Zusammenführung der LV's fachlich beteiligter

  • Ich hätte mal eine honorartechnische Frage an die Kollegen, die in LP 6 unterwegs sind.


    Folgender Fall: Für ein Ingenieurbauwerk (Ersatzbauwerk) werden Leistungsverzeichnisse für den Ingenieurbau, den Straßenbau, Arbeiten an der bestehenden Kanalisation und notwendige Elektroarbeiten jeweils einzeln von den entsprechenden Fachplanern erstellt. Alle erforderlichen Arbeiten sollen im Rahmen der Ausschreibung an einen Auftragnehmer vergeben werden. Dazu müssen die einzelnen Leistungsverzeichnisse von einem der beteiligten Planern, nach dem Wunsch des Bauherrn vom Objektplaner des Ingenieurbauwerkes, zu einem Leistungsverzeichnis zusammengeführt werden, inkl. der zugehörigen, im Ingenieurbau sehr umfangreichen, Baubeschreibung.


    Frage: Handelt es sich beim Zusammenführen der Einzel-LV's um eine Grundleistung des Objektplaners Ingenieurbauwerk oder um eine besondere Leistung? Bei uns im Büro gibt es hierzu unterschiedliche Ansichten. Die eine Seite vertritt die Position, dass das Zusammenführen grundsätzlich unter die Grundleistungen der LP 6 gem. Anlage 12 der HOAI fallen könnte, da z. B. der Straßenbau nur erforderlich wird, da das Ingenieurbauwerk ein Ersatzneubau für ein bestehendes Bauwerk notwendig wird (ohne neues Ingenieurbauwerk wäre kein Straßenbau erforderlich). Gegen diese Ansicht spricht, dass die Grundleistungen der LP 6 für alle beteiligten Fachplaner genau identisch formuliert sind und in keiner Fachplanung das Zusammenführen der einzelnen Fachplaner-LV explizit erwähnt wird und es sich nach meinem Kenntnisstand so verhält, dass die Grundleistungen der einzelnen Leistungsphasen in der HOAI abschließend aufgeführt sind (alles was nicht explizit genannt wird, ist eine besondere Leistung). Man wird es mittlerweile erahnen können: die andere Seite vertritt die Auffassung, dass es sich beim Zusammenführen der einzelnen LV's um eine vergütungswürdige besondere Leistung handelt.


    Wie sehen das die Kollegen, auch aus dem Hochbau, wo so etwas, sofern nicht gewerkeweise vergeben wird, ja auch öfter mal vorkommt?

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)


    Rings um euch liegt die weite Welt: Ihr mögt euch einzäunen, aber euer Zaun wird sie nicht fern halten. (J.R.R. Tolkien, Derr Herr Der Ringe, Erster Teil: Die Gefährten)

  • Da nach c) der Anlage 12 das

    Zitat

    Abstimmen und Koordinieren der Schnittstellen zu den Leistungsbeschreibungen der anderen an der Planung fachlich Beteiligten

    zu den Grundleistungen gehört, ist der wesentliche Aufwand doch schon erfasst. Die GAEB-Dateien dann zusammenzufügen ist und alles als eins auszugeben ist nicht mehr der Aufwand. Da würde ich keinen Streit mit dem Auftraggeber riskieren. Der würde wahrscheinlich deutlich länger dauern.


    Bei der Wertung der Angebote kann man dann schon eher diskutieren. Die dürfte durch das Zusammenfügen der verschiedenen Leistungsbereiche deutlich aufwändiger sein.


    Wenn es sich um einen öffentlichen Auftraggeber handelt, kommt noch das vergaberechtliche Problem der grundsätzlich geforderten Vergabe nach Fachlosen hinzu. Eine Gesamtvergabe ist regelmäßig nur schwer zu begründen.

    P.S.: Der Mehraufwand für die Koordinierung der Fachunternehmer ist grundsätzlich kein Grund.

    Verflucht sei, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege!

    5.Mose 27:18

  • Auch ich würde vor weiterem Nachdenken den absoluten Aufwand für diese Leistung abschätzen. Aufgrund des erwartbaren Austausches über die gängige Datenschnittstellen und deren Formate dürfte sich dieser doch im Bereich weniger Stunden bewegen. Und vermutlich liegt er damit auch deutlich unter der Bagatellgrenze, unterhalb derer "besondere Leistungen" im Rahmen der HOAI sowieso nicht extra honoriert werden müssen.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Da nach c) der Anlage 12 das

    zu den Grundleistungen gehört, ist der wesentliche Aufwand doch schon erfasst. Die GAEB-Dateien dann zusammenzufügen ist und alles als eins auszugeben ist nicht mehr der Aufwand. Da würde ich keinen Streit mit dem Auftraggeber riskieren. Der würde wahrscheinlich deutlich länger dauern.

    Die GAEB-Dateien dürften in der Tat nicht das Problem sein. Aber alleine die Baubeschreibung des Ingenieurbaus hat aktuell schon einen Umfang von 78 Seiten, was im Ingenieurbau keine Seltenheit ist. Eine mir vorliegende Baubeschreibung in einem Projekt, bei dem wir die Ausführungsplanung gemacht haben, war die Baubeschreibung 92 Seiten lang, das LV dagegen "nur" 57 Seiten. Ich weiß noch nicht, welchen Umfang die Baubeschreibung insbesondere von Straßenbau und Entwässerung haben wird, aber das werden auch nicht nur 2 Seiten sein. Und da es im Ingenieurbau strenge Vorgaben hinsichtlich der Gliederung der Baubeschreibung gibt, ist das, je nach dem wie strukturiert die anderen fachlich Beteiligten arbeiten, wahrscheinlich schon mit etwas Arbeit verbunden.

    Bei der Wertung der Angebote kann man dann schon eher diskutieren. Die dürfte durch das Zusammenfügen der verschiedenen Leistungsbereiche deutlich aufwändiger sein.

    Haben wir nicht im Auftrag, macht der Auftraggeber selbst.

    Wenn es sich um einen öffentlichen Auftraggeber handelt, kommt noch das vergaberechtliche Problem der grundsätzlich geforderten Vergabe nach Fachlosen hinzu. Eine Gesamtvergabe ist regelmäßig nur schwer zu begründen.

    Verstehe ich nicht, ist im Ingenieurbau doch üblich, dass alle im Zusammenhang stehenden Leistungen an einen Unternehmer vergeben wird, damit nicht fünf verschiedene Auftragnehmer durch den Auftraggeber koordiniert werden müssen, was bei den teilweise komplizierten Bauphasenkonzepten bei Ersatzneubauten im Bestand auch schwierig wird. Da ist doch der Ärger vorprogrammiert, weil der Straßenbauer Woche x eingeplant hat, der AN "Ingenieurbau" in Woche x aber noch nicht soweit ist, dass die nächste Bauphase (mit entsprechender Umverlegung des Verkehrs) erfolgen kann.

    Auch ich würde vor weiterem Nachdenken den absoluten Aufwand für diese Leistung abschätzen.

    Verstehe, das Problem ist nur, dass ich den Aufwand noch nicht kenne, da mir die Unterlagen der anderen fachlich Beteiligten noch nicht vorliegen. Aber zum Verständnis, es geht um eine Maßnahme mit Kosten in Höhe von ca. EUR 10,7 Mio zzgl. Kosten für die Arbeiten am bestehenden Kanal, wovon gem. Kostenberechnung ca. 6,5 Mio EUR auf den Ingenieurbau entfallen und der Rest auf den Straßenbau. Eine Kostenberechnung für Arbeiten am bestehenden Kanal sowie die erforderlichen Elektroarbeiten liegen mir noch nicht vor.

    Aufgrund des erwartbaren Austausches über die gängige Datenschnittstellen und deren Formate dürfte sich dieser doch im Bereich weniger Stunden bewegen. Und vermutlich liegt er damit auch deutlich unter der Bagatellgrenze, unterhalb derer "besondere Leistungen" im Rahmen der HOAI sowieso nicht extra honoriert werden müssen.

    Nicht müssen oder nicht dürfen?

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)


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  • Verstehe ich nicht, ist im Ingenieurbau doch üblich, dass alle im Zusammenhang stehenden Leistungen an einen Unternehmer vergeben wird, damit nicht fünf verschiedene Auftragnehmer durch den Auftraggeber koordiniert werden müssen, was bei den teilweise komplizierten Bauphasenkonzepten bei Ersatzneubauten im Bestand auch schwierig wird. Da ist doch der Ärger vorprogrammiert, weil der Straßenbauer Woche x eingeplant hat, der AN "Ingenieurbau" in Woche x aber noch nicht soweit ist, dass die nächste Bauphase (mit entsprechender Umverlegung des Verkehrs) erfolgen kann.

    Was üblicherweise gemacht wird und was rechtlich erforderlich wäre, sind häufig grundverschiedene Dinge.

    Die genannte Überlegungen zur Gesamtvergabe halten im Falle einer Vergabebeschwerde jedenfalls keiner Prüfung stand.

    Zitat von § 97 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB

    Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben.

    Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.

    Auch wenn das in erster Linie eine Entscheidung des Bauherren ist, sehe ich seitens des Planers schon eine Hinweispflicht.

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    5.Mose 27:18

  • Was üblicherweise gemacht wird und was rechtlich erforderlich wäre, sind häufig grundverschiedene Dinge.

    Die genannte Überlegungen zur Gesamtvergabe halten im Falle einer Vergabebeschwerde jedenfalls keiner Prüfung stand.

    Halte ich für eine starke These, wenn man das Projekt nicht kennt. Aus meiner fachlich-technischen, Sicht, erlaubt §97, Abs. 4, Satz 3 im vorliegenden Fall eine Gesamtvergabe, auch wenn ich juristischer Laie bin. Das war hier aber auch nicht die Frage.

    Die Frage ist und bleibt: Handelt es sich bei dem Zusammenführen der Fach-LV's zu einem Gesamt-LV um eine vergütungswürdige besondere Leistung oder um eine Grundleistung?

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  • Halte ich für eine starke These, wenn man das Projekt nicht kennt. Aus meiner fachlich-technischen, Sicht, erlaubt §97, Abs. 4, Satz 3 im vorliegenden Fall eine Gesamtvergabe, auch wenn ich juristischer Laie bin. Das war hier aber auch nicht die Frage.

    Die Frage ist und bleibt: Handelt es sich bei dem Zusammenführen der Fach-LV's zu einem Gesamt-LV um eine vergütungswürdige besondere Leistung oder um eine Grundleistung?

    Es kann sich nur dann um eine separat als "besondere Leistung" vergütungswürdige Leistung handeln, wenn es keine "Bagatelle" ist. Maßstab ist dabei die gesamte an den AN beauftragte Leistung. Für den Ingenieurbau kenne ich die üblichen Honorarsätze nicht auswändig, würde aber bei ein anrechenbaren Kosten von

    ... in Höhe von ca. EUR 10,7 Mio zzgl. Kosten für die Arbeiten am bestehenden Kanal, wovon gem. Kostenberechnung ca. 6,5 Mio EUR auf den Ingenieurbau entfallen ...

    würde ich davon ausgehen, dass alles ≤ 8 Std., eher ≤ 20 Std. sowieso unter die Bagatellregelung fällt. Und auch knapp darüber lohnt es sich vermutlich nicht, eine Mehrvergütung einzufordern, weil erstmal ein Nachtragsangebot erstellt, begründet, diskutiert, wieder aber anders zusätzlich begründet, erneut diskutiert und am Ende von Anwälten diskutiert wird, bis dann Jahre später tatsächlich ein Teil des geforderten Geldes fließt.


    Wenn es wirklich nur darum geht, die Fachplanungen digital ankommend formal zusammenzufassen und damit kein Anwachsen der Verantwortung / Haftung verbunden wie bei einer GP-Konstellation verbunden ist, das über das reine Einlesen von Dateien und deren zusammengefasste Weitergabe hinausgeht, würde ich das Thema nur dann weiterverfolgen, wenn es um deutlich mähr als 20 Stunden geht, was ich mir nach der Schilderung nicht vorstellen kann, denn inhaltlich bleibt doch jeder Fachplaner für seine Planungsleistung weiter voll verantwortlich und er muss diese auch in sich abgeschlossen fertig abliefern.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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