Beratungspflicht des Estrichlegers

  • Liebes Forum,

    wir sanieren seit ca 1,5 Jahren einen Altbau. Im Mai letzten Jahres wurde ein Estrich eingebaut. Nachdem der Estrichleqer unseres Bauunternehmers 2x nicht zum Termin erschienen ist, haben wir das Gewerk selbst vergeben. Wir haben diesem den Wunsch nach einem fugenlosen Estrich mit nachfolgender Lackierung oder Beschichtung mitgeteilt. IN Folge dessen wurden auch die Höhen so eingemessen, dass die Bäder wo ein Fliesenbelag geplant war etwa 1 cm niedriger mit Zementestrich ausgeführt wurden.

    Eine genaue Vorgabe in welcher Härte oder mit welcher Haftzugfestigkeit der Anhydrit auszuführen sei, unterblieb durch Unkenntnis unsererseits. welcher Oberbelag bzw. Oberflächenbehandlung im Nachgang erfolgen sollte wurde jedoch klar kommuniziert.

    Nachdem der Estrich nach vielen Wochen belegreif war (CM-Messung) wurde der Boden teilweise gespachtelt und mit Lack (2-K )versiegelt. Bereits beim Einbau der Küche zeigte sich jedoch, dass sich der Lack unter einfacher mechanischer Belastung stellenweise ablöste. Wir vereinbarten danach einen Termin mit dem Hersteller der Farbe und dem GU der die Farbe aufgebracht hatte. zunächst wurden Haftzugprüfungen durchgeführt die die absolut mangelhafte Haftung aufgrund von Staubanhaftungen sowohl auf dem gespachtelten Boden als auch auf dem Estrich zeigten. Des Weiteren erfolgten jedoch auch haftzugprüfungen auf dem abgeschliffenen Estrich. Für eine nachfolgende Beschichtung oder Versiegelung sollten 1,5N/mm2 erreicht werden. Für verklebtes Parkett auch. Vinyl sollte mindestens 1,2 erreichen. Lediglich Teppich oder kleinformatige Fliesen eignen sich für Haftzugwerte von 0,8 und darunter. Wir liegen bei Minimalwerten von 0,6N/mm2 und im Mittel bei 0,75. Der Estrichleqer ist mit seiner Leistung zufrieden. Die vielen Risse die aufgetreten sind könne man (teilweise erneut) verharzen.

    Ich kann mich nur nicht damit abfinden, dass es keine Beratung gab bezüglich einer Estricheignung gegenüber einem klar kommunizierten gewünschten Oberboden. unserer GU ist während dessen übrigens recht kulant und sieht sich bei der Neueinbringung des Oberbelags und der Herstellung eines fachgerechten Untergrunds absolut in der Pflicht.

    Meine Frage ist also eigentlich nur welche Beratungspflichten einem Estrichleqer gegenüber einem Endverbraucher bei einem klar definierten Oberbelag (Versiegelung und Beschichtung bedingen die gleiche Haftzugfestigkei) zukommen.

    Ich danke jedem der das liest und seinen Senf dazu abgibt. Helau und Alaaf!

  • Wer hat den den Estrich gespachtelt und den Lack aufgebracht?

    Wir haben Chaos und Bürokratie, Made in made in Germany, Propaganda und Poesie, Made in Germany

    Wir können am Glücksrad die Geschichte drehen, auf Stelzen über Leichen gehen, Bis zum Mittelmeer mit Feuer spucken, die Eins am Schießstand und Autoscooter...Made in Germany

  • Wurde der Estrichleger von Dir direkt beauftragt, hat also einen Werkvertrag mit Dir geschlossen, oder war er für den GU tätig, also als dessen Nachunternehmer?

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


    Der Betreiberverein dieses Forums freut sich über Spenden von Fragenden, denen hier kostenlos geholfen wurde. Kurze Wege führen über Paypal oder eine Banküberweisung. Beiträge und Beitragsteile als Moderator ab 04/23 kursiv gesetzt.

  • Nachdem der Estrichleqer unseres Bauunternehmers 2x nicht zum Termin erschienen ist

    also wird es eine planung welcher estrich wie eingebaut wird?

    haben wir das Gewerk selbst vergeben. Wir haben diesem den Wunsch nach einem fugenlosen Estrich mit nachfolgender Lackierung oder Beschichtung mitgeteilt.

    wie genau wurde es vergeben ?

    mach das , was der andere machen sollte ?


    oder wurden die karten komplet neu gemischt

    die vernunft könnte einem schon leid tun....

    sie verliert eigentlich immer

  • Danke schon jetzt für eure zahlreichen Antworten und Nachfragen!

    Wer hat den den Estrich gespachtelt und den Lack aufgebracht?

    Spachtel und Lack wurden vom GU übernommen.



    Wurde der Estrichleger von Dir direkt beauftragt, hat also einen Werkvertrag mit Dir geschlossen, oder war er für den GU tätig, also als dessen Nachunternehmer?

    Ja der Werkvertrag wurde direkt mit uns geschlossen.

    also wird es eine planung welcher estrich wie eingebaut wird?

    wie genau wurde es vergeben ?

    mach das , was der andere machen sollte ?


    oder wurden die karten komplet neu gemischt

    Eine richtige Planung gab es einfach nicht. Der Estrichleqer des GU's erschien gar nicht erst auf der Baustelle um eine etwaige Planung zu konkretisieren.

  • Ja der Werkvertrag wurde direkt mit uns geschlossen.

    Und wie ist die auszuführende Leistung dort beschrieben / definiert?

    Eine richtige Planung gab es einfach nicht.

    Eine schriftliche oder zeichnerische Ausführungsplanung gab es also vor der Ausführung nicht und gibt es auch weiterhin nicht? Woher wusste euer Estrichleger dann, was ihr haben wolltet und wie die technischen Anforderungen dafür aussehen?

    Der Estrichleqer des GU's erschien gar nicht erst auf der Baustelle um eine etwaige Planung zu konkretisieren.

    Wäre die „Planung“ des GU also im besten Fall durch die richtige Ausführung des ausführenden Nachunternehmers erfolgt, nein genauer: „erledigt“ worden?

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


    Der Betreiberverein dieses Forums freut sich über Spenden von Fragenden, denen hier kostenlos geholfen wurde. Kurze Wege führen über Paypal oder eine Banküberweisung. Beiträge und Beitragsteile als Moderator ab 04/23 kursiv gesetzt.

  • Eine richtige Planung gab es einfach nicht.

    Da Ihr Werkverträge mit dem "GU" und dem Estrichleger habt, schulden beide den Erfolg.


    Auch wenn ich es in der konkreten Situation als "nicht richtig" empfinde, habt Ihr die juristisch besseren Karten.


    Ihr müsst jetzt nur das bei der PLANUNG "eingesparte" Geld in die Rechtsberatung investieren ;)

    Verflucht sei, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege!

    5.Mose 27:18

  • Ich kann mich nur nicht damit abfinden, dass es keine Beratung gab bezüglich einer Estricheignung gegenüber einem klar kommunizierten gewünschten Oberboden.

    Wieso sollte der Estrich ungeeignet sein? Staub und eine dadurch verursachte mangelhafte Haftung des Oberbelags/Beschichtung hat nichts mit dem Estrichleger zu tun. Die Untergrundvorbereitung liegt im Verantwortungsbereich des GU. Hat dieser vor Beginn der Arbeit Bedenken angemeldet? Anscheinend nicht.

    Der Estrichleger wäre dann in der Verantwortung, wenn beispielsweise ein AE20 vereinbart war und er einen AE12 eingebaut hat. Hier war anscheinend nur vereinbart, dass ein Estrich eingebaut werden soll, der für eine Beschichtung (allgemein gehalten?) geeignet ist. Ob der eingebaute Estrich die sich daraus ergebenden Mindestanforderungen erfüllt das wäre vom Estrichleger nachzuweisen, im Zweifelsfall wäre das nachträglich zu überprüfen (soweit technisch möglich).


    Ich würde mich jetzt nicht an einer fehlenden Beratung hochziehen das führt zu nichts, denn wie umfangreich eine Beratung sein sollte dafür gibt es keine "Standards". Es gibt eine Hinweispflicht, beispielsweise wenn der Wunsch eines Kunden nicht fachgerecht umsetzbar ist, es gibt aber sicherlich keine Pflicht dem Kunden einen Vortrag über die verschiedenen Estriche, deren Vor- und Nachteile, usw. zu halten. Ich behaupte mal auf dieser Schiene kommt man nicht weiter. Stattdessen besser auf Fakten konzentrieren.


    Meine Vorgehensweise wäre wie folgt.


    1. Überprüfen was tatsächlich (nachweislich) vereinbart war

    2. Überprüfen ob die Auftragsausführung der Vereinbarung entspricht

    3. Evtl. Nachweise einfordern

    4. Evtl. die Ausführung der Arbeit technisch (sachverständig) überprüfen lassen.


    Danach sollte klar sein, ob der Estrichleger nachbessern muss oder ob er raus ist aus der Geschichte.


    unserer GU ist während dessen übrigens recht kulant und sieht sich bei der Neueinbringung des Oberbelags und der Herstellung eines fachgerechten Untergrunds absolut in der Pflicht.

    Ich weiß nicht ob das etwas mit Kulanz zu tun hat. Meine Vermutung, der GU weiß genau, dass hier eine mangelhafte Untergrundvorbereitung ursächlich ist, und das liegt in seinem Verantwortungsbereich. Evtl. hat er sich das Abschleifen gespart oder was weiß ich.


    Siehe:

    die die absolut mangelhafte Haftung aufgrund von Staubanhaftungen sowohl auf dem gespachtelten Boden als auch auf dem Estrich zeigten.

    Wenn die Estrichoberfläche ungeeignet wäre dann würde ich hier keine "Staub"anhaftungen erwarten sondern eher grobkörnige Anhaftungen (Spachtelmasse).


    Eine richtige Planung gab es einfach nicht. Der Estrichleqer des GU's erschien gar nicht erst auf der Baustelle um eine etwaige Planung zu konkretisieren.

    und wer hat die Arbeiten mit dem "neuen" Estrichleger koordiniert? Es ist immer einfach von fehlender Planung zu sprechen. In meinen Augen ist hier eine mangelhafte Kommunikation bzw. Abstimmung der Gewerke das Problem, und erst in zweiter Linie eine fast schon fahrlässig vereinfachte "Planung". Es würde mich nicht wundern wenn der Estrichleger genau das geliefert hat was bestellt war, aber das wäre ja (s.o.) erst noch zu überprüfen.

    Der Betreiberverein dieses Forums freut sich über Spenden von Fragestellern, die hier kostenlos Hilfe bekommen haben. Kurze Wege führen über Paypal oder eine Banküberweisung

    .

  • Wieso sollte der Estrich ungeeignet sein? Staub und eine dadurch verursachte mangelhafte Haftung des Oberbelags/Beschichtung hat nichts mit dem Estrichleger zu tun. Die Untergrundvorbereitung liegt im Verantwortungsbereich des GU. Hat dieser vor Beginn der Arbeit Bedenken angemeldet? Anscheinend nicht.

    Der Estrichleger wäre dann in der Verantwortung, wenn beispielsweise ein AE20 vereinbart war und er einen AE12 eingebaut hat. Hier war anscheinend nur vereinbart, dass ein Estrich eingebaut werden soll, der für eine Beschichtung (allgemein gehalten?) geeignet ist. Ob der eingebaute Estrich die sich daraus ergebenden Mindestanforderungen erfüllt das wäre vom Estrichleger nachzuweisen, im Zweifelsfall wäre das nachträglich zu überprüfen (soweit technisch möglich).

    Herzlichen Dank für diese äusserst ausführliche Antwort und deine Zeit!

    Ich habe scheinbar nicht sehr klar formuliert. Dass der Lack abplatzt liegt eindeutig daran, dass der Untergrund nicht fachgerecht vorbereitet war. Das wird auch durch den Bodenleger nicht abgestritten. Bei der Überprüfung der Haftzugfestigkeit kam es jedoch auch zum Abriss im Estrich. Die Haftzugfestigkeit des Estrichs beträgt an einigen Stellen (nachdem nachträglich geschliffen bzw gefräst wurde) nur 0,6Nm/mm2. Jegliche Lackierung oder Beschichtung, egal ob PU oder Epoxid benötigt eine Haftzugfestigkeit vom im Mittel 1,5Nm/mm2.

    Die Vorgabe an den Estrichleqer war nur die Einbringung eines Estrichs und ihm wurde geschildert, dass der Boden danach nur lackiert werden würde. Daraufhin wurde nur ein kurzes Angebot Anhydritestrich mit Härter auf x m2, Summe x erstellt. Es ging uns ins keinster Weise darum Kosten einzusparen, sondern nur um irgendwie weiterzukommen nachdem zwei Estrichleqer erst gar nicht zum vereinbarten Termin erschienen. Holter die polter musste das allerdings alles dennoch nicht erfolgen. Zwischen dem ersten Gespräch und der Einbringung des Estrichs vergingen mit Aufmaß und Einmessen der Höhen (für einen lackierten Oberboden) 2 Monate. Ich habe mich auch nicht an einen kleinen Betrieb gewandt, sondern an einen überregional tätigen großen Estrichleqer der mit einem Befreundeten Bautechniker zusammenarbeitet. Dass wir dennoch so blauäugig an die Sache rangegangen sind war einfach nur dämlich und ich schäme mich wirklich für diese Naivität.

  • Die nicht erfolgte Anforderung einer Planung (durch wen geschuldet ist egal) ist hier das einzige, was man aus meiner Sicht dem Estricheinbauer vorwerfen kann.

    Mehr will ich dem Estrichleger bis dato auch nicht vorwerfen. Allerdings fand es der Anwendungstechniker einer Beschichtungsfirma den wir, vor Kenntnis der Haftzugswerte hier hatten, doch eher außergewöhnlich, dass beim Schleifen der Zuschlag einfach aus dem Estrich reisst...

  • Da Ihr Werkverträge mit dem "GU" und dem Estrichleger habt, schulden beide den Erfolg.


    Auch wenn ich es in der konkreten Situation als "nicht richtig" empfinde, habt Ihr die juristisch besseren Karten.


    Ihr müsst jetzt nur das bei der PLANUNG "eingesparte" Geld in die Rechtsberatung investieren ;)

    Das Schlimme ist, dass es uns nie um eine etwaige Ersparnis ging.....

    Ich hatte einfach gedacht, dass wenn ich als Endverbraucher einen Estrich brauche der den Anforderungen einer lackierten Oberfläche standhalten muss, dahingehend beraten werde. Ähnlich wie beim Zahnarzt, :"Hallo ich habe eine Zahnlücke die geschlossen werden soll!" :"Klar wir können eine Brücke machen oder ein Implantat aber bei Ihrem Zahnstatus schlage ich direkt ein Gebiss vor!"

  • Ich hatte einfach gedacht, dass wenn ich als Endverbraucher einen Estrich brauche der den Anforderungen einer lackierten Oberfläche standhalten muss, dahingehend beraten werde. Ähnlich wie beim Zahnarzt, :"Hallo ich habe eine Zahnlücke die geschlossen werden soll!" :"Klar wir können eine Brücke machen oder ein Implantat aber bei Ihrem Zahnstatus schlage ich direkt ein Gebiss vor!"

    Dein Beispiel ist grundsätzlich brauchbar, passt aber nur halb, denn dort bringt der Zahnarzt auch die Beschichtung (von Dir Lackierung genannt) auf. Dein Fall in Dein Beispiel übertragen würde bedeuten, ein Zahnarzt behandelt ausschließlich den Zahn und danach gehst Du für den prothetischen Teil der Leistung zu einem Zahntechniker der dann weitermacht. Da fehlt der Prothese dann möglicherweise die Eignung der Basis - ich wage sogar zu behaupten ziemlich sicher. Genau die Abstimmung / Koordination der beiden aufeinander folgenden Gewerke Estrichleger und Bodenleger, welche hier notwendig ist, nennt man Planung. Welche Haftzugfestigkeit hat der Bodenleger verlangt, welche wurde geliefert, welche hätte geliefert werden sollen? Erreicht der bestellte CAF (Klasse?) die hier benötigte Haftzugfestigkeit, war er schon belegreif getrocknet für Beschichtung und die Haftzugmessung? Welcher CM-Wert wurde vom Beschichter vor Beginn seiner Arbeit gemessen?


    Mir ist noch nicht klar, was hier genau passiert ist. Die Frage nach der Beratung halte ich deshalb auch noch nicht für passend. Vielleicht ist der Estrich

    • an sich nicht in der Lage, die nötige Festigkeit zu erreichen, also per se ungeeignet
    • prinzipiell passend, aber noch zu nass, so dass die Messwerte grob variieren können und auch die Beschichtung nicht hält
    • prinzipiell passend, aber falsch verarbeitet
    • ... oder was weiß ich ...

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


    Der Betreiberverein dieses Forums freut sich über Spenden von Fragenden, denen hier kostenlos geholfen wurde. Kurze Wege führen über Paypal oder eine Banküberweisung. Beiträge und Beitragsteile als Moderator ab 04/23 kursiv gesetzt.

  • Das mit Haftzugsprüfungen ist so ein Ding. Da gibt es nicht einmal verbindliche Normen.


    1,5 N/mm² ist die Anforderung bei befahrenen Oberflächen (hohe dynamische Belastungen).


    Bei Wohnungen eher 1,0 N/mm², teilweise auch 0,8 N/mm². Diese Werte sind nach fachgerechter Untergrundvorbereitung zu messen. Jetzt lese ich aber:


    Die Haftzugfestigkeit des Estrichs beträgt an einigen Stellen (nachdem nachträglich geschliffen bzw gefräst wurde) nur 0,6Nm/mm2.


    Schleifen bzw. fräsen sind keine geeignete Untergrundvorbehandlung. Schleifen setzt die Poren zu, dadurch wird der Wert geringer. Fräsen ohne anschließendes Kugelstrahlen hinterlässt Mikrorisse, die Werte werden geringer.


    Ich kann da erst mal nichts falsches beim Estrichleger sehen.

    Ob ein Mensch klug ist, erkennt man viel besser an seinen Fragen als an seinen Antworten. 8o