Mein Statiker zeichnet Bewehrungspläne von Hand und rechnet ohne FEM! Meinungen...

  • Hallo zusammen,


    mit Erschrecken musste ich feststellen das mein Stiker älteren Semesters die Bewehrungspläne von Hand auf Pergamentpapier zeichnet!

    Auch die satischen Berechnungen scheinen alle von Hand und ohne Computerhilfe erstellt zu sein.

    Für die Statik des EFH, zweigeschossig, Flachdach, 190 qm, Stahlbeton, hat er drei Monate benötigt. Erdbebenzone 3.

    Die Decken sind z.B. 25 cm dick.


    Ist das noch zeitgemäß bzw. kann man von Hand überhaupt eine maximal wirtschaftliche Bewehrung auslegen?

    Angesprochen auf die Stahliste meinte er, er bestellt 12 m langen Rundstahl und ich solle ablängen. Kann ich fast verstehen: die Stahlliste wäre handisch ja eine sehr fehlerbehaftete arbeitsintensive Aufgabe.


    Gibt es Meinungen von Statikern zu meinem Fall...?


    Danke und viele Grüße

  • was der kollege im einzelnen in welcher güte gemacht hat, kann ich nicht beurteilen - die "12m-nummer" betreiben auch baufirmen und die müssen nicht schlecht sein.

    wegen 25er-decken erschreck ich auch nicht - kann schon sein, weil immer "freiere" grundrisse mit immer grösseren spannweiten überspannt werden sollen.

    wo ich allerdings etwas stutzig werde, ist das thema "statik ohne software": in der vorbemessung mache ich das auch - in der genehmigungsstatik kann ich mir das eher nicht vorstellen, weil da in jeder hinsicht unwirtschaftlich.

    aber du wirst ja irgendwie per empfehlung und mit kontrolle der zulassung/versicherungsbescheinigung an den kollegen geraten zu sein, damit sollten die grösseren probleme ausgeräumt sein.

  • Die Empfehlung war mein Onkel, der ebenfalls 1975 mit diesem Architekten + Statiker gebaut hat. Seither scheint er sich technologisch nicht weiterentwickelt zu haben. Ist es noch geläufig das Bewehrungspläne auf Brotpaier von Hand gezeichnet werden?

  • Dann ist der Herr schon längst im Rentenalter, vermute ich. (Was bzgl Digitalisierung nichts heißen muss, da gibt’s affine und weniger affine)

    Aus dem Bauch heraus muss Zeichnen auf Transparent nicht schlecht sind. Es dauert halt, aber das ist eher sein Problem ( Wirtschaftlichkeit)

    Bzgl Berechnen lasse ich die Statiker hier zu Wort kommen.

    Nothing is forever, except death, taxes and bad design


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  • PS: 25er Decken hab ich auch, mit Computer berechnet. Ist halt statisch wirklich nicht schön, mein Haus.

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  • Ist es noch geläufig das Bewehrungspläne auf Brotpaier von Hand gezeichnet werden?

    Bewehrungspläne weiß ich nicht, mache ich ja nicht, aber ich zeichne auch manche Pläne noch aus Transparentpapier (von Dir abschätzug Butterbrotpaper genannt)

    Freu Dich, weil der gute Mann bei händisch zeichnen nämlich noch wissen muss, was er dort tut, da ihm kein Computer mit Warnzeichen (das klemmt irgendwo) oder automatischeen z.B. Verschneidungen das denken abnimmt.

    Meine Beiträge sind Meinungsäusserungen

  • da ihm kein Computer mit Warnzeichen (das klemmt irgendwo) ... das denken abnimmt.

    Ob das ein Vorteil ist? Wenn's dann doch klemmt, merken das frühestens die Eisenflechter auf der Baustelle und spätestens die Bewohner, wenn es irgendwo Risse gibt. Da ist mir ein Computerprogramm dann doch lieber...

  • Ich halte es nicht für verwerflich, mit Hand zu rechnen und zu zeichnen. Wir haben das auch so gelernt. Ich habe vor jedem Respekt, der das kann. Bewehrungspläne habe ich im Praktikum auch per Hand mit Tusche auf Transparent gezeichnet. Und unsere Stahllisten haben auch gepasst.


    korrigiert mich, wenn ich falsch liege: ob sich zweiachsiges Rechnen lohnt, hängt nach meiner Kenntnis wesentlich von der gewünschten Art der Decke ab. Soll es beispielsweise eine Fertigteildecke/Halbfertigteildecke werden, ist einachsiges Rechnen i.d.R. angebracht. Wird es eine Ortbetondecke, kann durch zweiachsige Tragwirkung u.U. Stahl gespart werden.


    Ich kenne auch Architekten, die heute noch alles per Hand zeichnen. Warum nicht? Lieber ein guter Entwurf/Plan von Hand als ein schlechter von CAD.

  • in der genehmigungsstatik kann ich mir das eher nicht vorstellen, weil da in jeder hinsicht unwirtschaftlich.

    Vielleicht muss er ja als "Rentner" sein Honorar nicht mehr wirtschaftlich kalkulieren, er hat sowieso Zeit und es ist ihm egal ob er nun ein paar Stündchen mehr oder weniger investiert.

    Vielleicht lässt er es auch etwas gemütlicher ausklingen, wie die 3 Monate vermuten lassen, da hat er sicherlich nicht jede Stunde "gerechnet" und gemalt.


    Deswegen muss die Statik ja nicht fehlerhaft sein. EFH mit 2 Etagen, überschaubare Abmessungen, das hat er in seinem Leben wohl schon öfter gerechnet.

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    .

  • Habe auch noch gelernt per Hand Pläne zu zeichnen. Nein, das ist kein Butterbrotpapier, sondern Transparentpapier. Es war üblich auf Transparentpapier zu zeichnen. Das hatte mit der Kopiermethode zu tun, die damals üblich war. Selbst als wir auf CAD umgeschwenkt sind, haben wir eine Zeit lang noch auf Transparentpapier ausgeplottet, um die Pläne baustellengerecht auf passendem Papier zu kopieren und weil kopieren schneller ging als ewig auf zig Pläne aus dem Plotter zu warten. Kopieren und Falten war eine Arbeit für die Lehrlinge. Ist heute alles kein Ding mehr.


    Der Mann hat nun mal seinen eingeübten flow. Respekt, dass der Mann heute noch per Hand zeichnet und auch die Zeit dafür hat. Ich wundere mich, dass er noch das Zeug zum händischen kopieren besorgen kann. Dachte das Zeug gäbe es nicht mehr.



    Ich kannte mal einen Architekten/Baukünstler in Österreich, der seine Pläne richtig gemalt hat. Das war auf der Baustelle dann eine Freude damit zu arbeiten. :D

    Du musst immer einen Plan haben. Denn wenn Du keinen hast, dann wirst Du Teil eines anderen Planes...

  • Ich wundere mich, dass er noch das Zeug zum händischen kopieren besorgen kann

    Ich habe noch eine Rolle und einen A3-Block Transparentpapier. Das kriegen meine Enkel nicht zum Malen. ;)




    Wenn Dich ein Laie nicht versteht, so heißt das noch lange nicht, dass du ein Fachmann bist.



    M.G.Wetrow

  • Bevor hier alle in die Bewunderung für die Zeichenkünste des Kollegen einstimmen doch noch eine kritische Stimme:


    Bewehrungszeichnungen per Hand sind sicherlich heutzutage ungewöhnlich, aber wer meint, dass er damit schneller und besser ist, geschenkt.


    Vielmehr "Sorgen" macht mir tatsächlich die Handrechnung, auch wenn ich prinzipiell in meinen Statiken durchaus auch ein Freund davon bin. Es gibt schließlich nicht für jeden Nachweis eine entsprechende Software und je nach dem, was man berechnet, führt das auch mal dazu, dass alle Nachweise von Hand geführt werden, ohne eine entsprechende Software anzuwerfen.


    Aber: im konkret beschriebenen Fall kommt mir direkt in den Sinn, das man mal überprüfen sollte, nach welcher Norm der Kollege die Stahlbetonbauteile nachgewiesen hat. Auf Grund des (wahrscheinlichen) Alters und den Punkten die mls schon angesprochen hat, kommt mir irgendwie der Verdacht, dass hier nach veralteten Normen gerechnet wurde. Vielleicht kann hotzge geschwärzte Auszüge aus der Statik einstellen?

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)


    Rings um euch liegt die weite Welt: Ihr mögt euch einzäunen, aber euer Zaun wird sie nicht fern halten. (J.R.R. Tolkien, Derr Herr Der Ringe, Erster Teil: Die Gefährten)

  • Wir wissen ja nicht, ob er tatsächlich per Hand rechnet. Das ist doch bisher nur eine Vermutung.

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  • Dachte das Zeug gäbe es nicht mehr.

    Doch, sowohl Transparentpapier 90g von der Rolle als auch Einzelblatt in versch. Größen, sowie Rotring Isograph einzeln oder im Set, wie in alten Zeiten. Sogar den alten Laden im Wedding, wo ich das Zeug früher immer eingekauft habe, gibt es noch, und er bietet das Zeug noch an.


    Anscheinend werden zumindest die Azubis noch damit ausgebildet, vielleicht wird es auch von Grafikern benutzt?


    Zur Statik selbst: Einfache Stahlbetonquerschnitte kann man sicher händisch nachweisen. Die Anwendung aller aktuellen Normen stelle ich mir aber schwierig vor. Auf der anderen Seite hat vor ein paar Jahren mal ein Prüfing. zu mir gesagt, dass er bei einem durchschnittlichen EFH z.B. keine Sparrennachweise für erforderlich hält, weil die heute gebräuchlichen 8/24 sowieso weit überdimensioniert sind. Und es hat bis auf die letzten paar Jahre die ganze Menschheit Häuser gebaut, ohne die Segnungen der digitalisierten Welt überhaupt zu kennen.


    Es kommt also drauf an. Egal wie berechnet und konstruiert, müssen die Bauteile heutigen Anforderungen entsprechen.


    Ich mache so gut wie nix mehr ohne Software, was das Büro verlässt, ist 100 % Rechner.

    __________________
    Gruß aus Oranienburg
    Thomas

  • Ich meinte eher das Gedöns um es zu kopieren. Das Kopierpapier, die Kopiermaschinen, Ersatzteile, die Chemie dazu usw.

    Dass es das Transparentpapier und Stifte noch gibt ist klar.

    Du musst immer einen Plan haben. Denn wenn Du keinen hast, dann wirst Du Teil eines anderen Planes...

  • Off-Topic:

    Statikrechnungen ist doch Quelle des "digital" (Z1) "Da die statischen Berechnungen im Bauingenieurwesen sehr monoton und mühselig waren, kam Zuse die Idee, diese zu automatisieren." anno 1935.

    Früher hat man Götter gesagt, heute sagt man Internet.


    Herbert Achternbusch RIP

  • Off-Topic:

    Statikrechnungen ist doch Quelle des "digital" (Z1) "Da die statischen Berechnungen im Bauingenieurwesen sehr monoton und mühselig waren, kam Zuse die Idee, diese zu automatisieren." anno 1935.

    Konrad war der "BÖSE"?


    Das Problem bei der Digitalisierung ist ja das, was mit der "Digitalisierung" der Normen einhergeht.

    Die Normen werden immer komplexer. Kaum einer kann die noch wirklich in allen Punkten nachvollziehen.

    Dann sitzt jemand vor dem Rechner, gibt was ein und erhält ein Ergebnis.


    Ob das stimmen, kann man nicht einmal anhand von Faustformeln mehr nachvollziehen. Es wird nur noch geglaubt.


    Die Ergebnisse sind, je nach Programm, sogar bei gleichen Eingaben, mehr oder weniger abweichend.


    Extremes Ergebnis der Softwaregläubigkeit war, dass mir eine TGA-Planer für eine Lagerhalle die Erforderniss einer Dämmmung unterhalb der (hier schon vorhandenen und hochwertigen) Bodenplatte glaubhaft machen wollte. Sein EDV-Programm hat es so ausgeworfen ;)

    Sein fachkundiger Mitarbeiter hat Einsparungen von rund 100 € je Jahr bei den Energiekosten ausgewiesen. Dafür sollte eine ca. 10 Jahe alte Stb-Bodenplatte rausgehauen und durch eine "gedämmte" Bodenplatte ersetzt werden, wobei die Dämmung 5 kN/m² abtragen müsste.


    Mein liebstes Beispiel ist die Dachentwässerung.

    Faustformel NG 333 für "normale" Objekte und 1 Fallrohr DN 100 je 150 m2, max. alle 12 Meter.

    Ergebnisse der detaillierten, mehrseitigen Berechnung:

    NG 333 für "normale" Objekte und 1 Fallrohr DN 100 je 150 m2, max. alle 12 Meter

    Verflucht sei, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege!

    5.Mose 27:18

  • Konrad war der "BÖSE"?

    Konrad war der "Faule" und baute sich einen Rechenknecht! :D

    Bis heute blieb die Faulheit, und man kauft sich einen Rechenknecht und der kann hauptsächlich schnell,daß womit er gebaut und gefüttert ist.

    Off-Topic:

    Z.Z. meiner ersten statikprüfungen ( Schiffdecken kurz Decks), daß ich ja dazu den rechenweg können müsste war das Zulassungsargument, meines prog taschenrechner samt handgeklöppelten progs, . Ende 70 Anfang 80 standen als Hilfsmittel ausser der üblichen Tabllenwerken Formnelsammlungen Rechenschieber und Taschenrechner zur Auswahl. Die darstellung des Fusswegs war natürlich obligatorisch

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    Herbert Achternbusch RIP

  • Dann sitzt jemand vor dem Rechner, gibt was ein und erhält ein Ergebnis.


    Ob das stimmen, kann man nicht einmal anhand von Faustformeln mehr nachvollziehen. Es wird nur noch geglaubt.


    auch bei sehr komplexen systemen mache ich sehr früh eine vorstatik per hand, weniger wegen prüfung der machbarkeit, mehr wegen der "willbarkeit". in lph 3 gibts dann einen bunten strauss aus edv und hand und in lph 4 wird das prüffähig aufgearbeitet.

    die prüfung einer fremdstatik läuft ähnlich, die gesetze der statik gelten immer und überall (sogar auf dem mond) und haben nix mit glaube, liebe, hoffnung gemeinsam - auch wenn manchmal nur die hoffnung hilft: dann sitzt meist nicht "jemand", sondern "der fehler" vor dem rechner.

  • Ich habe für spätere Umbauten schon Handrechnungen gesehen, die ziemlich frei von konstruktivem Verständnis waren. Ähnliches hatte ich auch schon bei softwaregestützen Statiken.


    Das A und O sind erstmal Annahmen für funktionierende statische Systeme. Wenn es da hapert, ist es wurscht, ob händisch oder mit dem Rechner Unsinn rauskommt.

    __________________
    Gruß aus Oranienburg
    Thomas

  • und ich habe schon Berechnungen erlebt, die nur für's Papier gemacht wurden. Die Ausführung hat das nicht gekümmert...


    Also: volle Bandbreite ist möglich. Von "richtig toll" bis "passt nicht". Die Beurteilung der Qualität ist aber sicherlich nicht an der Art/Form festzumachen.