Hallo an Alle!
Hier mein zweiter Thread, zu meiner neuen, kleinen Traum-Wohnung, die ich gerne aus den 1960ern in die Neuzeit katapultieren würde.
Ich hatte letztens eine Frage zu Asbest in der Tapete, die ihr mir super beantworten konntet. Vielen lieben Dank dafür!
Dennoch geht mir das alles nicht aus dem Kopf. Ich bin Anfang 30 und habe natürlich von der ganzen Asbest Geschichte in der Vergangenheit gehört. Da war ich allerdings um die 8-10 Jahre alt als es groß wurde. Ich erinnere mich gut an die Nachrichten in denen der Horror vor dem in Bibliotheken, Schulen und Büros eingesetzten Asbest groß war. So habe ich mir das dann auch abgespeichert. Asbest= Isolation in Zwischendecken, Isolation unterm Dach, Isolation in/hinter Heizungen und die Klassiker wie die Blumenkästen, Wellbetondach-Dinger und Eternitplatten an Hausfassaden. Dass sie damals das Zeugs in so ziemlich allem was es im Hausbau gibt reingebuttert haben war mir bis letzte Woche überhaupt nicht klar...
Natürlich sollte man sich vor dem Kauf informieren und nicht erst danach, aber es gab so viele Dinge zu beachten und in meinem näheren Bekanntenkreis gab es Niemanden, der mir mit Rat und Tat und vor allem Erfahrung zur Seite stand. Somit konnte ich es nicht ahnen. Ausserdem kommt die Immobilien Situation dazu, wo eine Besichtigung sich ja schon anfühlt wie ein Vorsprechtermin für die nächste Festanstellung...
Genug Rumgejammert!! Ich habe einige Fragen, die mir die letzten Tage gekommen sind und hoffe ein bisschen auf eure Hilfe. Ich versuche meine Gedanken so gut wie möglich zu strukturieren und hoffe, dass es auch Spaß macht und ihr vielleicht sogar ein bisschen Bock habt mir unter die Arme zu greifen.
Ich habe mich jetzt eine Woche intensiv damit auseinandergesetzt und einiges an Informationen bis zum Umfallen aufgesagut. Momentan qualmt mein Hirn!
macmike771 sarkas Skeptiker KatMat und alle anderen Experten, die Lust haben Ihre Expertise zu teilen und mir helfen wollen Licht ins Dunkle zu bringen: Seid gerne meine Sherlocks, ich bin mehr als gerne euer Watson!
Zur Allgemeinen Situation:
1) Kann es sein, dass Asbest ein leidiges Thema ist, von dem niemand hören will? Ich habe 3 Freunde, die ihr Elternhaus geerbt und renoviert haben. Von denen hat sich niemand um Asbest unter Bodenbelägen, in den Wänden etc geschert. Auch nicht die Handwerker, die teilweise neue Leitungen Unterputz verlegt haben etc. Die haben im Prinzip genau das gemacht wovon ich schon immer träume. Eine alte Bude aus den 60-80 Jahren neu und schön gemacht. Haben die sich alle unwissentlich einem massiven Gesundheitsrisiko ausgesetzt? Oder ist es Gang und Gäbe einfach loszulegen ohne sich darüber Gedanken zu machen?
Ich meine bei den ganzen Fernsehshows in denen ich in den letzten 35 Jahren ganze Armeen von Handwerkern habe genau solche Bauten renovieren sehen, ist noch nie das Wort Asbest gefallen. Die ballern die Wände weg, vergößern die Küche, entkernen das Bad komplett und fertig. Wieso hört man so wenig davon, wenn jeder Laie auch oft selber das Elternhaus renoviert...
2) Ist dann nicht jedes einzelne Haus/Wohnung zwischen 1950-1980 eigentlich wertlos bzw. sein Geld nicht wert? Bei den ganzen Schadstoffen, die sie damals verbaut haben. PAK, Asbest, PCB und der Rest der schwarzen Schafe: Ich meine die ganzen Sanierungen fachgerecht zu machen um daraus ein "Altlastenhaus" ins 21. Jahrhundert zu sanieren ist doch finanziell ein Supergau... Und bei den ganzen Häusern die es aus der Zeit gibt ist es ja mehr die Regel, dass da gesundheitsschädliche Stoffe sind als nicht.
Zur Wohnung selbst:
Die Wohnung befindet sich in der Nähe vom Bodensee. Allerdings in Österreich. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal was mit Österreich zu tun haben werde. Nach langer, langer Suche haben wir etwas gefunden, aber auf der anderen Seite der Grenze. Obwohl das so nie geplant war. Hoffe es wird nie zu einem Ö-Xit kommen!
Die Wohnung ist klein aber fein und hat einen Ausblick, der einem den Atem verschlägt. Es sind insgesamt gerade 50 qm Fläche mit 20qm Balkon. In einem Haus, das ehemals eine Pension war, die zu Wohnungen umfunktioniert wurde.
Zur Haus-Historie:
- Errichtet wurde das Haus 1966-67.
- 1972 wurden Garagen angebaut.
- 1977 kam eine Kubaturerweiterung.
- 1980 muss die Wohnung renoviert worden sein, da ich alte Zeitungsartikel mit dem Datum in den Verteilern unter der Tapete gefunden habe
- 1987 wurde das Dach ausgebaut. DIe Wohnung befindet sich im 1.OG.
- 1994-96 wurde das Haus dann umfunktioniert und die einzelnen Wohnungen verkauft.
- 1996 wurde dann vor dem Verkauf der Wohnungen ein Nutzwertgutachten erstellt.
In dem Gutachten steht zur Bausubstanz:
- Grundverhältnisse: Schotterboden
- Fundierung: Streifenfundamentierung
- Horizontalisolierung: Sperrbeton
- Vertikalisolierung: Sperrputz
- Installation: Standart
- Umfassungswände: Isoliersteinmauerwerk
- Zwischenwände: Ziegel und Leichtbauwände
- Decke: Beton
- Teppenhaus: Beton
- Dachkonstruktion: Pfettendach mit Unterdach
- Dacheindeckung: Hartdeckung
- Äußere Verkleidung: Strukturputz und Holztäfer
- Fußböden: Estriche mit diversen Belägen
- Wand- und Deckenverkleidung: Strukturputz
- Fensterbänke: Alu
- Elektroinstallation: Standart den TVA-entsprechend
Der Bauherr lebt sogar noch im Haus. Er ist allerdings Mitte 80, leicht senil und hat Parkinson. Als ich versuchte etwas über die Baumaterie herauszufinden hat er mir seine gesamte Lebensgeschichte und die des Hauses erzählt. Allerdings nicht das, was ich wissen wollte oder gar gefragt habe Stattdessen hat er mir stolz erzählt, dass er das Haus damals in den 60ern schwarz gebaut hat und sie ein gefaketen Firmenbanner ans Aussengerüst gehängt haben. So ist es nicht aufgefallen
. Ist also schwer da verlässliche Informationen rauszhören. Er redet viel und gerne aber was genau stimmt kann ich nicht sagen...
Zu Meiner Situation:
1) Was ist die allgemeine Vorgensweise in Bezug auf Schadstoffe nachdem man einen Altbau gekauft hat? Ich habe vor die Wohnung zu sanieren um für mich und meine kommende Familie eine kleine Sicherheit zu schaffen. Mich beunruhigt das ganze Thema Schadstoffe ungemein. Und durch mein leichtes Hypochonder Dasein, denke ich immer die Horrorszenarien bis zum Ende aus. Die Wohnung ist keine Bruchbude und eingentlich liebevoll in Schuss gehalten worden. Allerdings hängt sie irgendwo zwischen den 60ern und 80ern fest. Muss ich einen Schadstoffexperten/Baubiologen kommen lassen bevor ich selber Hand anlege?
Ich würde ja auch einen Gutachter kommen lassen, aber momentan kann ich gar nicht abschätzen welche Kosten da potentiell auf mich zukämen und was das für rechtliche Konzequenzen hätte. Eins ist aber sicher: Gesundheit steht bei mir über dem Geld. Trotzdem tun 10'000€ mehr als weh, vor allem wenn man sich das Geld von Anfang an durch Verzicht auf Urlaub etc und viel Arbeit angespart hat.
2) Kann ich überhaupt selber renovieren ohne mich und meine Frau zu gefährden? Wir hatten eigentlich vor das Meiste selber zu machen. Wasser/Strom soll alles bleiben wie es ist. Aber wir hatten vor "kleinere Umbauten" selber zu machen. Jetzt bei all den Sachen, die ich gelesen habe, habe ich das Gefühl, ich kann gar nicht mehr selber Hand anlegen.
Hier mal meine "To Do vs. Potentielle Gefahrenstoff" Liste:
- Alte Tapete runtermachen und den Putz neu streichen vs. Asbest im Putz/Spachtel
- 2 Türrahmen rausmachen und daraus offene Durchgänge zu machen vs. Asbest im Putz/Spachtel
- Neue Sockelleisten anbringen vs. Asbest im Putz/Spachtel
- Die alten Teppichböden rausreissen, Klickparkett mit Dämmung schwimmend verlegen vs. PCB + Asbest im Kleber
- An einer Stelle ca. 4 qm PVC Boden entfernen vs. Cushion Vinyl Asbest
- Alte Einbauküche raus (an einer Stelle Leichtbauwände), neue Küche rein vs. Asbest in Leichtbauplatten/Fugenspachtel
- LED Leisten unter der Decke anbringen vs. Asbest im Putz/Spachtel
- Bad neu machen lassen/umstrukturieren vs. Asbest im Fließenkleber
- Stromkabel neu ziehen lassen und moderne Stedkdosen anbringen vs. Teerpappe PAK bzw. Asbestpappe in Steckdose
- Heizkörper austauschen lassen vs. Asbestplatte Unterputz hinter Heizkörper
Das wäre so ziemlich alles. Das sind alles keine massiven Eingriffe in die Bausubstanz aber ich habe mittlerweile das Gefühl, ich kann nicht einmal guten Gewissens ein Regal aufhängen weil ich da potentiel in Asbestputz oder in eine Asbesthaltige Leichtbauplatte bohre. Geschweige denn den Teppichboden rausreissen. Ist das nun Paranoia oder berechtigt?
Wenn ich Handwerker beauftragen würde, dann fangen die ja einfach an zu arbeiten. Die wollen nichts von Asbest wissen und am Ende sind sie wieder weg und wir atmen schön in der Wohnung weiter. Für mich klingt das wie ein Dillema.
Ich habe mir einige Hacks schon ausgedacht. Das Bad würde ich z.B. einfach überfließen lassen ohne das alte Material rauzszuklopfen. Allerdings ist dann immernoch das Thema Duschwanne. Die muss rausgerissen werden.
Anderes Thema im Bad ist der Entlüftungsschacht (Innenbad) ist der vielleicht belastet? Ich blicke langsam nicht mehr durch, wo bei mir gesunder Menschenverstand aufhört und Paranoia anfängt. Momentan habe ich das Gefühl eine Wohnung bei Chernobyl statt am Bodensee gekauft zu haben....
Könnte mir den Kopf gegen die Wand hauen aber selbst da habe ich momentan Schiss, dass Putz von der Wand bröckelt.
Spaß beiseite: Ich freue mich sehr auf den Input jedes einzelnen. Ich bin sehr interessiert was das Thema angeht und bereit zu lernen bevor ich einfach dumm draufloslege. Andererseits brennt es mir natürlich unter den Fingernägeln!
Grüße an alle! Ich halte euch auf dem Laufenden!
Klausi