vorzeitige Abnahme wegen Steuerersparnis

  • Hallo an alle,

    angenommen jemand baut zurzeit ein schlüsselfertiges Haus, klassisch mit einem Generalunternehmer (GU), der wiederum einzelne Subunternehmen für die einzelnen Gewerke beauftragt.

    In dem im Januar 2020 unterschriebenen Vertrag wurde vereinbart, dass die Hausbausumme je nach Fertigstellung der Gewerke in einzelnen Bauraten überwiesen werden soll. Wenn also z.B. der Dachstuhl errichtet wurde, wäre die Baurate 5 an der Reihe, die z.B. 10% der Gesamtsumme ausmacht. Das Haus soll nach Fertigstellung abgenommen werden.

    Nur Malerarbeiten und Fliesenlegerarbeiten wurden als Eigenleistung aus dem Gesamtvertrag herausgerechnet. Diese werden von dem Bauherren an ihm bekannte Firmen vergeben.

    Die Firmen sowie der GU werden wegen Weihnachten nur bis zum 22.12.2020 arbeiten.

    Wie jeder weiß, existiert die MwSt-senkung (16%) nur noch bis zum 31.12.2020. Die gesenkten 3% machen bei einem Hausbau eine erhebliche Summe aus.

    Der Bauherr steht nun vor dem Problem, dass der Estrich am 29.10.2020 verlegt wurde, der Gasanschluss jedoch erst am 23.11. folgt und demnach erst ab dem 24.11. die Fußbodenheizung hochgeheizt werden kann. Von dem Heizprogramm (insgesamt 17 Tage) ausgehend, könnten Maler und Fliesenleger erst ca. am 12.12.2020 mit ihren Arbeiten beginnen.

    Ab dem 12.11.2020 wären dann noch folgende Arbeiten offen:

    - Malerarbeiten (Eigenleistung)

    - Fliesenarbeiten (Eigenleistung)

    - Montage Sanitärobjekte (WC EG + Badezimmer OG) (GU)

    - Montage Türen (GU)

    - Montage Treppe (GU).

    Es können definitiv nicht mehr alle Arbeiten bis zum 22.12.2020 vollendet werden.

    Möglich erscheint, dass das WC im EG gefliest und die Sanitärobjekte und die Tür zumindest dort auch montiert werden können. Damit wäre das Haus zumindest „bezugsfertig". Außerdem wird die Treppe montiert.

    Frage:

    Gibt es hilfreiche Tipps, wie man die Endabnahme noch am 22.12.2020 machen könnte, wenn einzelne kleinere Leistungen (alle Sanitärobjekte, alle Türen) noch nicht abgeschlossen sind?

    Könnte man beispielsweise die Montage der Türen und restlichen Sanitärobjekte auf Januar 2021 als Restleistung vereinbaren, eine erste große Endabnahme aber bereits am 22.12.2020 machen, um für alle bis dahin abgenommenen Gewerke noch die 16% MwSt zu erhalten?

    Ich bin für alle Antworten dankbar!

  • Was sagt denn der GU zu deiner Idee?

    Wäre ich der GU, würde ich mir jeden Mehraufwand zur steuersparenden Vertragsneugestaltung so fürstlich entlohnen lassen, dass dir ganz schnell die Lust daran vergeht.

  • Gibt es hilfreiche Tipps, wie man die Endabnahme noch am 22.12.2020 machen könnte, wenn einzelne kleinere Leistungen (alle Sanitärobjekte, alle Türen) noch nicht abgeschlossen sind?

    Könnte man beispielsweise die Montage der Türen und restlichen Sanitärobjekte auf Januar 2021 als Restleistung vereinbaren, eine erste große Endabnahme aber bereits am 22.12.2020 machen, um für alle bis dahin abgenommenen Gewerke noch die 16% MwSt zu erhalten?

    Ich bin für alle Antworten dankbar!

    Wie Du korrekt erkannt hast: Entscheidend für den Steuersatz, ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung.

    Die Leistung gilt als erbracht, wenn sie abgenommen wurde, ab da beginnt auch die Gewährleistungsfrist für diesen Teil der Leistung.


    Wenn Du nur die 16% MwSt zahlen willst (aber eben auch die Nachteile daraus akzeptierst), dann kannst Du eine "Teil"abnahme für das bis dahin erbrachte machen. Sinnvollerweise nimmt man dafür einen komplett abgeschlossen bewertbaren Bautenstand und die bis dahin dafür geleisteten Abschlagszahlungen aus dem Zahlungsplan.


    Ich kenne jetzt Deinen Zahlungsplan nicht, aber üblicherweise gibt es da "Meilensteine" nach Baufortschritt und da nimmt man sich dann den letzten, der bis dahin komplett abgeschlossen wurde und spaltet den Vertrag auf (auch nachträglich möglich).


    Ich werde heuer den Rohbau inkl. Fenster, Dachstuhl, Spenglerarbeiten, Rohinstallation und Außenputz als fertiges Gewerk zu 16% MwSt in einer Teilabnahme abnehmen und die Ausbaugewerke dann in der Endabnahme zu 19% nächstes Jahr.

    Mein GU hat damit absolut kein Problem, hat ja auch Vorteile für Ihn (Beginn der Gewährleistung)


    Etwas ausführlichere Infos dazu hier.

  • Danke für Eure Antworten.


    TausT : Welchen Vorteil hat er? Die Gewährleistungszeit pro Gewerk bleibt doch nach meinem Verständnis gleich. Sie beginnt nur zu einem anderen Zeitpunkt.

    Es wäre schön, wenn das wirklich gehen würde. Ich habe nämlich mehrfach schon juristische Bewertungen gelesen, wonach es nicht legitim sei, einen Werkvertrag mit dem GU, der ein schlüsselfertiges Haus zum Gegenstand hat, spontan in einen Teilleistungsvertrag abzuändern, um die MwSt zu sparen. Auf der anderen Seite müsste doch eigentlich ein Bauherr jederzeit im Einvernehmen mit seinem Bauträger einen Werkvertrag inhaltlich von den Leistungen her abändern können, z.B. in dem vereinbart wird, dass der Bauherr die letzten Sanitärobjekte in Eigenleistung montiert.

    feelfree: Der GU ist sich noch nicht ganz sicher, wie man das am besten ausgestaltet. Die Gefahr besteht natürlich darin, dass der GU sich etwas fürstlich entlohnen lässt und schlussendlich das Finanzamt aber sagt, dass die eigentliche Leistung "schlüsselfertiges Haus" erst im Januar 2021 erbracht wurde und demnach 19 % MwSt zu entrichten sind.

  • Danke für Eure Antworten.


    TausT : Welchen Vorteil hat er? Die Gewährleistungszeit pro Gewerk bleibt doch nach meinem Verständnis gleich. Sie beginnt nur zu einem anderen Zeitpunkt.

    bei Dir mag das jetzt nicht viel ausmachen, weil vermutlich nur ein paar Wochen dazwischen liegen.

    Wenn jetzt aber z.B. 1/2 Jahr dazwischen liegt und Du erst am 1.7.2021 alles in Summe abnimmst, dann gilt z.B. die Gewährleistung für die Fenster 5 Jahre ab 1.7.

    Wurde der Rohbau mit Fenster aber am 1.12.20 abgenommen, gilt die Gewährleistung nur 5 Jahre ab 1.12.20, obwohl die Fenster zum gleichen Zeitpunkt eingebaut wurden.

    Ein Sommer weniger Risiko von Verziehen der dunklen Rahmen bei hohen Temp/Sonne z.B..

    Oder auch die el. Bauteile (oft nur 2 Jahre Gewährleistung) wie Rollomotoren die in der Regel mit den Rollos/Fenstern verbaut werden müssen dann eben nur 1,5 Jahre nach "Einzug" halten

  • nach meinem bisherigen Verständnis sollte man mit einer solchen Aufsplittung sehr vorsichtig sein oder anders gesagt ist eine Teilabnahme nicht von bedeutung


    Aber in diesem Fall sollte es möglich sein.

    Wenn das Gebäude bezugsfertig ist sollte es möglich sein die Abnahme zu machen und die fehlenden (geringfügigen) Leistungen als Mangel zu notieren.

    • Offizieller Beitrag

    Wäre ich der GU, würde ich mir jeden Mehraufwand zur steuersparenden Vertragsneugestaltung so fürstlich entlohnen lassen, dass dir ganz schnell die Lust daran vergeht.

    Ich sehe da keinen Spielraum für den den GU.


    Die Abnahme des Werkes ist ein einseitiges Rechtsgeschäft des AG. Erklärt dieser die Abnahme förmlich gegenüber dem AN als Teilabnahme der schon fertig gestellten Gewerke, bleibt dem AN gar nichts anderes übrig, als die Rechnung mit dem nach geltendem Recht gültigen Mehrwertsteuersatz zu stellen.

    Tut er es nicht, ist die Rechnung schlicht falsch.

    Wichtig wäre zu wissen, ob der Preis brutto oder netto vereinbart wurde und/oder ob es Klauseln zur Mehrwertsteuersatzänderung gibt.

    Wenns blöd läuft, bleibt nämlich die Ersparnis beim GU.


    Dem AG muss natürlich auch klar sein, welche Folgen die Abnahme hat. Gefahrübergang, Beginn der Gewährleistungsfirst etc....

    • Offizieller Beitrag

    Die Abnahme des Werkes ist ein einseitiges Rechtsgeschäft des AG. Erklärt dieser die Abnahme förmlich gegenüber dem AN als Teilabnahme der schon fertig gestellten Gewerke, bleibt dem AN gar nichts anderes übrig, als die Rechnung mit dem nach geltendem Recht gültigen Mehrwertsteuersatz zu stellen.

    Die Ursprungsfrage ist schon steuerrechtlich nicht ganz einfach zu beantworten, weil das Umsatzsteuergesetz UStG sehr detaillierte Regelungen enthält, die es zu beachten gilt, von den privatrechtlichen Konsequenzen 'mal ganz abgesehen. Entsprechend bewanderte Juristen sehen die Lage sehr differenziert. Ich als steuerrechtlicher Laie beschränke mich auf's Staunen ... :eek:

  • aus Skeptikers Link:


    Übrigens: Das BGB sieht gar keine Teilabnahmen vor, so dass bei BGB-Verträgen ohne Geltung der VOB/B sowieso ohne zusätzliche und ausdrückliche Vereinbarungen keine Teilabnahmen erfolgen können.



    Falls also hier BGB gilt, ist SirSydoms Vorgehen nicht zielführend.

  • Ok. Es wird dann also vermutlich auf die eigentliche Frage hinauslaufen, ob eine nachträgliche, spontane und bislang im Werkvertrag weder gebilligte noch ausgeschlossene Teilleistungsabnahme möglich ist, wenn ich das nun gemeinsam mit dem GU einvernehmlich vereinbare und anschließend auch eine Teilabnahme protokolliere.

    Hierzu habe ich folgendes Passus gefunden:

    "Eine Möglichkeit, dennoch von der Mehrwertsteuer zu profitieren, ist es, mit dem Bauunternehmen Teilleistungen zu vereinbaren. Diese müssen wirtschaftlich sinnvoll abzugrenzen sein und abgeschlossene Bauleistungen umfassen. In der Folge sind Teilabnahmen und einzelne Rechnungen dafür möglich. Über die Teilleistungen und deren gesonderte Abrechnung muss im Voraus eine Vereinbarung getroffen werden.

    Wird beispielsweise der Keller vor Ende Dezember als separates Gewerk abgenommen und berechnet, gelten 16 Prozent Mehrwertsteuer, auch wenn das bezugsfertige Haus erst 2021 abgenommen wird."

    (https://www.baufinanzierung-re…er-mehrwertsteuersenkung)


    Alternativ könnte ich - nach meinem Verständnis - auch mit dem GU im Dezember die Endabnahme machen und zusätzlich vereinbaren, dass ich mich um die letzten noch offenen Leistungen (Türen, Sanitärobjekte) eigenständig kümmere, oder? Vorausgesetzt, dass der GU damit einverstanden ist und aufzeigt, welche Kosten bereits entstanden sind bzw. ob ich bereits bestellte Türen "abkaufe", müsste dies doch eine rechtlich nicht zu beanstanende Vertragsänderung darstellen.
    Das Risiko wäre vermutlich vergleichsweise gering, weil das Haus bis auf die Sanitärobjekte-montage + Türen sowie die Maler-/Fliesenlegerarbeiten (sowieso bereits unsere Eigenleistung) bereits fertig gebaut ist.

    • Offizieller Beitrag

    Alternativ könnte ich - nach meinem Verständnis - auch mit dem GU im Dezember die Endabnahme machen und zusätzlich vereinbaren, dass ich mich um die letzten noch offenen Leistungen (Türen, Sanitärobjekte) eigenständig kümmere, oder? Vorausgesetzt, dass der GU damit einverstanden ist und aufzeigt, welche Kosten bereits entstanden sind bzw. ob ich bereits bestellte Türen "abkaufe", müsste dies doch eine rechtlich nicht zu beanstanende Vertragsänderung darstellen.

    Meine persönliche Meinung, ohne Gewähr, die Konstellation ist vorstellbar. Die Türen werden aus dem Werkvertag entfernt, und stattdessen ein Kaufvertrag über die Lieferung geschlossen. Beidseitiges Einverständnis vorausgesetzt. Die Leistung wäre somit zum Zeitpunkt der Lieferung (noch in diesem Jahr) erbracht. Was Du als Käufer dann mit den Türen machst, das ist Dein Problem. Du kannst sie selbst montieren, oder im kommenden Jahr von einer anderen Firma montieren lassen (die dann aber für die Montage den "normalen" Steuersatz ansetzen muss).


    Wenn sowieso geplant war die Türen selbst zu montieren, dann würde ich die auf jeden Fall noch in diesem Jahr kaufen, auch wenn bei ein paar Zimmertüren der Preisvorteil nicht so gewaltig sein dürfte.


    Was ich nicht empfehlen kann, das ist eine aus Zeitgründen überhastete Abnahme, nur um ein paar Euro an Steuern zu sparen. Ich denke es ist nicht nötig, hier zu erklären, was eine Abnahme bedeutet und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

    • Offizieller Beitrag

    Schon den Thread Umsatzsteuer im Baugewerbe durchgelesen? Da haben wir schon viele dieser Probleme angesprochen und diskutiert.

    Der gesunde Verstand ist die bestverteilte Sache der Welt, denn jedermann meint, damit so gut versehen zu sein, dass selbst diejenigen, die in allen übrigen Dingen sehr schwer zu befriedigen sind, doch gewöhnlich nicht mehr Verstand haben wollen, als sie wirklich haben. ~ René Descartes

  • Ok. Es wird dann also vermutlich auf die eigentliche Frage hinauslaufen, ob eine nachträgliche, spontane und bislang im Werkvertrag weder gebilligte noch ausgeschlossene Teilleistungsabnahme möglich ist, wenn ich das nun gemeinsam mit dem GU einvernehmlich vereinbare und anschließend auch eine Teilabnahme protokolliere.


    Ich glaube nicht, dass das funktioniert (zumindest bei einem Vertrag nach BGB ohne Geltung der VOB/B). Siehe die Aussage von Frau Klocke vom Bund der Steuerzahler, bzw den dritten Punkt unter Tz. 22 im Schreiben des Bundesfinanzministeriums an die obersten Finanzbehörden der Länder.


    Bliebe für mich nur die Option einer Endabnahme nach §640 BDB. Wobei sich aber die Frage stellt, ob die fehlenden Sanitärobjekte, Türen und Treppe hinreichend sind, damit "die Beschaffentheit des Werkes" eine Abnahme ausschließen müssen oder ob sie "unwesentliche Mängel" sind. Das hat der Bauamateur im Thread Umsatzsteuer im Baugewerbe ja auch schon geschrieben.

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube nicht, dass das funktioniert (zumindest bei einem Vertrag nach BGB ohne Geltung der VOB/B). Siehe die Aussage von Frau Klocke vom Bund der Steuerzahler, bzw den dritten Punkt unter Tz. 22 im Schreiben des Bundesfinanzministeriums an die obersten Finanzbehörden der Länder.

    Tz. 22 Absatz 3 ist doch gar nicht einschlägig


    Zitat

    Vor dem 1. Juli 2020 erbrachte Teilleistungen liegen vor,

    es geht ja um Teilleistungen nach dem 1. Juli.

  • Zitat

    Tz. 22 Absatz 3 ist doch gar nicht einschlägig

    Dem Wortlaut nach richtig. Aber warum soll dies nur in dem für den AG nachteiligen Fall gelten? Weil der Fiskus dann von der für den AG nachteiligen und insofern unsinnigen nachträglichen Vereinbarung von Teilleistungen und deren Abnahme vor dem 01.07.2020 profitiert?


    Die beschriebene Handhabung war doch nur vor einigen Jahren, als die Umsatzsteuer von 16 auf 19 % erhöht worden ist, sinnvoll. Vielleicht wurde die seinerzeitige Regelung ohne Nachdenken einfach abgeschrieben.


    Gemeint sein kann aber sinnvollerweise nur der hier vorliegende Fall: Leistung in 2020 nocht nicht abnahmereif fertiggestellt und deshalb nachträgliche Vereinbarung von Teilleistungen, die bis Ende 2020 abgenommen werden.


    Ansonsten wäre wahrscheinlich an ein steuerschädliches Umgehungsgeschäft zu denken.

  • Danke für die Antworten.


    Tatsächlich ist in Tz. 22 Absatz 3 vom 01. Juli 2020 und davor erbrachten Teilleistungen die Rede. Es müsste damit aber in Bezug auf den 01.01.2021 analog gelten, dass eine Vereinbarung zur Abnahme von Teilleistungen und die Abnahme der vereinbarten Leistungen vor dem 01.01.2021 erfolgen muss, damit der AG vom geringeren Mehrwertsteuersatz profitieren kann.


    Die Aussage von Frau Klocke vom Bund der Steuerzahler in der HAZ ist für mich somit nicht richtig.


    Darauf aufbauend eine rechtliche Frage:

    Zu einer Vereinbarung (hier über Abnahme von Teilleistungen) gehören mindestens zwei Vertragsparteien. Wenn der GU also nicht gewillt ist, eine solche Vereinbarung zu treffen, hat der AG wohl schlechte Karten?

  • Ja, denn es handelt sich um eine Vertragsänderung. Denn das Gesetz und selbst die VOB/B sehen keine rechtsgeschäftliche Abnahme von Teilleistungen vor. Sie müssen also individuell vereinbart werden.


    Tz. 22 Absatz 3 vom 01. Juli 2020 ist m.E. vom Verfasser aus dem Ministerium ohne Sinn und Verstand aus der Vorgängerversion zur Umsatzsteuererhöhung vor etlichen Jahren abgeschrieben worden. Denn diese wurde m.W. aus Zeitgründen für die " Handreichung " zur Umsatzsteuerermäßigung herangezogen.


    Mithin dürfte der " Umkehrschluß " gewollt gewesen sein. Dem Verfasser der " Handreichung " wäre lediglich der Umkehrschluß aufgrund eines gedanklichen Fehlers ( = der umgekehrte Fall zur vorangegangenen Umsatzsteuererhöhung ) mißlungen.

    • Offizieller Beitrag

    Man muss im die Tz 22 im Verbund mit Tz 21 und dem UStAE 13.4 lesen. Im Grunde geht es immer um die Frage, was sind Teilleistungen und unter welchen Umständen können diese als umsatzsteuerlich eigenständige Leistungen behandelt und eben auch abgerechnet werden. Im vorliegenden BMF-Schreiben hat man sich in der Tat der Tastenkombinatinon STRG+C bedient und so versucht in kurzer Zeit ein Schreiben zusammenzustellen, was gewisse rudimentäre Fragen beantwortet. Die Lücken muss der Steuerpflichtige dann durch die Anwendung allgemeiner Prinzipien bzw. aus den dort festgehaltenen Grundsätzen selbst füllen. So ist in Tz 22 zwar nur von der Periode vor dem 1.7.2020 die Rede, allerdings würde es natürlich keinen Sinn ergeben, wenn diese Kriterien zur stichtagsbezogenen Abgrenzung an einem Stichtag gelten würden, am anderen jedoch nicht. Im Grunde geht es darum, dass eine Teilleistung, die abgenommen wurde (bis zum Stichtag), vereinbart sein muss.


    Im USt-Anwendungserlass 13.4 steht dann auch gleich als erstes der entscheidende Satz:

    Teilleistungen setzen voraus, dass eine nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise teilbare Leistung nicht als Ganzes, sondern in Teilen geschuldet und bewirkt wird.


    Also:

    - nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise teilbare Leistung (Beispiel die Leistung "Dachdecken" kann man bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise kaum in "linke Dachhälfte" und "rechte Dachhälfte" teilen, die Leistung "Dachdecken für Haus und Carport" lässt sich hingegen natürlich teilen)

    - in Teilen geschuldet: hier kommt jetzt also das Erfordernis, dass es eben diese Teilleistungen als solche auch zwischen den Parteien vereinbart sind, was auch klar ist. Wenn eine grundsätzlich teilbare Leistung nicht als solche geschuldet ist, dann ist auch dritte Teil hinfällig (das Bewirken der Teilleistung)

    - in Teilen bewirkt: hier kommt jetzt eben die Abnahme ins Spiel, denn grundsätzlich geht man wohl davon aus, dass die Leistung dann bewirkt ist, wenn sie konkludent oder explizit abgenommen wurde.


    Insofern müsste man also nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Teilleistungen definieren, diese in Abweichung zum bisherigen Vertrag gesondert vereinbaren, dann abnehmen und fakturieren. das alles (bis auf das Fakturieren) bis zum 31.12. das wird jetzt ein lustiges Rennen. Inwieweit der 42 AO dann noch dazwischen grätscht, keine Ahnung, ich vermute zwar nicht, aber es reicht schon, wenn eine BP auf diese Idee kommt, um bei den beteiligten Personen den Blutdruck hoch zu jagen.

    Problematisch ist wahrscheinlich auch der zivilrechtliche Rattenschwanz, wenn ich das einstmals als Ganzes geschuldete Werk (schlüsselfertiges Haus), nun in einzelne. für sich abgeschlossene Teilleistungen zerlegen lasse. Wäre ich der GU, würde ich in den für den Kunden finanziell interessanten Fällen definitiv eine Zusatzgebühr verlangen für den Aufwand der mir durch die Vertragsänderung und deren rechtliche Würdigung entsteht.

    Der gesunde Verstand ist die bestverteilte Sache der Welt, denn jedermann meint, damit so gut versehen zu sein, dass selbst diejenigen, die in allen übrigen Dingen sehr schwer zu befriedigen sind, doch gewöhnlich nicht mehr Verstand haben wollen, als sie wirklich haben. ~ René Descartes

  • Wäre ich der GU, würde ich in den für den Kunden finanziell interessanten Fällen definitiv eine Zusatzgebühr verlangen für den Aufwand der mir durch die Vertragsänderung und deren rechtliche Würdigung entsteht.

    hey, das scheint ein fall zu sein, wo völlig ahnungsloses bauchgefühl eines Laien (siehe #2) und extrem viel Fachwissen eines Experten zu einem sehr ähnlichen Ergebnis geführt haben :)

  • Das machen sicher nicht alle GU´s mit aber ich habe genau gestern den Entwurf der Ergänzungsvereinbarung zum Bauvertrag bekommen.

    Das ist eine DINA4 Seite in der der Vertragsgegenstand in 2 klar abgrenzbare Teile aufgeteilt wird (Rohbau inkl. Dach/Fenster/Spengler und Innenausbau), wie die Vergütung zugeordnet wird (entspricht dem Zahlungsplan bis eben fertig Rohbau inkl...), wie die Abnahmen in Teilschritten zur jeweiligen Teilleistung erfolgen und die Schlussvorschriften.

    Der GU hat das anwaltlich und steuerlich prüfen lassen, ich werde das ebenso tun und dann unterschreiben.

    Der GU will dafür nichts und hat das eh schon im Ärmel gehabt für die neuen Bauvorhaben die erst nach der Senkung begonnen wurden, da war das schon im Hauptvertrag drin.

  • Da wir mit unserem Bau auch ziemlich weit fortgeschritten sind, haben wir mit unserem GU auch über das Thema Abnahme / Teilabnahme gesprochen.

    Wir haben in unserem Bauvertrag aus April 2019 keine Teilleistungen vereinbart. Nachträglich hat er bis Ende 2020 anscheinend kein Interesse daran, Teilleistungen zu vereinbaren. Mit einer Komplettabnahme hätte er aber kein Problem (sondern eben ja eher Vorteile).


    Wir würden uns auf eine solche Komplettabnahme auch einlassen - die bisherigen Arbeiten sind laut unserem Bauherrenberater alle von sehr guter Qualität und er würde in der Risikoabwägung auch nicht von einer Komplettabnahme abraten.


    Die Frage ist nur ,ob das Finanzamt eine solche Abnahme auch akzeptiert. Fehlende Restarbeiten oder Nachbesserungen schließen eine wirksame Abnahme nicht aus, wenn das Werk ohne diese Arbeiten seinen bestimmungsgemäßen Zwecken dienen kann - siehe Kommentierung in Haufe.


    Die einzige Restarbeit, bei der ich mir dabei unsicher bin, sind die Toiletten. Müssten diese zwingend noch eingebaut werden? Oden sollten wir mit dem GU hier ggf. doch mal darüber reden, diese aus dem Bauvertrag zu nehmen?


    Weitere Arbeiten, die erst im nächsten Jahr fertig gestellt werden, aber m. E. nichts daran ändern, dass Werk "seinem bestimmungsgemäßen" Zweck dienen kann:

    • Parkett - und Laminatarbeiten
    • Treppengeländer (innen)
    • Innentüren

    Wenn jemand einen Hinweis geben kann, wie diese Konstellation einzuschätzen ist und wie die Erfolgsaussichten sind, wäre ich sehr dankbar.

    • Offizieller Beitrag

    Die Frage ist nur ,ob das Finanzamt eine solche Abnahme auch akzeptiert.


    Flachdach die Frage wird Dir im Zweifel nur das Finanzamt beantworten, wobei auch hier bei ungünstiger Entscheidung der Klageweg offen steht. Wenn man einen Grenzfall austesten will, in dem man ein eigentlich noch nicht bestimmungsgemäß nutzbares Werk dennoch abnimmt und abrechnet, dann kann man das natürlich tun, vieles im Steuerrecht ist ein Abtasten der Grenzen des Möglichen. Um aber die Erfolgsaussichten zu bewerten müsstest Du wahrscheinlich einen meiner Berufskollegen beauftragen, der Dir zu dieser Frage ein Gutachten schreibt (Antrag auf verbindliche Auskunft wird mit Sicherheit nicht mehr in diesem Jahr beschieden werden und ist damit zu spät) und die Erfolgsaussichten im Einzelfall bewertet.

    Der gesunde Verstand ist die bestverteilte Sache der Welt, denn jedermann meint, damit so gut versehen zu sein, dass selbst diejenigen, die in allen übrigen Dingen sehr schwer zu befriedigen sind, doch gewöhnlich nicht mehr Verstand haben wollen, als sie wirklich haben. ~ René Descartes

    • Offizieller Beitrag

    Weitere Arbeiten, die erst im nächsten Jahr fertig gestellt werden, aber m. E. nichts daran ändern, dass Werk "seinem bestimmungsgemäßen" Zweck dienen kann:

    • Parkett - und Laminatarbeiten
    • Treppengeländer (innen)
    • Innentüren

    fehlende (Treppen-) Geländer schließen meiner Einschätzung nach eine bestimmungsgemäße Nutzung aus, weil

    1. der Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen wird
    2. gegen die BauO verstoßen wird