fiktive Baugenehmigung Schornstein von 4 m über dem Dach nicht im Bauplan! Architekt kannte die neue BimschV §19

  • Hallo,

    ich benötige einen Rat zum Honoraranspruch des Architekten im Hinblick auf eine fiktive Baugenehmigung, wenn bereits vor Baubeginn feststeht, dass der Architekt baurechtliche Vorgaben nicht berücksichtigt hat und der Bau nicht wie fiktiv genehmigt realisiert werden kann. Hintergrund ist, dass bei der fiktiven Baugenehmigung die Baubehörde nur die Vereinbarkeit des eingereichten Plans mit dem Bauplanungsrecht, nicht aber der einschlägigen Landesbauordnung, überprüft. Aufgrund der fiktiven Genehmigung kann man also mit dem Bau beginnen, muss aber jederzeit bei Verstößen gegen das Baurecht mit einem Baustopp rechnen.


    Vor Baubeginn ist nun bei uns aufgefallen, dass der Schornstein von dem Architekten in den Bauunterlagen nicht eingezeichnet wurde. Nach § 19 BImSchV müssten wir nun einen Schornstein ca. 4m über dem Flachdach errichten. Dies war dem Architekten während der gesamten Planung nicht bekannt und ein ca 4m hoher Schornstein ist aus seiner und unserer Sicht optisch nicht tragbar. Als einzige Alternative könnte nun der Kamin an das äußere Ende des Hauses verlegt werden, so dass er im Obergeschoss mittig den Balkon durchstößt, was in unseren Augen indiskutabel ist. Den Kamin an eine andere Stelle zu verlegen, ist leider nicht möglich!

    Fakt ist also, dass schon vor Baubeginn feststeht, dass der Bau nicht so realsiert werden kann, wie es die eingereichten Bauunterlagen und die fiktive Genehmigung vorsehen. Es müsste eine Korrektur mit einem 4 m hohen Schornstein erfolgen, was weder der Architekt noch wir wollen. So, wie der Plan nun fiktiv genehmigt wurde, würde der Schornsteinfeger aber den Kamin nicht abnehmen bzw. dürfte dieser nicht benutzt werden. Hierdurch ist es zu Unstimmigkeiten mit dem Architekten gekommen, der die Vorgaben der BImSchVO nicht kannte und diese zunächst leugnete. Aufgrund dieses Vertrauensverlustes in den Architekten aber auch bereits zuvor erfolgter Unstimmigkeiten, wollen wir nun von dem Projekt Abstand nehmen und haben den Vertrag mit ihm fristlos gekündigt.


    Obwohl wir dem Architekten bereits über 20.000 € Abschlagszahlungen bezahlt haben, macht er weitere Honorarforderungen bis zur Leistungsphase 4, also der Baugenehmigung geltend. Er beruft sich darauf, dass eine fiktive Baugenehmigung erteilt wurde und der Bau starten kann. Wir sind allerdings der Auffassung, dass der Bau nicht so wie von ihm geplant und fiktiv genehmigt, realisiert werden kann kann. Er hat also seine Leistungen nicht bis zur Leistungsphase 4 erbracht. Die baurechtlichen Vorgaben zum Schornstein hätten dem Architekten bereits in der LP1 bekannt sein müssen, alle weiteren Planungen gingen somit von einer falschen Grundlage aus, da sich die weitere Anordnung der Innenräume am eingezeichneten Kamin orientiert haben. Hätte der Architekt die Vorgaben des Baurechts bereits zu Beginn der Planungen gekannt, wäre die weiteren Planungen anders gelaufen.


    Wie sehen Sie dies?

    Soll ich die LP4 trotz nicht realisierbarem Plan bezahlen? Hat der Architekt Anspruch auf sein Honorar, wenn er bereits in der LPH 1 baurechtliche Vorgaben übersehen hat?

    Kann ich die Abschlagszahlungen zurückfordern?


    Für Einschätzungen und Tipps wäre ich sehr dankbar.

  • 1. Was ist eine FIKTIVE Baugenehmgung??


    2. BImschG ist KEIN Bau- sondern Umweltrecht. Es kann zwar Auswirkungen auf Bauten haben, bleibt aber Umweltrecht.


    3.) Ob der Entwurf wirklich nicht nachbesserbar ist, können wir SO nicht beurteilen.

    Meine Beiträge sind Meinungsäusserungen

  • und haben den Vertrag mit ihm fristlos gekündigt.

    ohne dass ich jetzt dafür ein Experte bin - damit hast du dir möglicherweise ein großes Ei gelegt und du musst einen großteil bezahlen.
    Grundsätzlich steht dem AN auch beim Werkvertrag erstmal ein Nachbesserungsrecht zu.

    Ich würde mich dringend fachanwaltlich beraten lassen!

  • damit hast du dir möglicherweise ein großes Ei gelegt

    Das war auch meine Befürchtung als ich den Beitrag gelesen habe. Man kündigt niemals einen Vertrag ohne vorher alle möglichen Konsequenzen zu beleuchten.



    Den Kamin an eine andere Stelle zu verlegen, ist leider nicht möglich!

    Wer sagt das?


    Zur Erinnerung, die Änderung der BImSCHV trat Anfang dieses Jahres in Kraft. Keine Ahnung wann ihr den Vertrag mit dem Architekten gemacht habt. Er hätte Euch auf notwendige Änderungen hinweisen müssen, aber dadurch wird nicht automatisch die komplette Planung hinfällig.


    Noch zur Erinnerung, wir reden hier über ein rein "optisches" Problem, das sich durch Änderung einer Verordnung ergeben hat. Alternativ zu den Vorgaben der BImSCHV kann man die notwendige Höhe auch nach VDI3xxx berechnen lassen, was meist zu einer geringeren notwendigen Höhe führt.


    Als einzige Alternative könnte nun der Kamin an das äußere Ende des Hauses verlegt werden, so dass er im Obergeschoss mittig den Balkon durchstößt,

    Ob das so überhaupt abnahmefähig ist, das geben die bisherigen Infos nicht her. Der Schornstein muss bei einem Flachdach grundsätzlich den fiktiven First um 40cm überragen, egal wo er auf der Dachfläche platziert wird. Der fiktive First ergibt sich aus den Dachabmessungen unter Annahme einer Dachneigung von 20°.



    Nach § 19 BImSchV müssten wir nun einen Schornstein ca. 4m über dem Flachdach errichten.

    Bei einem sehr großen Gebäude kann das der Fall sein. Ob das bei Dir zutrifft, dazu müsste man sich die Pläne anschauen. Typische EFH mit Flachdach erfordern eher eine Schornsteinhöhe von 2-3m über Flachdach, auch nach der neuen BImSchV. Wir reden also über 1-2m zusätzlich gegenüber der alten Fassung der BImSchV.

    Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass jemand einen Bungalow mit 400m² Grundfläche baut, dann braucht er tatsächlich einen hohen Schornstein.


    Was sagt eigentlich der Schornsteinfeger dazu?

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    .

  • Ist denn die Planung von Feuerungsanlagen, Kaminen, Rauchabzuegen...ueberhaupt ein Leistungsbestandteil des Architekten? Ich haette das in der TGA (KG 400) unter Waermeerzeugungsanlagen gesucht...

  • Ich gehe davon aus, dass der TE nicht eine Genehmigungsfiiktion eines Bauantrages nach Fristablauf meint, sondern mit einem "Freisteller" bauen will (wovon ich allerdings entschiedenst abrate, wenn auch nur leiseste Zweifel an einer Genehmigungsfähigkeit oder auch nur an der völligen Verzichtbarkeit von Befreiungen bestehen). Mein Rat wäre daher mindestens (gewesen), auf ein klassisches Baugenehmigungsverfahren umzuschwenken. Nach dem Eigentor, den Werkvertrag mit dem Planer vorher aufzulösen, dürfte das jedoch schwierig werden. Welcher neue Architekt mag da wohl die Urheberrechte des Vorgängers ablösen und eine neue LP 4 quasi als "aufgehendes Gewerk" abliefern ? - das wird wohl auf eine Neubeauftragung ab LP 1 hinauslaufen :(

  • am besten wäre sowieso diese steinzeitliche Verbrennerei einfach sein zu lassen - dann braucht man auch keinen Schornstein.
    Um die Butze warm zu bekommen gibts auch modernere Verfahren...

  • 1. Was ist eine FIKTIVE Baugenehmigung??

    Ja. Was ist das? Baut man nach Erteilung einer fiktiven Baugenehmigung fiktiv ein Haus?


    Obwohl wir dem Architekten bereits über 20.000 € Abschlagszahlungen bezahlt haben, macht er weitere Honorarforderungen bis zur Leistungsphase 4, also der Baugenehmigung geltend.

    OK.....Honorarforderungen (Plural) zusätzlich zu bereits 20k Gezahltem. Das scheint ein durchaus größeres Gebäude zu sein.


    Darf man nachfragen über was wir hier reden?


    Insgesamt erscheint mir die "Fehlleistung" eines falsch geplanten Kamins nicht so tiefgreifend, dass man dadurch das gesamte Projekt in Frage stellt. Ich kann aber auch nicht nachvollziehen inwieweit der Planende hier noch gegensteuern/ verbessern kann/ könnte, da wir nicht wissen woran es hängt.


    In so einem Fall sollte man nachbessern/ korrigieren/ umplanen. Eine fristlose Kündigung erscheint mir eine etwas überzogene Handlung. Außer es sind noch andere Dinge passiert.

  • ich benötige einen Rat zum Honoraranspruch des Architekten im Hinblick auf eine fiktive Baugenehmigung, wenn bereits vor Baubeginn feststeht, dass der Architekt baurechtliche Vorgaben nicht berücksichtigt hat und der Bau nicht wie fiktiv genehmigt realisiert werden kann.

    Ich kenne keine "fiktiven" Baugenehmigungen, allenfalls "Freistellungsbescheide" o.ä., je nach Bundesland und dessen Landesbauordnung. Was genau ist hier gemeint?


    Anträge hierfür haben jedenfalls von der bauvorlageberechtigten Person so erstellt zu werden, dass sie

    1. genehmigungsfähig sind (also alle Vorgaben des öffentlichen Rechts einhalten, soweit diese im Genehmigung- / Freistellung- / Kenntnisgabe- ... Verfahren geprüft werden, aber auch darüber hinaus im jeweils zutreffenden Umfang)
    2. eine Realisierung des Bauwerks entsprechend den a.R.d.T. ermöglichen.

    Sollte sich vor der Materialisierung einer Planung auf der Baustelle ein Mangel an der Planung zeigen, so haben Entwurfsverfasser / Planende bis zur Materialisierung des Mangels ein Recht auf (kostenlose) Mangelbeseitigung an ihrer eigenen Planung.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Ja. Was ist das? Baut man nach Erteilung einer fiktiven Baugenehmigung fiktiv ein Haus?

    Gilt zwar erstmal für Hessen, wird aber in anderen Bundesländern ähnlich sein. Hat der TE ins seinem ersten Beitrag auch erzklärt.

    Wenn ich das Konzept der fiktiven Baugenehmigung richtig verstehe, war es außerdem in den letzten Jahre im Zusammenhang mit Elon Musk und seine Gigafactory in Grünheide ziemlich oft in der Presse, wenn auch nicht immer unter diesem Namen. Da wurde mit dem Bau ja auch schon angefangen, bevor die Baugenehmigung endgültig erteilt war.


    Ergänzung:

    Gemeint ist wahrscheinlich das hier.

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)

  • Gemeint ist wahrscheinlich das hier.

    Die Genehmigungsfiktion ist möglicherweise hier das Ergebnis und eine „Genehmigungsfiktion“ ist juristisch an sich auch in anderen Rechtsbereichen üblich, aber sicher nicht der Antragsweg.


    Deshalb meine Frage:

    Was genau ist hier gemeint?

    "Was genau ist hier vom TS gemeint?" natürlich!

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Ist denn die Planung von Feuerungsanlagen, Kaminen, Rauchabzuegen...ueberhaupt ein Leistungsbestandteil des Architekten? Ich haette das in der TGA (KG 400) unter Waermeerzeugungsanlagen gesucht...

    Es kommt auf die bauliche Ausführung an und kann durchaus als Massivbauteil im Hochbau landen. Klassische TGA-Planung ist es insbesondere bei nicht primär der Wärmeerzeugung zur Grundheizung dienenden Bauteilen (Kaminöfen etc.) jedenfalls nicht.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Unabhängig von der Genehmigung, ob Kenntnisgabeverfahren oder was auch immer, befürchte ich, dass sich der TE gewaltig vergaloppiert hat. Die Kündigung des Vertrags mit dem Architekten macht die Sache keinesfalls besser, ganz im Gegenteil. Die Kündigung könnte richtig teuer werden, denn ein "Nachfolger" wird sicherlich nicht auf sein Honorar verzichten.


    Die behauptete Schornsteinhöhe von 4m bzw. "fast" 4m ist für ein typ. EFH nicht plausibel. Überschlagen wir mal kurz, bei 10m Dachbreite wäre die fiktive Firsthöhe ca. 1,6m, darauf dann die 40cm Mindesthöhe über First, macht eine Schornsteinhöhe von etwa 2m. Das wäre als gerade mal 1m mehr als ursprünglich sowieso notwendig. Ob die eff. Höhe des Schornsteins für den Kaminofen ausreicht, das wäre auch noch ein Thema. Vielleicht hätte man den Schornstein sowieso höher machen müssen (Stichwort Zugverhältnisse).


    Oben ist von einem OG die Rede, also eine Gebäudehöhe von vielleicht 6m. Wenn da auf der Mitte der Dachfläche ein Schornstein steht, dann macht das keinen nennenswerten Unterschied ob dieser nun 1m oder 2m über die Dachfläche ragt. Von "unten" wird das niemand bemerken. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es schwierig wird, hier mit einem "optischen" Mangel zu argumentieren, aber selbst wenn, dann wäre der Wertansatz äußerst gering.


    Um ehrlich zu sein. die Schlussfolgerung, dass dadurch die komplette Gebäudeplanung hinfällig wird, halte ich für an den Haaren herbeigezogen. Vielleicht gab es noch andere Gründe für eine Vertragskündigung, das kann man aus dem Eingangsbeitrag nicht entnehmen, aber der etwas höhere Schornstein kann es nicht gewesen sein.


    Die Frage ist, wie man die Kuh jetzt vom Eis bekommt. Den Ärger hätte man wohl vermeiden können, wenn man rechtzeitig mit dem Schorni telefoniert hätte.

    Die "Lösung", den Schornstein an den Dachrand zu verschieben macht die Sache nur noch schlimmer, denn die Höhe bleibt gleich und da fällt er mit Sicherheit auf.

    Jetzt ist guter Rat teuer, im wahrsten Sinne des Wortes.


    Mein Vorschlag wäre, zuerst einmal zu verifizieren, welche Schornstein höhe tatsächlich notwendig wird. Dann kurze Pause und mal überlegen, ob es dafür lohnt die komplette Planung in die Mülltonne zu treten, wohlwissend, dass es egal ist, wo der Schornstein auf der Dachfläche steht, die Höhe bleibt gleich.

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  • hier mit einem "optischen" Mangel zu argumentieren, aber selbst wenn, dann wäre der Wertansatz äußerst gering.

    Natürlich ist ein Kamin idR nicht das gestalterische Kernthema, nicht der Hingucker, um den sich eine Planung herumwindet. Es ist eher ein notwendiges Bauteil, welches man nach Möglichkeit gut in die Planung integriert.


    Hätte sich der Bauherr für eine LW-Wärmepumpe entscheiden, so würde irgendwo auf seinem Grundstück höchstwahrscheinlich ein wenig ansehnlicher Blechkasten mit brummendem Ventilator stehen. Wäre eine Holzpelletanlage sein Ding, so würden wenig hübsche Füllstutzen die Fassade verunzieren. Wäre der Bauherr Fan terrestrischen TV-Empfangs würde eine mächtige Antenne das Dach krönen.


    Alles nicht so super. Alles aber auch keine planungstechnischen No-Gos.


    Auf Grundlage eine zu kurz geratenen Kamins den Vertrag zu kündigen hört sich für mich wenig nachvollziehbar an. Wer macht denn sowas?


    Aufgrund dieses Vertrauensverlustes in den Architekten aber auch bereits zuvor erfolgter Unstimmigkeiten, wollen wir nun von dem Projekt Abstand nehmen

    Ganz ehrlich: Ein Architekt agiert auf einem weiten Feld. Von Baurecht (Bauordnung) über das örtliche Baurecht (B-Pläne, Gestaltungssatzungen, usw.) über hautechnische Anlagen (Heizung/ Sanitär/ Elektro/ Lüftung/...) u speziellen Themen (hier die BImsch), dann natürlich verwaltungsrechtliche Themen, aber auch die Fähigkeit der Gestaltung (Entwurf), deren Umsetzung (Werkplanung) und letztendlich dies vor Ort zu kommunizieren...wie gesagt...ein weites Feld. Dass es da in einzelnen, etwas speziellen Themen, auch mal zu Wissenslücken kommen kann, ist mE normal. Man kann schlichtweg nicht alles abdecken.


    Das ist so als ginge man zum Arzt und würde auf Grund eines Zwickens irgendwo einen soliden befund erwarten. Kann gehen. Kann aber auch der beginn einer Reise zu diversen Fachärzten sein. Niemand würde wohl ernsthaft auf die Idee kommen, dass ein Hausarzt bitte schön alle Bereiche sicher abdecken kann. Vom Architekten wird dies aber regelmäßig erwartet.


    Die Unstimmigkeiten, die es schon gab mögen tiefgreifend gewesen sein, der Kamin der berühmte Tropfen, der das Fass....


    Oder aber: Die Baupreise galoppieren gerade ins Endlose und man suchte (und fand vermeintliche) eine plausible Möglichkeit eines elegeanten Ausstiegs aus dem Projekt? Nur so eine Vermutung.

  • Die behauptete Schornsteinhöhe von 4m bzw. "fast" 4m ist für ein typ. EFH nicht plausibel. Überschlagen wir mal kurz, bei 10m Dachbreite wäre die fiktive Firsthöhe ca. 1,6m, darauf dann die 40cm Mindesthöhe über First, macht eine Schornsteinhöhe von etwa 2m. Das wäre als gerade mal 1m mehr als ursprünglich sowieso notwendig. Ob die eff. Höhe des Schornsteins für den Kaminofen ausreicht, das wäre auch noch ein Thema. Vielleicht hätte man den Schornstein sowieso höher machen müssen (Stichwort Zugverhältnisse).

    Die "fast" 4,00 m könnten auch für ein typ. EFH plausibel sein:


    [...] Der Schornstein ist so auszuführen, dass die Austrittsöffnung des Schornsteins bei einer Gesamtwärmeleistung der Feuerungsanlage

    1. bis 50 Kilowatt in einem Umkreis von 15 Metern die Oberkanten der Lüftungsöffnungen, Fenster und Türen um mindestens 1 Meter überragt,
    2. von mehr als 50 bis 100 Kilowatt in einem Umkreis von 17 Metern die Oberkante der Lüftungsöffnungen, Fenster und Türen um Mindestens 2 Meter überragt, [...]

    Wenn jetzt im Umkreis von 15 Metern um den geplanten Schornstein ein Haus stünde, dessen oberstes Fenster 3 Meter über dem Flachdach wäre, müsste der Schornstein durchaus 4 Meter hoch sein. Könnte so eine Konstellation nicht denkbar sein?

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)

  • Könnte so eine Konstellation nicht denkbar sein?

    Aber klar doch, aber dann hätte der Schornstein auch schon nach der "alten" BImSchV höher sein müssen.


    Die Aussage des TE war doch, dass der Architekt die neue Verordnung nicht berücksichtigt hätte, und deswegen nun "unerwartet" der hohe Schornstein erforderlich ist.

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  • Aber klar doch, aber dann hätte der Schornstein auch schon nach der "alten" BImSchV höher sein müssen.


    Die Aussage des TE war doch, dass der Architekt die neue Verordnung nicht berücksichtigt hätte, und deswegen nun "unerwartet" der hohe Schornstein erforderlich ist.

    Einen Passus zu alt und neu habe ich bei erneutem Durchlesen nicht gefunden, nur zum Fehlen eines 4 m hohen Schornsteins in der Bauvorlage. Dass durch dessen Darstellung das Objekt nicht mehr genehmigungsfähig sein soll fällt mir schwer zu glauben.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Siehe hier fehlt wohl ein: nicht.

    Ah, stimmt! Aber so gewaltig sind die Veränderungen durch die Novelle nicht, dass so viel dazu kämen, oder? Egal, komische Geschichte jedenfalls! Und egal ob gezeichnet oder nicht, gebraucht wird der Schornstein eh - sofern man nicht anders heizt.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Nach § 19 BImSchV müssten wir nun einen Schornstein ca. 4m über dem Flachdach errichten. Dies war dem Architekten während der gesamten Planung nicht bekannt und ein ca 4m hoher Schornstein ist aus seiner und unserer Sicht optisch nicht tragbar.

    Ich gehe mal davon aus, dass der Architekt nicht "ohne" Schornstein geplant hat, denn dass ein Kaminofen einen Schornstein benötigt, das dürfte wohl jedem klar sein.

    Also hat er wohl nach der "alten" BImSchV geplant (oder nach dem Prinzip "das machen wir immer so"). In der alten BImSchv (2010) waren im §19 die 15m Entfernung und 1m über den benachbarten Fenstern schon enthalten.


    Zitat von BImSchV 2010 §19 (1)

    2. bei Feuerungsanlagen mit einer Gesamtwärmeleistung bis 50 Kilowatt in einem Umkreis von 15 Metern die Oberkanten von Lüftungsöffnungen, Fenstern

    oder Türen um mindestens 1 Meter überragen; der Umkreis vergrößert sich um 2 Meter je weitere angefangene 50 Kilowatt bis auf höchstens 40 Meter.


    Auch gab es im §19:


    Zitat von BImSchV 2010 §19 (1)

    (1) Die Austrittsöffnung von Schornsteinen bei Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe, die ab dem 22. März 2010 errichtet oder wesentlich geändert

    werden, müssen

    1. bei Dachneigungen

    a) bis einschließlich 20 Grad den First um mindestens 40 Zentimeter überragen oder von der Dachfläche mindestens 1 Meter entfernt sein,

    In der aktuellen BImSchV wurde §19(1) 1. geändert, so dass die Option "oder von der Dachfläche mindestens 1 Meter entfernt sein" entfällt.


    Die wichtige Änderung für einen Schornstein auf einem Flachdach findet sich im letzten Absatz. Einen wichtigen Punkt habe ich unterstrichen.

    Man kann also entweder die Regelung mit den 20° Dachneigung und dem fiktiven First anwenden, oder man bestimmt die Höhe nach VDI3781, wie ich in einem der obigen Beiträge schon erwähnt habe.


    Den nachfolgenden Text, der unter anderem auch wieder die Sache mit den 15m und 1m über den Lüftungs-/Fensteröffnungen enthält, habe ich jetzt nicht zitiert. Der entspricht im Wesentlichen auch der alten Fassung.


    Der Planer des TE kann also nicht mehr wie "früher" die Option "1m über Dachfläche" ziehen, sondern er muss entweder die Anforderungen für eine Dachneidung < 20° einhalten, oder halt einen Nachweis nach VDI 3781 führen, dass eine geringere Höhe der Schornsteinmündung möglich ist.


    Ob sich die Option nach VDI 3781 lohnt, da setze ich noch ein Fragezeichen, da ich davon ausgehe, dass der Schornstein eben nicht 4m hoch werden muss, und ob der dann 2m hoch oder 1,8m hoch oder 2,2m hoch werden muss, das dürfte keine Rolle spielen. Ich würde nicht davon ausgehen, dass sich durch eine Berechnung nach VDI 3781 die Schornsteinhöhe auf die "ehemaligen" 1m reduzieren lässt, aber das kann man anhand der bisherigen Infos nicht mit Sicherheit sagen. Es sind im Eingangsbeitrag weder ausreichend Daten zum Gebäude noch zu der benachbarten Bebauung genannt.

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  • Hier ist der BimschV-Unsinn mal gut erklärt.


    Der Schornstein wurde vom Architekten vergessen, und das ist der Bauherrschaft nicht aufgefallen.


    Jetzt muss ein Nachtrag her mit hohem Schornstein (bei einem Flachdach mit "virtuellem First" könnten die 4 m über Dach plausibel sein), der da aber nicht hin soll/kann.


    Nun kann der Architekt den Fehler wegen Kündigung nicht mehr beheben, und sei es durch einen völlig anderen Entwurf, falls der Kaminofen als unbedingtes must have kommuniziert wurde.

    __________________
    Gruß aus Oranienburg
    Thomas

  • Hier ist der BimschV-Unsinn mal gut erklärt.

    Da rechnen aber die Hersteller wie Schiedel, Frey etc. anders. Die interpretieren die BImSchV so, dass die 45° nur bei einem Steildach anzuwenden sind, d.h. entsprechend dem o.g. Absatz begrenzt die fiktive Firsthöhe die maximale Schornsteinlänge über die gesamte Dachfläche. Eine zusätzliche Überhöhung durch die 45° für firstferne Schornsteine gibt es bei Flachdächern nicht.


    Das ergibt auch Sinn, weil man bei einem Flachdach und einem großen Abstand des Schornsteins vom (fiktiven) First nicht damit rechnen muss, dass sich die Rauchgase zwischen Schornstein und First "sammeln". Genau genommen gibt es ja auf dem (Flach)Dach keine Rezirkulationszone mehr (so Sachen wie Windrichtung und vorgelagerte Gebäude lassen wir mal außen vor).


    Das würde auch der Vorgehensweise nach VDI 3781 Blatt 4 entsprechen.


    Dort rechnet man ja auch mit HA = min HDach20° + HÜ


    mit Hdach20° = (b/2)*tan(20°), wobei für b die Schmalseite des Gebäudes angesetzt wird,


    und HÜ = 0,4m für Verbrennungsanlagen mit Qn < 400kW


    Das macht dann bei b=10m ca. 2,2m Schornsteinhöhe.


    Wie schon geschrieben:


    Was sagt eigentlich der Schornsteinfeger dazu?

    Der sollte die BImSchV und auch die VDI kennen, und mit der Bebauung im Umkreis dürfte er auch vertraut sein.

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  • Was sagt eigentlich der Schornsteinfeger dazu?

    Ist da viel zu erwarten? Nach meiner Erfahrung können die bestenfalls wortrichtig die Gesetzeslage wiedergeben.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Ist da viel zu erwarten?

    Hängt vom Schorni ab. Letztendlich könnte er aber zumindest sagen, ab welcher Schornsteinhöhe er seinen Segen gibt. Danach kann man dann immer noch diskutieren. Nach meiner unmaßgeblichen Erfahrung werden die meist ganz zugänglich wenn man mit Fakten kommt. Man könnte auch die o.g. Berechnung durchführen lassen, spätestens das kann er dann nicht mehr ignorieren. Die kostet halt ein paar Euro.


    Sollte tatsächlich ein hoher Schornstein erforderlich werden, dann wird es sowieso komplizierter, weil man einen 4m Schornstein nicht so einfach in die Landschaft stellen kann (Abspannstangen usw.)..

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  • Da rechnen aber die Hersteller wie Schiedel, Frey etc. anders.

    Schiedel hat eine Excel-Tabelle. Da kommt in einem von mir willkürlich angesetzten Beispiel bei einem Flachdach 0° DN, 10 m Breite, die 2,22 m von Dir oben raus, bei 1° DN greift die Regelung der fiktiven 20°, und bei einem Abstand zum gedachten First von 2,20 m sind es 3,94 m.


    Ist das so richtig? Dann könnte man durch Bekiesung o.ä. bei flachen Dächern auf 0° kommen, und dann würde der Schornstein 2 m kürzer. Kann das sein?

    __________________
    Gruß aus Oranienburg
    Thomas