Lungengängige Fasern

  • Könnt ihr mir erklären, wann Fasern lungengängig sind . Ich lese,dass sie einen Durchmesser von unter 3mikrometer haben und eine Länge von über 5 Mikrometer. Ich verstehe das nicht, denn was ist denn dann die maximale Länge? Sind dann Fasern von 2 mm Länge auch noch lungengängig? (Denn das wäre ja über 5 Mikrometer)

    Kann man sich die lungengängigen Maße bildlich irgendwie vorstellen? Also entspricht das etwa einem Punkt mit dem Kuli oder ....? Wisst ihr, was ich meine?

  • Ein direktes bildliches Verhältnis habe ich gerade nicht, aber die maximale Länge ist physikalisch je nach Material durch Knubbeln/Knotenbildung sowie Materialbelastungen, die zum Brechen führen, beschränkt.
    Bei Fasern kann man sich das mit der Länge aber ganz gut vorstellen wie mit Spaghetti - die kann man, meiner Erfahrung nach X/ , am Stück in die falsche Röhre bekommen und damit bis zu einem gewissen Punkt einatmen.
    Nudeln haben zwar auch eine gewisse Schadwirkung, aber medizinisch eine ganz andere als Faserstäube, da diese deutlich dünner sind und damit tiefer vordringen können und das Gewebe anders angreifen.

    Aber bevor ich hier zu viel durcheinander werfe, einmal ein paar Punkte zur Schadenswirkung (ohne Gewähr auf Vollständigkeit und 100%ige Korrektheit, da ich kein Mediziner bin und das Thema Stäube nun auch nicht länger als 2 Vorlesungen behandelt wurde):

    Die Dimension der potentiell krebserregenden Fasern wurde seitens der WHO aufgrund von Forschungsergebnissen vorgestellt und werden jetzt so weitergenutzt.
    Sie müssen, um nach dem Einatmen Krebserregend zu sein, ausreichend dünn, lang und biopersistent sein.
    Das heißt sie müssen > 5µm Länge, < 3µm Durchmesser und ein Verhältnis Länge zu Dicke von > 3:1 aufweisen.

    Die Fasern sind lang (>5µm) genug, um nicht von den Macrophagen (ein paar der Zellen vom Immunsystem) vollständig eingekapselt zu werden. Das Einkapseln passiert ganz automatisch, dient eigentlich gegen Bakterien und Partikel und nennt sich Phagozytose. Da das ja nicht geht sterben in Folge die Macrophagen ab und sorgen für eine Entzündungsreaktion. Dieser Prozess nennt sich frustrierte Phagozytose. Da die Fasern biologisch nicht schnell abbaubar sind, wird die lokale Entzündung chronisch. Dadurch und den dabei auftretenden oxidativen Stress (freiwerdende chemisch reaktionsfreudige Verbindungen sind mehr vorhanden als normal aufnehm/wegreagierbar und machen deshalb Nachbarzellen kaputt) kann es zum Krebs kommen (=> Zellen wachsen so, wie sie es normal nicht tun, da regulierende Teile jetzt anders arbeiten, weil kaputt).
    Die Fasern müssen dünn (<3µm) sein, damit sie erst einmal soweit in die Lunge kommen können, denn die oberen Luftwege sind mit sog. Zilien ausgestattet und können Stoffe in gewissen Größen auch herausbefördern.

    Es gibt auch gewisse Daten, jedoch nach meinem Kenntnisstand noch nicht in ausreichendem Maße, dass es zu einem Schaden an Zellen durch ein "aufspießen" der Zellen oder mechanische Interaktion innerhalb gibt (Chromosomenschädigung).

    Die meisten hier im Forum relevanten biologisch nicht abbaubaren Fasern, wie die tollen, die mit A anfangen und est aufhören, sind sehr starr und verknoten sich von selbst nicht klein genug, daher haben sie bei den schon sehr kleinen Längen auch ein großes Potential nicht in die Macrophagen zu passen.
    Aber wie immer gilt es, selbst wenn es 100% perfekte Fasern wären, nicht alle Fasern kommen da an, wo sie Schaden anrichten können, und selbst von denen, die es tun erzeugen auch nicht alle Krebs.

    Korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege oder etwas wichtiges vergessen habe.

    Um zurück zur Ursprungsfrage zu kommen: Ein Menschliches Haar ist etwa 60µm dick, also sind die schädlichen Fasern höchstens ein 20stel so dick.Das macht auch die Gefahr aus, denn dem Staub sieht man es so nicht mit bloßem Auge an, ob er jetzt 2µm oder 10µm dicke Fasern beinhaltet.
    Das ist so klein, da ist es schwer das greifbar zu beschreiben.

    Das beste, was mir dazu einfällt, um das sichtbar zu machen:
    Eine runde Schachtabdeckung hat normalerweise DN 600, also ist der Deckel leicht größer.
    Ein normaler (flach, lang, nix besonderes an Getüddel dran) USB Stick hat aufrecht auf dem Deckel stehend etwa das Verhältnis, als ob man eine Faser mit der Mindestlänge an ein menschliches Haar hält.
    Schachtdeckel: Querschnitt Menschliches Haar, USB-Stick: Faser
    Verdammt klein, was? :D

  • Sind dann Fasern von 2 mm Länge auch noch lungengängig?

    Nein.


    Fasern > 10µm werden bereits in der Nase aus dem Luftstrom "gefiltert"

    Faser > 3µm und <10µm werden größtenteils in den oberen Atemwegen herausgefiltert und wieder abgehustet

    Fasern < 3µm werden als lungengängig bezeichnet, genauer gesagt zwischen ca. 0,1µm und 3µm, da die kleinsten Partikel wieder ausgeatmet werden


    Genau genommen gibt es keine starre Grenze. Man geht davon aus (EN481 u.a.), dass Partikel < 1µm die Lunge ungehindert erreichen (ca. 100%), im Bereich 1-10µm bleiben diese in den oberen (mittleren) Atemwegen "hängen", abhängig von deren Größe. Bei 4µm rechnet man mit 50%, bei 10µm mit max. 1% die die Lunge erreichen könnten.


    Fasern mit 2mm sind also definitiv nicht lungengängig. Sie sind auch viel zu groß und auch zu schwer um sie unter normalen Bedingungen durch die Luft zu transportieren (Stichwort "Sinkgeschwindigkeit"). Bei Wasser braucht es ja auch feinste Tröpfchen damit sich diese in der Luft halten können (Nebel), ansonsten fallen sie als Regentropfen zu Boden.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass die von Dir genannten Fasern (2mm) überhaupt erst einmal bis in die Nase kommen geht gegen Null.

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  • Danke ihr beiden. Sehr interessant.

    Was ich leider noch nicht verstanden habe:. Wenn man sagt, dass der Durchmesser lungengängiger Fasern < 3 Mikrometer sein muss aber die Fasern > 5 Mikrometer in der Länge haben müssen, warum sind dann

    Fasern mit 2mm sind also definitiv nicht lungengängig.

    ?


    Vllt habt ihr es schon erklärt und ich es nur nicht verstanden.

    Für mich ist nicht eindeutig, ob es denn auch in der Länge eine Grenze gibt, ab der Fasern nicht mehr lungengängig sind und welche das denn ist?

  • Die Maßeinheit „Mikrometer“ wird nicht mit „mm“ abgekürzt, sondern mit „µm“.


    1 Millimeter (mm) ist um den Faktor 1.000 größer als 1 Mikrometer (µm).

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Skeptiker, das ist schon klar

    Wenn ich 2 mm schreibe, meine ich auch Millimeter. Sonst habe ich Mikrometer ausgeschrieben. (Hab das "mikro" Zeichen nicht auf dem Handy gefunden)

  • ür mich ist nicht eindeutig, ob es denn auch in der Länge eine Grenze gibt,

    Ja, vergleichbar mit der Dicke. Versuche mal eine 2m lange Spaghetti mit 1µm Dicke in die Lunge zu bekommen.


    Und um die Sache noch konfuser zu machen, es geht nicht um den "mechanischen" Durchmesser sondern den aerodynamischen Durchmesser, und der ist bezogen auf eine Kugelform. Für extrem kleine Partikel ist dann von Partikeldiffusionsdurchmesser die Rede, was wieder ein andere Geschichte ist.


    Ein Aerodynamischer Durchmesser von beispielsweise 5µm bedeutet nicht, dass die Faser einen mechanischen Durchmesser von 5µm hat, sondern dass diese (Abmessungen und Gewicht) einer Kugel mit 5µm Durchmesser entspricht, deren Dichte 1g/cm³ beträgt.


    Und noch einmal, eine Faser mit 2mm Länge hat selbst bei extrem dünnem Querschnitt einen aerodynamischen Durchmesser der weit über dem liegt was lungengängig sein könnte. Alles was man ohne Hilfsmittel sehen kann, findet niemals den Weg in Deine Lunge. Aufgrund der hohen Sinkgeschwindigkeit wird es sich unter normalen Bedingungen nicht einmal in der Luft halten können (ein Tornado wird in der Lage sein auch solche Partikel zu bewegen).


    Bei sichtbaren Fasern ist die Wahrscheinlichkeit einer Kontamination der Atemwege oder Lunge gleich Null.


    Das Risiko bei solchen Fasern, genauer gesagt Faserbündeln, besteht darin, dass bei mechanischer Bearbeitung auch Partikel entstehen können die mikroskopisch klein sind, und wenn man sich dann ungerschützt in so eine Staubwolke stellt, dann ist nicht auszuschließen, dass die kleinsten Partikel eingeatmet werden, und die allerkleinsten auch bis in die Lunge kommen. Deswegen traten die wenigen Krankheitsfälle bei Personen auf die jahrelang unter damals miserablen Schutzbedingungen mit solchen Materialien gearbeitet haben. Wer jahrzehntelang jeden Tag ohne Schutzmaßnahmen solche Platten sägt und fräst, der wird zwangsläufig irgendwann auch Partikel einatmen.


    Das gilt auch für andere Tätigkeiten bei denen feinster Staub entsteht, beispielsweise Verarbeitung von Holz, Gips, Stahl usw.

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  • Und um es perfekt zu machen:


    Das Krebsrisiko beruht auf Wahrscheinlichkeit. Das heißt im Regelfall must du sehr viele Fasern einatmen bis was passiert. (z.B. mehrere Jahre auf Arbeit Astbest mit der Flex bearbeiten...)


    Für andere Krankheiten (Astbestose - Lungenkrankheit durch Astbest, Sikilose - Lungenkrankheit durch Steinstaub) brauchst du richtig große Mengen.


    Also: Fasern sind nicht Gesund, aber kein Grund zur Panik. (Sonne macht auch Hautkrebs, trotzdem sehe ich Menschen im freien.....)

  • (Sonne macht auch Hautkrebs, trotzdem sehe ich Menschen im freien.....)

    Stimmt und für diejenigen, die mit derartigen Stoffen nicht hauptberuflich umgehen, ist das Risiko für Hautkrebs durch Sonneneinwirkung deutlich höhe als das aus irgendwelchen Stäuben oder Fasern resultierende Risiko einer Erkrankung.

    Verflucht sei, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege!

    5.Mose 27:18

  • Nach Kurzrecherche im Internet (Quellenangabe habe ich jetzt nicht mit aufgeführt, man kommt aber sehr schnell an seriöse Zahlen)


    ~23.000 Neuerkrankungen p.a. am malignem Melanom (schwarzer Hautkrebs)


    ~56.000 Neuerkrankungen p.a. an Lungenkrebs: DAVON zwischen 60% (Frauen) und 90% (Männer) durch Rauchen ausgelöst. Wenn man die Raucher rausrechnet bleiben 14.000 (im Schnitt) die an Lungenkrebs erkranken und nicht rauchen.


    ~1000 Neuerkrankungen pro Jahr an Lungenkrebs durch A*s*be_stose und ähnliche Staubbelastungen. Diese erkannten Fälle waren aber über mehrere Jahre dem Staub oder den Fasern ausgesetzt. Beruflich. Die Zahl ist abnehmend pro Jahr, da sich der Arbeitsschutz verbessert hat. Die meisten Fälle kommen aus einer Zeit (1970-1990) wo man sich ziemlich wenig um diese Themen gekümmert hat.


    wie de Bakel und rekeck schreiben. Die Wahrscheinlichkeit an Hautkrebs zu erkranken ist um ein Vielfaches höher. An Lungenkrebs durch A*s*bestose zu erkranken ist eigentlich nur dann gegeben wenn man mit dem Zeug gearbeitet hat. An "normalem" Lungenkrebs zu erkranken ist auch wesentlich höher....


    Das Obige erhebt keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit - sind aber seriöse Quellen (Krebsdaten.de; krebsgesellschaft.de, etc.pp) und die Daten sidn alle mehr oder weniger identisch....

  • Und nebenbei bemerkt, Staub kann man nicht nur einatmen sondern auch verschlucken. :D


    Off-Topic:

    Der Kommentar könnte locker für noch ein Dutzend Themen im Forum sorgen

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  • Ach, ihr immer mit eureren beschwichtigungen....

    Off-Topic:

    Blümchen will Panik schieben, um jeden Preis, und wird keine Ruhe geben, bis ihr ein Arzt sagt, sie habe durch das böse graue Zeug Lungenkrebs bekommen.

    Wird sie zwar mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99% nicht erleben, weil sie deutlich vorher an einem Herzstillstand durch Panikatacke ihr Ende findet...

    :eek:

    die vernunft könnte einem schon leid tun....

    sie verliert eigentlich immer