Beurteilung Kragarmtreppe (Schweißung)

  • Liebes Forum,


    Ich wende mich an euch da wir bei unserem Projekt in Griechenland keine ganz unabhängige Meinung bekommen können.



    Es wurde eine Kragarmtreppe geschweißt, die der Schweißer pro Stufe jeweils 1 cm zu eng eingeschweißt hat. (Am Ende eine 15 cm Lücke...)

    Die Treppe wurde heute Morgen herausgeschweißt und dabei kam es zu Rissen in den Trägern.

    Diese Risse wurden jetzt wieder durch Schweissen gepatched. Ein Träger wurde ganz ausgetauscht.


    Ist dies eine sichere Vorgehensweise, besonders im Hinblick auf die Kragarmbauweise (nur ein Befestigungspunkt der Stufen)

    Da wir auf einer Insel sind kann ich hier leider keine 100 prozentige Beurteilung bekommen.


    Fotos im Anhang,

    würde mich über Antworten freuen!


    Gruß

    Manuel

  • Wenn es sich um Baustahl S355 oder S235 o.Ä. handelt, ist durch mehrfaches qualitatives Schweißen ohne nenneswerte Gefügeänderungen nicht von einer Verminderung der Tragfähigkeit auszugehen. Stahl ist auch (hochfrequent) wechsellastbeständig, dauerschwingfest, .. zum Glück, gegenüber Aluminium, Titan usw.


    (Bau)Stahl versagt hauptsächlich bei bemerkenswerter Überlastung spontan, Risse bilden sich (gerne an Sollbruchstellen) und reißen bei Überlast weiter, bis die Bruchstellen abreißen oder 3D-Konstruktionen kollabieren.


    Ob und inwieweit der qualitative Faktor hier ausreichend ist, kann ich nicht von den Bildern aus beurteilen, dazu braucht es jemanden, der die statischen Eigenschaften dieser Konstruktion auch aufgrund Materialstärke, Durchmessern, Querschnitten, Auslegung für Belastung etc. kennt und durchrechnen kann.


    Was ich auf den Bildern erkennen kann, ist:

    Die Schweißnähte sind.. nun ja. Ordentlich gereinigt wurden die Kehlnähte offensichtlich nicht. Wobei diese Verschmutzung daran liegen wird, dass die Träger bereits beschichtet waren und die Beschichtung verbrannte, so, wie es aussieht. Üblicherweise wird eine Beschichtung vorher abgeschliffen oder -gebürstet und die Oberfläche gereinigt. Bei Baustahl ist es nicht so kritisch wie bei anderen Metallen.


    Was ich auf dem zweiten Bild sehe, sind überlackierte Spuren von Trenn- und Schruppscheiben sowie Vertiefungen, welche offenbar vom Schweißen her stammen.

    Waren die Seitenprofile der Treppen dort vorher angeschweißt und wurden abgetrennt sowie halbwegs eingeebnet?


    Die Treppe wurde heute Morgen herausgeschweißt und dabei kam es zu Rissen in den Trägern.


    Soweit mir ersichtlich, sind das Meiste keine Risse. Es sind die Überbleibsel des Entfernens ehemals angeschweißter Profile und der dazugehörigen Schweißnähte durch Abschleifen.
    U.A. auf Bild 4 Spuren der vermutlich knapp 1 mm starken Trennscheibe, mit der die Profile abgetrennt wurden.

    Da wurde einfach etwas zu weit ins Material geschnitten. Arbeiten mit einem Ergebnis, bei welchem das Profil so aussieht, als wäre es vorher nie verschweißt gewesen, sind sehr teuer und aufwändig, das ist im Bauhandwerk recht selten (wenn, dann bspw. Edelstahlhandläufe, Behälter, ..).
    Diese Spuren sind sichtbar maschineller Herkunft.


    Die nun sichtbaren Löcher sind natürlich unnötig und ICH würde diese ordentlich zuschweißen, nivellieren sowie abschleifen - doch das sind halt nur meine qualitativen Ansprüche und zeitlich für eine Treppenkonstruktion wohl nicht machbar (da es mehr Zeit bedingt, als das gesamte Konstrukt aus neuen Profilen neu zusammen zu schweißen).

    Auf Bild 5 ist ein Riss, korrekt. Ich vermute, dass das angeschweißte Profil noch fest hing und abgebrochen wurde, hierdurch die geschwächte Wandung neben der Schweißnaht durch riss. Da scheint im Vorfeld einiges abgeschliffen worden zu sein, um die Profile trennen zu können und es war dann doch tiefgreifender verschweißt, als angenommen.


    "Herausgeschweißt" sind die Profile übrigens nicht. Funktioniert auch nicht. Selbst Plasmaschneider ist für saubere Trennung verschweißter Profile kaum möglich, da beide Profile schmelzen, wo der Plasmastrahl auftrifft. Oder erst Recht zusammen kleben.


    Das sind lediglich Ersteinschätzungen aus Analyse von fünf nicht ganz eindeutigen Bildern, somit bitte nicht als Laboranalyse mit metallurgischer Gewissheit, sondern Einschätzung aufgrund Erfahrungswerten und allerlei bereits erlebter "Arbeitsresultate" betrachten.

    Freundliche Grüße,

    der nordische Fuchs

  • Ergänzend: Auf Bild #1 links oben, ich hoffe, dass diese Metalllasche keine tragenden Funktionen erfüllt, sondern maximal gegen Kippen, Versatz o.Ä. dort angeschweißt wurde.


    Denn die Länge der Schweißnaht (des tragenden Bereichs der Verbindung) im Vergleich zur Größe des Profils ist lächerlich.

    Freundliche Grüße,

    der nordische Fuchs

  • Hallo Nordischer Fuchs! Erstmal eine große Entschuldigung für die sehr sehr späte Rückmeldung auf deine super ausführliche Antwort zu dem Thema. Herzlichen Dank dafür


    Die Treppe wurde jetzt neu eingeschweißt und an vielen Seiten verstärkt. Jetzt biegt sich beim Auftritt nicht mehr sehr viel. Zudem wird die Treppe noch mit Stahlseilen an der Decke befestigt.