Grenzbebauung über 15m bei Bestand + Höhe Garage Walmdach

  • Liebe Experten,


    Ich bin noch ganz frisch, da wir gerade in der Planung unseres Bauvorhabens sind, hab aber schon viel hilfreiches im Forum gelesen. Ich habe eine Frage bzgl. der Grenzbebauung, da sich bei unserem Grundstück eine kleine Besonderheit ergibt. Das Grundstück befindet sich in NRW.


    Wir planen eine Einzelgarage mit 7m Grenzbebauung und eine separate Doppelgarage mit 8m Grenzbebauung. Zudem haben wir einen bestehenden Schuppen (ehem. Hühnerstall von 1930), der an einer Grundstücksecke positioniert ist und auf der einen Seite 8m und auf der anderen Seite 6m die Grenze bebaut. Diesen möchten wir für Gartengeräte etc. gerne stehen lassen.

    Siehe auch die angehängte Skizze.


    Dass dies so nicht genehmigt wird ist klar, da über 15m Grenzbebauung besteht (und mehr als 9m an einer Seite). Nun sagte mir die nette Dame am Bauamt, dass meine Nachbarn eine Baulast eintragen müssten, dann ginge es.


    Nun zu meinen Fragen:


    I.

    Welche Nachbarn müssen die Baulast eintragen? Kann ich mir so zu sagen aussuchen, welche es machen, so lange die Grenzbebauung bei allen anderen <= 15m (und unter 9m an einer Seite) ist? Oder gibt es eine vorgegebene Reihenfolge?


    II.

    Die separate Doppelgarage ist mit 3m Mauernhöhe plus Walmdach mit 30 Grad Neigung geplant. Gibt es hier eine Höchstgrenze für das Dach? Ist mein Verständnis richtig, dass mein Dach nicht zur mittleren Mauerhöhe hinzugerechnet wird, da 30 Grad oder kleiner?


    Sonderfrage: Hat die 12m lange Nachbargarage von Nachbar 5 irgendeine Bedeutung für mich? Eine Baulast besteht auf meinem Grundstück nicht.


    Ganz herzlichen Dank für die Hilfe vorab.


    Chris

  • Hallo und willkommen,


    ohne die genauen Regeln in NRW zu kennen - ich würde es wie folgt einschätzen:


    I. ist egal

    II. wird vmtl. nicht mitgerechnet

    III. nein, da keine Baulast vorhandenen

    Gefährlich ist's, wenn Dumme fleißig werden!

  • Welche Nachbarn müssen die Baulast eintragen?

    Nach gezeigtem Planungsstand sind auf jeden Fall 1 oder 2 mit dabei, da immer vom Baugrundstück ausgegangen wird und bei angenommener Einnordung der Skizze die Grenzbebauung Deiner Westgrenze 16m beträgt.


    Gibt es hier eine Höchstgrenze für das Dach?

    Nein, jedenfalls nicht nach Landesbauordnung. Ob es einen Bebauungsplan gibt, hast Du bisher nicht verraten.


    Ist mein Verständnis richtig, dass mein Dach nicht zur mittleren Mauerhöhe hinzugerechnet wird, da 30 Grad oder kleiner?

    Ja, wenn Du verstanden hast, dass die Wandhöhe bis zur Dachhaut gemessen wird. Sofern es Dachüberstände gibt ist dieser Bezugspunkt am fertigen Gebäude nicht erkennbar, da es der fiktive Schnittpunkt der Verlängerung der Außenwand mit der Oberkante der Dachziegel ist. Je nach Dachkonstruktion zählt also ein Teil des Daches unabhängig von seiner Neigung zur Höhe dazu.

    Hat die 12m lange Nachbargarage von Nachbar 5 irgendeine Bedeutung für mich?

    Theoretisch schon, da eine Baulast sein Gebäude legalisieren würde oder zumindest keine Einschränkung für Ihn bedeutet und somit das Einverständnis leicht zu bekommen sein sollte. Praktisch nicht, da diese Baulast alleine ja nicht ausreicht. Du brauchst ja mindestens zwei Nachbarn die mitspielen und da der Schuppen nach heutigem Recht dort gar nicht errichtet werden dürfte, ergäben IMHO die Eintragungen bei den Nachbarn 2 und 3 den meisten Sinn.


    Noch sinnvoller könnte es sein, die Doppelgarage wegzulassen und statt der Einzelgarage eine Dreifachgarage zu bauen. Dann müsste man tatsächlich nur Nachbar 5 fragen. Aber dafür ist zu wenig zum Vorhaben bekannt.

  • Vielen Dank für die raschen und guten Antworten!


    Einen Bebauungsplan gibt es nicht.


    Was ich noch nicht ganz verstanden habe :

    Müssen Nachbar 1 und 2 eine Baulast eintragen, da ich 16m Grenzbebauung habe an der Westseite (linke Seite der Skizze)?

    Oder genügt es, dass Nachbar 2 und 3 eine Baulast eintragen?

    Wie funktioniert das mit der Baulast bzgl des Bauantrags: Wird es im Rahmen der Prüfung des Bauvorhabens einen Schritt geben, bei dem das Amt die Nachbarn fragt, ob sie Baulasten akzeptieren oder muss ich das im Vorfeld irgendwie mitteilen?


    Bezüglich der Idee einer Dreifachgarage im Osten (rechts zum Nachbarn 5) haben wir uns dagegen entschieden, weil sonst Autos ständig umgesetzt werden müssten. Das fanden wir bei hintereinander parkenden Autos unpraktisch.

  • Müssen Nachbar 1 und 2 eine Baulast eintragen, da ich 16m Grenzbebauung habe an der Westseite (linke Seite der Skizze)?

    Nein.


    Oder genügt es, dass Nachbar 2 und 3 eine Baulast eintragen?

    Ja.


    Wird es im Rahmen der Prüfung des Bauvorhabens einen Schritt geben, bei dem das Amt die Nachbarn fragt, ob sie Baulasten akzeptieren

    Nein. Mit dem Bauantrag müssen Lösungen für bauordnungswidrige Zustände vom Bauherrn bzw. seinem Entwurfsverfasser angeboten werden. Formell kann das aber gleichzeitig geschehen, also die Baulasten können mit dem Bauantrag beantragt werden.


    muss ich das im Vorfeld irgendwie mitteilen?

    Ja. Nachdem Du die grundsätzliche Bereitschaft Deiner Nachbarn eingeholt hast, gehst Du zur Baulastenstelle Deiner Genehmigungsbehörde und fragst nach dem genauen Ablauf und den genauen Formulierungen für die Verpflichtungserklärungen. Jede Behörde tickt da ein bischen anders. Üblicherweise brauchst Du einen amtlichen Lageplan mit Darstellung der belasteten Flächen. Die Behörde bereitet die Verpflichtungserklärungen vor und die müssen dann vor Ort von den Baulastübernehmern unterschrieben werden (gibt auch kompliziertere Alternativen mit Beglaubigung usw.). Vielleicht kennt sich aber auch Dein Planer oder Vermesser mit den Gepflogenheiten vor Ort aus.

    Bezüglich der Idee einer Dreifachgarage im Osten (rechts zum Nachbarn 5) haben wir uns dagegen entschieden, weil sonst Autos ständig umgesetzt werden müssten. Das fanden wir bei hintereinander parkenden Autos unpraktisch.

    Das Grundstück ist ja breit genug für drei nebeneinander liegende Garagen. Wäre sowieso zu prüfen, ob Du zwei Einfahrten anlegen darfst, viele Gemeinden lassen das nicht zu. Aber wie gesagt müsstest Du für derartige Diskussionen mehr über das Vorhaben offenbaren.

  • Liebe Community,


    Ich habe nochmal eine Zusatzfrage (bzw. mehere) bzgl. Bestandsschutz. Ich habe im Forum und Netz gesucht, kann aber die Gegebenheiten in meinem spezifischen Fall nicht ganz nachvollziehen.


    1. Liege ich richtig, wenn ich annehme, dass für meinen Schuppen Bestandsschutz besteht?

    Das Gebäude wurde als ‚Karrenschuppen und Remise‘ 1928 beantragt und genehmigt (und entsprechend gebaut) (wahrscheinlich werde ich mich jetzt streiten dürfen über die Bedeutung des Wortes Remise oder Karren…)


    2. Unter der Annahme, dass Bestandsschutz besteht, inwiefern werden Immobilien mit Bestandsschutz bei der Berechnung der Grenzbebauung auf einem Grundstück berücksichtigt?

    In meinem Beispiel konkret: Darf ich bei meinem Bauvorhaben zusätzlich zum geschützten Bestand 15m Grenzbebauung errichten? Oder zählt der Bestand voll hinzu, genießt nur Schutz falls er > 15m Grenzbebauung entspräche oder sonstigen, aktuell gültigen Regeln widerspräche?


    3. Wo kann ich dies genau nachlesen? In der Landesbauordnung NRW kann ich keine spezifischen Regeln dazu finden



    Danke Euch!

  • 1. Liege ich richtig, wenn ich annehme, dass für meinen Schuppen Bestandsschutz besteht?

    Davon würde ich ausgehen, schließlich wurde der Schuppen ja genehmigt.



    2. Unter der Annahme, dass Bestandsschutz besteht, inwiefern werden Immobilien mit Bestandsschutz bei der Berechnung der Grenzbebauung auf einem Grundstück berücksichtigt?

    Das hat mit Bestandsschutz nichts zu tun. Es werden alle vorhandenen "Gebäude" berücksichtigt. Sonst könnte man ja alle paar Jahre erneut etwas auf das Grundstück hinzu stellen, und irgendwann wäre die Grenze komplett bebaut.


    Bestandsschutz würde das Gebäude schützen, wenn es damals genehmigt wurde bzw. genehmigungsfähig war, und heute die Grenzbebauung verletzen würde. Also beispielsweise wenn eine damals genehmigte 20m Scheune auf der Grenze stehen würde. Dann darf diese erhalten und genutzt werden, auch wenn heute nur 15m zulässig wären. Das ist beispielsweise wichtig für landwirtschaftliche Betriebe im Innenbereich die vor Ewigkeiten errichtet wurden. Damals hat man alle Gebäude auf die Grenzen gesetzt, in der Mitte eine Hoffläche.


    Dieser "Bestandsschutz" bedeutet jedoch nicht, dass man jetzt einfach noch einmal 15m hinzu bauen darf. Er sichert nur das zu schützende Gebäude, so dass es weiterhin genutzt und instandgehalten werden kann. Der Bestandsschutz dient also "nur" dazu, dass ein rechtmäßig errichtetes Gebäude im Laufe seiner Nutzungsdauer nicht durch Veränderungen durch Verordnungen o.ä. gesetzeswidrig wird.


    3. Wo kann ich dies genau nachlesen? In der Landesbauordnung NRW kann ich keine spezifischen Regeln dazu finden

    Der Schutz des Eigentums ergibt sich aus dem GG. Daraus entwickelten sich dann Regelungen die anzuwenden sind.


    Mehr Details siehe hier:


    Bestandsschutz im öffentlichen Baurecht - Baurecht für Architekten: Urteile, Rechtsprechung im Bauwesen | BauNetz.de


    In den Bauordnungen finden sich m.W. keine Ausnahmen für Bestandsgebäude, das würde auch keinen Sinn ergeben.


    d.h. Für die Beurteilung ist die Bebauung zum Beurteilungszeitpunkt wichtig, unabhängig davon, wann die Bauten errichtet wurden.


    Für Deinen Fall bedeutet das:


    Entweder Du errichtest nur Garagen unter Einhaltung der 15m für alle Bauten zusammen, ODER aber s.o. Baulast.

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    .

  • Bestandsschutz für den Schuppen besteht, wenn er damals genehmigt wurde. Wenn er nicht genehmigt wäre aber zum Zeitpunkt der Errichtung genehmigungsfähig gewesen wäre, könne man ihn nachträglich legalisieren lassen.

    Bei uns in Ba-Wü hat sich das Baurecht ab 1964 grundsätzlich geändert. Von daher kann es durchaus sein, dass Gebäude, die vor diesem Zeitpunkt errichtet wurden, nach diesem Stichtag nicht mehr genehmigungsfähig wären.


    Gruß