Schallausbreitung im Innenhof

  • Guten Morgen,


    Ich hätte eine Frage zum Thema Schallausbreitung in einem Innenhof.

    Es geht um die Aufstellung eines Klima-Außengeräts (vergleichbar einer Wärmepumpe) in einem Innenhof, Grundriss siehe Skizze.

    Das Gerät soll hinter einem Holztor auf ca. 4 m Höhe aufgehängt werden. In das Holztor kommt für die Luftzufuhr eine Aussparung, die wiederum mitt einem Gewebenetz verblendet werden soll.

    Das Gerät hat einen Schallleistungspegel von 67 dB, einen Schalldruckpegel von 48 dB. Das Gerät soll in ein Gehäuse, das den Pegel um 8 dB reduzieren soll.


    Nun ist die Frage, wie sich der Schall in den Innenhof entwickelt und reflektiert wird.

    Verstärkt er sich? Verfliegt er? Kann man das theoretisch überhaupt abbilden? Wie laut ist es im Hof?


    Für Antworten wäre ich dankbar. Auch, wenn es sich nur um eine Tendenz oder subjektive Bewertung handelt.

    Wenn weiter Infos nötig sind, kann ich gerne noch ergänzen.


    Danke schon mal...


  • Das Problem und der Erfordernis einer planerischen Lösung wurde richtig erkannt.


    Ja, Schall lässt sich mit räumlichen Modellen relativ genau und gut theoretisch planen. Es lässt sich ein raumakustisches Modell bauen und rechnen. Derartige Aufgaben lösen Planungsbüro für Bau- und Raumakustik (auch wenn es hier um einem Außenraum geht). Ich würde davon ausgehen, dass dafür Kosten in mittlerer vierstelliger €-Höhe entstehen werden, wobei dann auch gleich Maßnahmen vorgeschlagen werden sollten, welche die Aufstellung dann später erträglich machen.


    In Bayern muss ich da aus hervorragender Zusammenarbeit immer zuerst an Müller-BBM denken, aber da gibt es sicherlich auch kleinere Büros, die das auch genau so gut können.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Nun ist die Frage, wie sich der Schall in den Innenhof entwickelt und reflektiert wird.

    Verstärkt er sich? Verfliegt er? Kann man das theoretisch überhaupt abbilden? Wie laut ist es im Hof?

    Das wird kompliziert, denn für genaue Berechnungen bräuchte man nicht nur die Pegel sondern auch deren Frequenzverteilung und räumliche Verteilung. Der Schallleistungspegel ist an sich ein Rechenwert der sich aus mehreren Schalldruckpegeln ergibt die um die WP herum gemessen werden. Die Angabe Schalldruckpegel 48dB sagt daher noch nicht viel aus, dazu gehören weitere Daten (Position Messpunkt), also beispielsweise in 1m Abstand zur Ausblasrichtung der WP. Manchmal werden die Messwerte auch geschönt dargestellt, in dem man beispielsweise "in 10m Entfernung" o.ä. hinzufügt.


    Bei den Entfernungen gem. Deiner Skizze wird nur ein Teil der Schallwellen reflektiert, denn der Schall breitet sich von der WP kugelförmig aus. Normalerweise würde man eine Halbkugel ansetzen, aber durch die Montage in 4m Höhe wird ein Teil der Energie auch nach unten abgestrahlt, und durch die Montage vor einer reflektierenden Fläche wird dort wiederum ein Teil nach vorne getrahlt. Diese Anteile würden normalerweise nicht gemessen, denn man geht bei den Messungen von einer freien Aufstellung auf dem Boden aus, und verteilt die Messpunkte um die WP herum.


    Nehmen wir einmal an, es wurde in 1m Abstand vor der WP (Ausblasrichtung) ein Schalldruckpegel von 48dB(A) gemessen, dann beträgt dieser in 10m Abstand nur noch 28dB(A). In 27m Entferung wären es nur noch knapp 20dB(A). Diese Schallenergie trifft nun auf eine nicht ideale Fläche (Hauswand) und wird dort reflektiert. Dabei wird ein Teil der Schallenergie absorbiert und/oder gestreut, und ein Teil wird tatsächlich in die Ursprungsrichtung reflektiert. Auf diesem Weg verliert der Schalldruckpegel wieder 6dB pro Abstandsverdopplung. Es ist fraglich, ob man das am Ursprungsort überhaupt noch hören kann, denn unsere Umgebung ist ja voller Geräusche.

    Schallwellen können sich auslöschen und verstärken, aufgrund des Pegelverlaufs über die Entfernung ist dieser Effekt jedoch nicht so ausgeprägt. Man wird aufgrund der vielen verschiedenen Ausbreitungswege eher ein diffuses Bild bekommen, so dass eine geringfügige Pegel überhöhung kaum auffallen wird. An den Flächen an denen der Schall tatsächlich reflektiert wird, ist der Pegel bereits so gering, dass die Überhöhung von sagen wir mal +5dB (wenn überhaupt) im normalen Geräuschpegel untergeht.


    Nun gibt es auch noch Flächen auf die der Schall" schräg" auftrifft und somit nicht direkt zurück reflektiert wird.


    d.h. eine genaue Berechnung ist nicht möglich, dafür sind zu viele Parameter im Spiel die man kaum definieren kann. Man wird also Vereinfachungen heranziehen müssen, die sich dann in der (Un)genauigkeit der vorhergesagten Pegel bemerkbar machen werden.


    Ein Vorteil der Situation bei Dir vor Ort ist, dass der Hof nach oben "offen" ist, eine Akustik wie in einer Kathedrale muss man also nicht befürchten.

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  • Super!

    Vielen Dank für die umfangreichen Ausführungen. Jetzt bin ich schon um einiges schlauer.

    Vielen, vielen Dank!

  • Noch als Ergänzung:

    Das Gerät soll hinter einem Holztor auf ca. 4 m Höhe aufgehängt werden.

    Was befindet sich "hinter" dem Holztor?

    Wie ist die Befestigung für das Außengerät geplant?


    Beachte, dass das Außengerät sowohl Luft ansaugen als auch ausblasen muss. Wenn ich Dich richtig verstehe, dann soll die Luft "hinter" dem Holztor angesaugt werden und vor das Holztor (in den Hof) geblasen werden. Ein großer Teil der Schallemission wird also "hinter" dem Holztor stattfinden. Ob es dort mehr stört als im Hof das müsstest Du beantworten, genau so wie die Frage, ob hinter dem Holztor ausreichend "Luft" zur Verfügung steht. In einer alten Scheune ist das meist kein Problem, in einer neuen "luftdichten" Maschinenhalle evtl. schon. Welche Luftmenge bewegt wird das steht im Datenblatt.

    Unnötig zu erwähnen, dass die Ansaugluft möglichst staubfrei sein sollte damit sich der WT im Außengerät nicht innerhalb kürzester Zeit zusetzt. Wenn also im Raum hinter dem Tor beispielsweise Heu in obere Etagen geblasen wird, dann kannst Du danach das Außengerät reinigen. Steht dort hingegen nur ein Traktor oder ein paar Anhänger, dann ist das Staubaufkommen eher gering.


    Zudem solltest Du daran denken, dass das Außengerät vom Tor entkoppelt montiert werden sollte. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Geräusche/Vibrationen auf das Tor übertragen werden, und dieses dann die Vibrationen auf eine große Fläche verteilt, und als Schallwellen in den Hof abstrahlt. So ein Holztor ist ja nur mit ein paar Bändern am Mauerwerk befestigt, der Rest kann frei schwingen.


    Tja, und weil wir schon dabei sind, wenn das Außengerät zusammen mit dem Holztor bewegt werden kann, dann muss man bei der Leitungsführung darauf achten, dass diese Leitungen auch bei Bewegung dicht bleiben. So eine bewegliche Verbindung, egal ob Kältemittel oder el. Strom, ist immer einer mechanischen Belastung ausgesetzt, die die Lebensdauer verringern kann.


    Es gibt also einiges zu beachten, was man anhand Deiner bisherigen Beschreibung nur abschätzen aber nicht genau beurteilen kann.

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