Nähere Umgebung BauGB Paragraph 34 (1)

  • Hallo zusammen,

    Mein Mann und ich möchten auf dem Grundstück meiner Eltern, wo bereits deren Einfamilienhaus steht, ein weiteres Einfamilienhaus in Marl bauen. Die Siedlung, in der wir bauen, unterliegt dem Paragraphen 34 (1) BauGB.

    Die erste Bauvoranfrage hat ergeben, dass wir uns von der Tiefe der Bebauung her an den Häusern Nr. 4 und 6 AUF UNSERER STRASSENSEITE (insg. 6 Stück) orientieren sollen, wobei Nr. 6 am weitesten in die Tiefe des Grundstückes hineingebaut hat.


    Die 2. Bauvoranfrage hat ergeben, dass wir uns doch nur noch an Haus Nr. 4 orientieren dürfen. Dadurch wird unser Grundriss aber zu nichte gemacht.


    Der Sachbearbeiter der Stadt hat uns aufgefordert, ihm Gerichtsurteile zukommen zu lassen, in denen "die Nähere Umgebung" aus Paragraph 34 (1) sich nicht nur auf eine Straßenseite bezieht sondern auf einen Größeren Bereich.


    Es gibt Nachbarn, die im gleichen Bebauungsgebiet wohnen, 1 oder 2 Straßen weiter, die aber noch viel weiter in die Tiefe des Grundstückes gebaut haben als wir überhaupt vor haben. Diese wohnen nach seiner Definition aber zu weit weg bzw nicht auf unserer Straßenseite.


    Frage: kennt ihr Gerichtsurteile aus NRW! dazu, in denen der Betrachtungsbereich ausgeweitet wurde? Oder könnt ihr mir da irgendwie weiterhelfen?


    Habt vielen Dank 🙏

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Julia,


    gibt es einen Lageplan dazu, der das Beschriebene graphisch nachvollziehbar macht?


    Grundsätzlich: Das Einfügungsgebot umfasst nicht Baugestaltungen der anderen Häuser, die man übernehmen muss. Das Einfügungsgebot besagt, dass man sich an der Umgebung zu orientieren hat, was das Maß der baulichen Nutzung anbelangt!


    Wenn also -beispielsweise- in der Umgebung 30%, 32%, 28%, 35% usw. des Grundstücks überbaut haben, solltest Du jetzt nicht mit 40% daherkommen.


    Was die Orientierung/ Situierung auf dem Grundstück anbelangt, so habe ich es (hier bei uns) auch schon öfter erlebt, dass man gerne eine sog. "fiktive Baulinie" definiert. Das ganze eben um eine nicht zu uneinheitliches Straßenbild sicherzustellen. Dass man sich dabei aber an einzelnen Häusern orientieren müsse, wäre mir neu. Von daher...Lageplan?

  • ... ergänzend würde mich noch die Thematik 1. und 2. "Bauvoranfrage" interessieren.


    Falls es tatsächlich Bauvoranfragen waren, wären die Auskünfte bindend und könnten sich nicht plötzlich grundlos ändern.

    Verflucht sei, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege!

    5.Mose 27:18

  • Danke für eure Antworten.

    1)Einen Lageplan von unserem Grundstück inkl. Bestandsbau und Bauvorhaben mit dem Kataster als Grundlage müsste es geben, kann ich aber erst frühestens Montag besorgen. Wenn es aber nur um die konkrete Adresse geht, könnte ich sie theoretisch durchgeben.


    Wir müssen uns nicht nach bestimmten Häusern richten. Aber da es hier um eine möglichst tiefe Bebauung geht und nr 4 und 6 am weitesten in den Garten rein gebaut haben, hätten wir deren tiefe übernehmen dürfen. Wobei die tiefe von nr. 6 dürfen wir auf einmal nicht mehr ansetzen, da der überdachte balkon die wahre tiefe verfälscht. Und die tiefe von nr 4 lässt unser Bauvorhaben platzen.


    2) es waren beides Bauvoranfragen.


    3)ergänzend muss ich wohl noch hinzufügen, dass auf genau der Fläche, wo wir jetzt bauen wollen, noch allerlei Ställe stehen (gemauert, teilweise mit spitzdach). Diese würden wir abreißen und statt dessen unser efh drauf bauen. Die überbaute und versiegelte Fläche wäre daher gleich. Durch die nutzungs Änderung gefällt dem herrn von der Stadt das aber nicht mehr.


    4) der Artikel von Rechtslupe liest sich interessant aber wir kommen wohl nicht drum herum einen Anwalt hinzu zu ziehen.


    Vielen Dank nochmal für eure Antworten. Ich hatte gehofft, dass mir jemand sagen kann " das Gerichtsurteil von xxx hat ergeben, dass man auch z.b. die gegenüberliegende Straßenseite betrachten darf" oder so ähnlich. Aber So pauschal kann man das wohl nicht sagen. Ich bin zwar studierte Ingenieurin aber keine juristin. Von daher werde ich mir Montage einen Anwalt suchen.


    Viele Grüße!

    Julia

    • Offizieller Beitrag

    2) es waren beides Bauvoranfragen.

    Nochmals: Waren es Formlose Bauvoranfragen oder "Antrag auf Vorbescheid" (mit allem klimbim wie z.B. Lageplan, Bauzeichnungen/ Skizzen und Formblättern). Wenn genehmigter Antrag auf Vorbescheid, so entwickelt dieser eine Rechtskraft. Ist es genehmigt, so besteht dann auch ein Anspruch auf eine (spätere) Baugenehmigung, was die angefragten Punkte anbelangt.


    Bei einer formlosen Bauvoranfrage sieht das anders aus.


    Warum gibt es zudem 2 Bauvoranfragen?