfahrungshorizont. Das muss also nichts heißen. Außerdem kümmern sich die Statiker mit denen ich zu tun habe, weder um eine Detailplanung nichttragender Bauteile (wie Brandschutzverkleidungen, welche tragende / aussteifende Stahlbauteile immerbenötigen) noch um Ausschreibung, Bauleitung / - Überwachung oder gar Rechnungsprüfung. Und sie haben typischerweise auch nicht unbedingt den Überblick über alle sonstigen Anforderungen über ihre "eigenen und eigentlichen Bauteile" hinaus (Brandschutz, Schallschutz, Bauordnungsrecht, ...). Solches Wissen wird hier aber auch benötigt, sogar wenn das Bauvorhaben verfahrensfrei wäre! Verfahrensfrei heißt lediglich, dass kein Antragsverfahren durchlaufen werden muss. Das bedeutet aber, der Bauherr muss sich selbst darum kümmern, dass alle öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften vollständig eingehalten werden ohne dass es vor der Ausführung eine amtliche Prüfung dafür gibt.


    Ich halte wegen des notwendigen Zusammenspiels mit ziemlich sicher einem Prüfingenieur für Standsicherheit und wahrscheinlich einem für Brandschutz die Ergänzung um ein Architekturbüro für empfehlenswert. Das können TWP auch (sowieso mit dem Prüfstatiker) machen es aber mit dem Brandschutz nur im Industrie- oder Infrastrukturbau selbst. Bei einem Architekten sollte dem Umfang nach am Besten alles in einer Hand, also von einer Person bearbeitet werden, was für ein kleineres, allenfalls mittelgroßes, Büro spricht. Größere dürften momentan noch nicht unbedingt Interesse an einer solchen Aufgabe haben - wobei sich die Zeiten grad wieder ändern ...


    Wenn der Trager wirklich 13 m lang ist, dürfte er einiges wiegen und die Aufgabe allein schon wegen der Logistik und temporärer Abstützungen eine nicht ganz triviale.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Auch die Nutzungsänderung in einem Baudenkmal bedarf einer Baugenehmigung. Und dann kommt es auf die Fläche an, wie Karo schon angemerkt hat. Was ist denn so schlimm sich um eine Baugenehmigung zu kümmern?

    Du musst immer einen Plan haben. Denn wenn Du keinen hast, dann wirst Du Teil eines anderen Planes...

  • Zitat von Frau Maier

    Auch die Nutzungsänderung in einem Baudenkmal bedarf einer Baugenehmigung. Und dann kommt es auf die Fläche an, wie Karo schon angemerkt hat. Was ist denn so schlimm sich um eine Baugenehmigung zu kümmern?

    Wir würden gerne eine Baugenehmigung stellen, ist aber nicht möglich, da es eine Zwischennutzung ist und nach einigen Jahren dort etwas anderes gebaut werden soll. Daher ist das Erteilen von Baugenehmigungen für das Gebäude ausgeschlossen. Danke für die ganzen Einschätzungen. Das hilft sehr zur Orientierung und einzuschätzen wie realistisch/unrealistisch es ist.

  • Wir würden gerne eine Baugenehmigung stellen, ist aber nicht möglich, da es eine Zwischennutzung ist und nach einigen Jahren dort etwas anderes gebaut werden soll. Daher ist das Erteilen von Baugenehmigungen für das Gebäude ausgeschlossen.

    Dass dies so eigentlich nicht zutreffen kann, wurde bereits geschrieben. Lasst Euch von einem Architektunbüro konkret beraten!

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Wenn der Trager wirklich 13 m lang ist, dürfte er einiges wiegen und die Aufgabe allein schon wegen der Logistik und temporärer Abstützungen eine nicht ganz triviale.

    Auch der Transport ist nicht ohne. So etwas passt idR nicht einfach auf die Ladefläche eines Lasters.


    Dass solche -temporären- Umnutzungen genehmigungsfrei oder nicht genehmigungspflichtig sein sollten, erscheint mir nicht nachvollziehbar. das genaue Gegenteil würde ich hingegen vermuten. Gerade auch weil tragende Bauteile (hier Stahlträger) verändert werden.

  • Vielleicht hat jemand eine Idee welche Art von Unternehmen angefragt werden können und Erfahrung mit dem Einbau von Stahlträgern

    "jemand" ist üblicherweise objektplaner und ein "statiker" scheint auch schon an bord - beide mit whitelist/blacklist (hoffe ich). also weiter so, dann werden wohl auch "nebenbei" baurechtliche themen ausreichend beackert werden.

  • Der 13 m lange Stahlträger muss nicht unbedingt in 1 Stück zur Baustelle transportiert werden. Man kann auch biegesteife Stöße herstellen und das Ding auf der Baustelle zusammenschrauben.


    Das nur für die Bedenken wegen des langen Trägers. Der schon ins Boot geholte Statiker weiß das sicher.


    Meine Bedenken sind ganz anderer Art. Niemals würde ich raten, einen Veranstaltungsraum für 100 Leute ohne Baugenehmigung zu betreiben. Sollte dort Jemand zu Schaden kommen, wäre anschließend die Bauaufsicht das kleinste Problem gegenüber dem Staatsanwalt.


    So ganz beliebig ist die Festlegung der Besucherzahlen ohnehin nicht. In Berlin gilt ab 200 Personen die BetrVO (Betriebsverordnung), nach der bei Sitzplätzen in Reihen und Stehplätzen 2 Besucher je m² Grundfläche des Versammlungsraumes anzurechnen sind. Eine mittelgroße Halle (siehe Ausgangströt) hat mir Sicherheit mehr als 100 m² Grundfläche.


    Die Projektmanagerin sollte dringend jemand ins Boot holen, der die Randbedingungen klärt, bevor man sich über die Dimensionierung eines Stahlträgers Gedanken macht.

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    Gruß aus Oranienburg
    Thomas