Radonvorsorge: Fristen, Messung, Planerhaftung

  • Als Steuerberater wird man ja alles Mögliche gefragt, ich kann es nur mal weitergeben: wir haben seit 2021 in Sachsen m.E. das größte ausgewiesene Radonvorsorgegebiet in Deutschland und jetzt müssen alle Arbeitgeber mit Arbeitsräumen im Keller oder Erdgeschoss Radonmessungen vornehmen lassen und zwar beginnend ab dem 30.6.2020 und abgeschlossen theoretisch bis zum 30.6. diesen Jahres. Das wussten leider nicht alle (ich wage mal zu sagen, das wusste fast keiner...) Ich habe jetzt Mandanten, die sind von Anbietern angeschrieben worden so nach dem Motto, schwere Strafe droht, aber wir machen die Messung für sie und alles wird gut.

    So ein Schreiben bekommt nun auch ein Mandant von mir und fällt aus allen Wolken, weil er das noch nie gehört hat... und fragt nun ausgerechnet mich? Naja, also die Frage(n):

    1. Bauunternehmen beauftragt einen Architekten eine Halle/Werkstatt und Büro (für Eigennutzung) bis zur Baugenehmigung zu planen, welches sie dann selbst errichten. Die Errichtung erfolgt 2021, muss also theoretisch (und praktisch) die zusätzlichen Anforderungen an Radonvorsorge in Neubauten in ausgewiesenen Radonvorsorgegebieten einhalten. Den Stein ins Rollen brachte besagtes Anschreiben, denn dummerweise wusste das der Planer nix von zusätzlichen Anforderungen in Radonvorsorgegebieten und auch nicht der Unternehmer. Der Unternehmer fragt mich ( :wall: ) ob der Architekt für die Mehrkosten haftet, die durch Nachrüstung entstehen... Geht wohl um irgendwelchen Zusatzschutz in der Bodenplatte. Vielleicht hat hier jemand eine systematische Idee, wie man das einfangen kann?

    2. kann/darf er die Messung auch selbst durchführen und

    3. kann er Fristverlängerung beantragen, falls es absehbar nicht mehr bis zum Fristende reicht?


    Ich habe Ihn natürlich an einen Rechtsanwalt verwiesen, ich habe keine Ahnung und bin ehrlich gesagt froh, nicht im Radonvorsorgegebiet zu sitzen. Aber vielleicht hat hier jemand Erfahrungen mit der Thematik?

    Der gesunde Verstand ist die bestverteilte Sache der Welt, denn jedermann meint, damit so gut versehen zu sein, dass selbst diejenigen, die in allen übrigen Dingen sehr schwer zu befriedigen sind, doch gewöhnlich nicht mehr Verstand haben wollen, als sie wirklich haben. ~ René Descartes

  • Mit Radon-Vorsorgegebieten habe ich im Norden zum Glück nichts zu tun ;)


    Soviel wie ich bisher rausgelesen habe, sind die gegen Feuchtigkeit getroffenen Maßnahmen in den meisten Fällen schon ein ausreichender Schutz.

    Irgendwo auf den vielen Seiten stand sinngemäß: "Wer es verpenntha, die Messungen anzuschieben, sollte sie schnellstens nachholen. Dann wird auch nicht gemeckert."

    Bezugsquellen für geeignete Meßgeräte kann man beim BfS erfahren. Da scheinen keine teurer externen Messungen erforderlich zu sein.


    Vielleicht helfen die beiden Links ja weiter.

    Wie kann ich mich vor Radon schützen?
    Wie kann ich mich vor Radon schützen?
    www.bfs.de

    Radon - Vorkommen, Auswirkungen und Schutz - Strahlenschutz - sachsen.de


    P.S.: Dem Architekten was anhängen zu wollen, wo man selbst gepennt hat, ist schon heftig. Die erforderlichen Maßnahmen werden in der LPh 5 Ausführungsplaung geplant. Die wurde aber "gespart".

    Verflucht sei, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege!

    5.Mose 27:18

  • Die erforderlichen Maßnahmen werden in der LPh 5 Ausführungsplaung geplant.

    Da bin ich mir nicht sicher. An sich gehört sowas in die LP 1 (Grundlagenermittlung). Ob sich daraus nun ein Versäumnis des Kollegen herleiten läßt, sehe ich aber auch zumindest als zweifelhaft an.

    Meine Beiträge sind Meinungsäusserungen

  • 1. Bauunternehmen beauftragt einen Architekten eine Halle/Werkstatt und Büro (für Eigennutzung) bis zur Baugenehmigung zu planen, welches sie dann selbst errichten. Die Errichtung erfolgt 2021, muss also theoretisch (und praktisch) die zusätzlichen Anforderungen an Radonvorsorge in Neubauten in ausgewiesenen Radonvorsorgegebieten einhalten.

    Ohne Beauftragung der Ausführungsplanung und oder Objektüberwachung dürfte der Kollege kaum haftbar sein für Fehler der Detailplanung oder Ausführung. Aber wofür eigentlich? Stahlbetonkeller - vor allem als WU-Konstruktion - dürften ziemlich radon-dicht sein. Insofern: Gibt es hier überhaupt ein Radon-Problem.

    An sich gehört sowas in die LP 1 (Grundlagenermittlung). Ob sich daraus nun ein Versäumnis des Kollegen herleiten läßt, sehe ich aber auch zumindest als zweifelhaft an.

    dito!

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  • Soviel wie ich bisher rausgelesen habe, sind die gegen Feuchtigkeit getroffenen Maßnahmen in den meisten Fällen schon ein ausreichender Schutz.

    Das Problem liegt im Grunde hier:


    Wer ein Gebäude mit Arbeitsplätzen errichtet, hat generell geeignete Maßnahmen zu planen und auszuführen, um den Zutritt von Radon aus dem Baugrund zu verhindern oder erheblich zu erschweren. Dies gilt als erfüllt, wenn die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlichen Maßnahmen zum Feuchteschutz eingehalten werden (§ 123 StrlSchG).


    --> Das müssen also alle Neubauten mit Arbeits- oder Aufenthaltsräumen beachten, egal wo


    Soll der Neubau in einem ausgewiesenen Radonvorsorgegebiet erfolgen, ist zusätzlich zum Basisschutz eine weitere zusätzliche bautechnische Maßnahme für den Gebäudebereich mit Kontakt zum Erdreich vorzusehen (§ 123 StrlSchG i. V. m. § 154 StrlSchV).


    In den Gebieten muss zusätzlich eine der folgenden Maßnahmen durchgeführt werden, die in der Strahlenschutzverordnung festgelegt sind:

    1.Verringerung der Radon-222-Aktivitätskonzentration unter dem Gebäude,
    2.gezielte Beeinflussung der Luftdruckdifferenz zwischen Gebäudeinnerem und Bodenluft an der Außenseite von Wänden und Böden mit Erdkontakt, sofern der diffusive Radoneintritt auf Grund des Standorts oder der Konstruktion begrenzt ist,
    3.Begrenzung der Rissbildung in Wänden und Böden mit Erdkontakt und Auswahl diffusionshemmender Betonsorten mit der erforderlichen Dicke der Bauteile,
    4.Absaugung von Radon an Randfugen oder unter Abdichtungen,
    5.Einsatz diffusionshemmender, konvektionsdicht verarbeiteter Materialien oder Konstruktionen.


    Zum Thema Haftung habe ich keine Ahnung, es ist auch glücklicherweise nicht mein Problem, aber ich hätte wohl auch erwartet, dass bautechnische Besonderheiten, die sich aus der Lage in einem solchen Gebiet ergeben, schon recht früh angesprochen werden, zumal das ggfs. ja Auswirkungen auf die Kostenschätzung hat. Hätte, hätte...

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  • Der Gesetzgeber scheint das Ganze aber auch nicht so ernst zu nehmen. Anders kann ich mir die folgende Formulierung in § 154 StrlSchV nicht erklären:

    " In den Gebieten [...] gilt die Pflicht [...], geeignete Maßnahmen zu treffen[...] als erfüllt, wenn [...] mindestens eine der folgenden Maßnahmen durchgeführt wird:

    1. [...]

    3. Begrenzung der Rissbildung in Wänden und Böden mit Erdkontakt und Auswahl diffusionshemmender Betonsorten mit der erforderlichen Dicke der Bauteile,
    4. [...]"


    Begrenzung der Rissbildung - auf welche Werte?

    "diffusionshemmende Betonsorten mit der erforderlichen Dicke" ?

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    5.Mose 27:18

  • Ohne Beauftragung der Ausführungsplanung und oder Objektüberwachung dürfte der Kollege kaum haftbar sein für Fehler der Detailplanung oder Ausführung. Aber wofür eigentlich? Stahlbetonkeller - vor allem als WU-Konstruktion - dürften ziemlich radon-dicht sein. Insofern: Gibt es hier überhaupt ein Radon-Problem.

    dito!

    Es gibt keinen Keller, nur eine Bodenplatte. Keine Ahnung, ob die Zusatzkriterien nach der Strahlenschutzverordnung da eingehalten sind...

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  • Ohne Beauftragung der Ausführungsplanung und oder Objektüberwachung dürfte der Kollege kaum haftbar sein für Fehler der Detailplanung oder Ausführung.

    Selbst wenn man meiner Sichtweise folgt (LP 1), dann hat der Kollege ggf. Dusel gehabt und zufällig genau die Materialen "vorgesehen", die das


    3.Begrenzung der Rissbildung in Wänden und Böden mit Erdkontakt und Auswahl diffusionshemmender Betonsorten mit der erforderlichen Dicke der Bauteile,

    erfülllen.

    Die konkrete Auswahl der erforderlichen Bewehrung und des Betons (Spezifikation) wären dann Aufgabe von LP 5 - die ja nicht beauftragt war.

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  • Mal etwas allgemeiner nachfragend: Was muss der Architekt im Vorfeld eigentlich alles wissen? Das Bauübliche (B-Plan & Co), evtl. Erdbebengebiet, evtl. Alt-Munition. Das kann man wissen, wenn man dort in der Umgebung baut.


    Radon ist für mich jetzt gänzlich neu. Nicht dass es Radon gibt, sondern dass hierfür extra Maßnahmen erforderlich sein können.


    Wie sollte man alles abfragen? Wenn man von der Thematik niemals gehört hatte?

  • Wie sollte man alles abfragen? Wenn man von der Thematik niemals gehört hatte?

    Genau DAS ist das Problem, wenn Du abseits "Deines" Kirchturms baust. Ich kenne Kommunen, da steht sowas im B-Plan und die ortskundigen Kollegen rollen mit den Augen. Es gibt aber halt auch die, die auf die Ortskenntnis der Bauherren setzen.


    Wenn der Bauherr (vielleicht aus Unkenntnis) nichts sagt, wirds eng. Vor allem, wenn er hinterher einen Schuldigen sucht und unter temporärer Demenz/Amnesie leidet

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  • Es gibt keinen Keller, nur eine Bodenplatte. Keine Ahnung, ob die Zusatzkriterien nach der Strahlenschutzverordnung da eingehalten sind...

    Ich korrigiere mich selbst:

    Stahlbetonkeller oder Bodenplatten - vor allem als WU-Konstruktion - dürften ziemlich radon-dicht sein. Insofern: Gibt es hier überhaupt ein Radon-Problem?

    Radon ist für mich jetzt gänzlich neu. Nicht dass es Radon gibt, sondern dass hierfür extra Maßnahmen erforderlich sein können.

    In bestimmten geologischen Formationen ist das ein alter Hut, den man dort auch kennt und in der Planung beachtet. Davon ist aber nur vielleicht 1 % der Grundfläche von D betroffen.

    Wie sollte man alles abfragen? Wenn man von der Thematik niemals gehört hatte?

    Unwissenheit schützt vor Haftung nicht, aber in den wenigen betroffenen Gebieten kennen viele Kolleginnen und Kollegen das Problem. Wenn man natürlich von Projekt zu Projekt durch die Welt jettet ...

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