Genehmigungsfiktion bei Bauantrag in Baden-Württemberg

  • Ohne Bezug zu einem konkreten Bauprojekt meinerseits hätte ich mal eine Frage an die Architekten/Baurechtler/Baurechtslaien im Forum:


    Ich habe heute morgen zufällig diesen Beitrag im Autoradio gehört (hier das Manuskript zur Sendung). Etwa ab Minute 7:50 geht es um überlastete Bauämter bei der Erteilung von Baugenehmigungen. Es wird ein Beispiel eines Investors beschrieben, der seit Dezember 2022 auf die Baugenehmigung für eine Projekt wartet (in einem leerstehenden Geschäftsgebäude sollen 7 Wohneinheiten errichtet werden).

    Folgende Frage dazu: Gilt gem. LVwVfG, §42a (Genehmigungsfiktion) die Genehmigung drei Monate nach Eingang der vollständigen Unterlagen nicht als erteilt? Oder wird das LVwVfG durch die LBO außer Kraft gesetzt. Wenn ich danach, als jemand, der keine Ahnung davon hat, suche, finde ich Artikel, dass die Genehmigungsfiktion erst im Bauwesen erst eingeführt werden soll, das LVwVfG gilt aber, nach meinem Verständnis, bereits seit mindestens 2005 und gilt, nach meinem Verständnis, für alle Verwaltungsangelegenheiten, wozu ich auch eine Baugenehmigung zählen würde.


    Was übersehe ich? Oder kennt weder der im Beitrag genannte Investor noch der im Beitrag genannte Architekt noch die befragten Experten die Rechtslage?

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)


    Rings um euch liegt die weite Welt: Ihr mögt euch einzäunen, aber euer Zaun wird sie nicht fern halten. (J.R.R. Tolkien, Derr Herr Der Ringe, Erster Teil: Die Gefährten)

  • Aus B kenne ich es so, dass die Frist für die Genehmigungsfiktion - die es hier meiner Erinnerung nach nur bei Freistellungsverfahren gibt - erst bei Vorliegen der vollständigen Bauvorlage zu laufen beginnt. Volleständig ist sie erst, wenn alle nachgeforderten Unterlagen - und die gibt es immer - vollständig und in den richten (Daten-) Formaten nachgereicht wurden und auch tatsächliche eingegangen sind. Meiner Erinnerung nach ist das sogar erst dann der Fall, wenn alle zu beteiligenden Fachbehörden ihre Stellungnahme zugestellt haben. Und so vergehen schnell mehrere Monate, denn irgendwas ist immer. Und nein, es gibt keine informelle "Vorprüfung". mit der wir schon einmal eine Beschleunigung erreichen wollten - damit wir auch ganz sicher nichts vergessen. "Nein, das machen wir bei der Vollständigkeitsprüfung!"

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • erst bei Vorliegen der vollständigen Bauvorlage zu laufen beginnt. Volleständig ist sie erst, wenn alle nachgeforderten Unterlagen - und die gibt es immer - vollständig und in den richten (Daten-) Formaten nachgereicht wurden und auch tatsächliche eingegangen sind.

    Gem. §54, Abs. (1) LBO hat die Baurechtsbehörde innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang den Bauantrag und die Bauvorlage auf Vollständigkeit zu überprüfen und den Bauherrn unverzüglich mitzuteilen, welche Ergänzungen erforderlich sind.

    Meiner Erinnerung nach ist das sogar erst dann der Fall, wenn alle zu beteiligenden Fachbehörden ihre Stellungnahme zugestellt haben.

    Gem. §54 Abs. (3) haben die zu beteiligenden Fachbehörden innerhalb einer angemessenen Frist, die höchstens ein Monat betragen darf, Stellung zu nehmen. Äußern sich die zu beteiligenden Fachbehörden innerhalb der Frist nicht, kann die Baurechtsbehörde davon ausgehen, dass keine Bedenken bestehen. Gleiches gilt, wenn nach Landesrecht die Erteilung der Baugenehmigung des Einvernehmens oder der Zustimmung einer anderen Stelle benötigt.


    Und gem. §54 Abs. (5) hat die Baurechtsbehörde über den Bauantrag innerhalb von zwei Monaten, im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren sowie in den Fällen des § 56 Abs. 6 bzw. § 57 Abs. 1 innerhalb eines Monats zu entscheiden, wobei die Fristen gem. §54 Abs. (6) ausnahmsweise um bis zu einen Monat verlängert werden dürfen, beim vereinfachten Verfahren jedoch nur, wenn das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich ist.

    Genehmigungsfiktion - die es hier meiner Erinnerung nach nur bei Freistellungsverfahren gibt

    Das könnte allerdings ein Punkt sein, zumindest wenn ich unterstelle, dass der Umbau eines Geschäfts- in ein Wohnhaus nicht im Freistellungsverfahren erfolgen kann. Wobei ich es eben nicht weiß, da in der LBO die Genehmigungsfiktion eben nicht auftaucht, sondern nur im schon zitierten LVwVfG.


    Das erklärt alles nicht, warum in dem im Beitrag geschilderten Fall seit (vermutlich) zwei Jahren still auf die Baugenehmigung gewartet wird (vermutlich deshalb, weil mir nicht ganz klar ist, von wann der Beitrag tatsächlich ist, auch wenn ich ihn heute im Radio gehört habe). Selbst wenn es die Genehmigungsfiktion im Bauwesen in BW so nicht geben sollte, gäbe es, soweit ich das als juristischer Laie weiß, doch andere Möglichkeiten, hier die Behörde zur "Arbeit" zu zwingen, Stichwort "Untätigkeitsklage". Ich würde ja eher vermuten, dass es hier andere Gründe, als eine mögliche Überlastung der Behörde gibt, die im Beitrag vom beteiligten Architekten/Investor nicht geschildert wird, weil es ja einfacher ist, auf eine Behörde zu schimpfen.

    Oder will man es sich nicht mit der Bauaufsichtbehörde verscherzen?

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)


    Rings um euch liegt die weite Welt: Ihr mögt euch einzäunen, aber euer Zaun wird sie nicht fern halten. (J.R.R. Tolkien, Derr Herr Der Ringe, Erster Teil: Die Gefährten)

  • In solchen Beiträgen kommt ja nicht alles auf den Tisch. Es kann sein, dass noch Unterlagen fehlen und es sich hinaus zieht. Es kann sein, dass jemand dagegen klagt. Kann sein, dass es Organisationen gibt, die es verzögern. Und und und. Und am Ende heißt es in einer Radiosendung einfach nur, dass es zwei Jahre dauert bis man nen Bescheid bekommt und losbauen darf.

    Du musst immer einen Plan haben. Denn wenn Du keinen hast, dann wirst Du Teil eines anderen Planes...

  • Schwaegerin wartet jetzt seit 16 Monaten (BW, Oberschwaben) auf die Genehmigung der Gaube. Die tun einen Teufel und bestaetigen eben gerade nicht nach 10 Werktagen die Vollstaendigkeit. Dann laufen naemlich auch die anderen Fristen. Und im Zweifelsfall fehlt bei Nachfrage dann doch noch immer irgendwas (obwohl vielleicht sogar schon eingereicht!). Ist mitllerweile auch schon der dritte Sachbearbeiter. Und ja, man koennte Untaetigkeit beklagen ...

    aber mit Gehard Polt gesprochen: " Und? Was machst Du dann? Du nimmscht Dir einen Anwalt. Aber dann sog I dir oins: Dann baust du gar net. Dei Anwalt scho!"