Kritische Blicke auf Risse in Holzbalkendecken

  • Ein interessanter Effekt der jüngsten Berichterstattung um das Haus an der Berliner Goltzstraße ist, dass momentan Hausverwaltungen in B besonders sensibel auf angezeigte Risse reagieren und ich mir heute schon den dritten Deckenriss an einer Holzbalkendecke eines Gründerzeithauses innerhalb von vier Wochen anschauen darf.



    Dieser Riss ist in der aktuellen Form zum wiederholten Mal innerhalb der vergangenen ca. 5 Jahre entstanden. Vorher wurde er bereits mehrfach verspachtelt und übergestrichen.


    An der Außenwand und an den Innenwänden sind Risse nicht erkennbar.


    Von oben sieht die Decke so aus



    also typisch für das Baualter und ohne Befunde, die zu sofortigen Handeln zwingen: Trocken, keine frischen Bauarbeiten, keine erkennbaren Eingriffe in tragende Bauteile. Ob aber die „junge“ Trockenbauwand rechts auf einem Deckenbalken steht und oben die Tragfähigkeit der Deckenkonstruktion vor dem Ausbau das DG überhaupt fachlich geprüft wurde, ist unklar. Ein Zusammenhang hiermit ist denkbar und sollte zumindest jetzt geprüft werden.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Trocken, keine frischen Bauarbeiten, keine erkennbaren Eingriffe in tragende Bauteile. Ob aber die „junge“ Trockenbauwand rechts auf einem Deckenbalken steht und oben die Tragfähigkeit der Deckenkonstruktion vor dem Ausbau das DG überhaupt fachlich geprüft wurde, ist unklar. Ein Zusammenhang hiermit ist denkbar und sollte zumindest jetzt geprüft werden.

    Was ist als Prüfung geplant?

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    Thomas

  • Das möge ein dafür zu beauftragender Tragwerksplaner erkennen und vorgeben.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Wenn da ein Teil des Dachgeschosses ausgebaut wurde, müsste es doch Statik und Prüfstatik geben. Oder ist das ein Schwarzbau?

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    Thomas

  • Wenn da ein Teil des Dachgeschosses ausgebaut wurde, müsste es doch Statik und Prüfstatik geben. Oder ist das ein Schwarzbau?

    Ja, die müsste es geben. Die unfachmännische praktische Ausführung des Ausbaus (Umnutzung?) und Weiteres legen aber eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Schwarzbau nahe. Genau die selbe Vermutung hatte ich im selben Objekt schon bei anderem Anlass. Leider ist das bei kleineren Hausverwaltungen inzwischen schon fast der Regelfall.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Schwarzbau

    Finde ich heftig bei Gkl. 5 (meine Vermutung). Da gibt es dann wahrscheinlich auch keine Statik. Von Brandschutz und Rettungswegen will ich gar nicht erst anfangen...

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    Thomas

  • Ja, es ist GK 5. Und nochmal ja, die Trennwand der (relativ) neu ausgebauten WE im DG zum unausgebauten DG entsprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht den Anforderungen des § 29 BauO Bln. Auch der zweite bauliche Rettungsweg aus § 33 Bau Bln ist über die Dachflächenfenster vermutlich nicht gegeben ...


    Aber die eigentlichen Fragen sind ja nur: "Sind die Risse in der Decke über 3. OG gefährlich? Sind Maßnahmen zu deren Begrenzung erforderlich?"


    Meine knappe und für den AG völlig unbefriedigende Antwort darauf wird jetzt ungefähr so lauten:


    "Vermutlich nicht, das kann Ihnen aber verbindlich nur ein Tragwerksplaner nach einem Blick in die Statik für den DG-Ausbau beantworten.


    Die Ursache für die Risse sind mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer lokalen Überlastung der bauzeitlichen Decke durch den Dachgeschossausbau zu suchen. Naheliegend sind eine unzureichende Querverteilung der Last aus der relativ neuen Trennwand über die "Dielung" (konkret Schwarten, keine Dielen!) des DG oder aus anderen Ausbaulasten beim DG-Ausbau (z.B. Bodenaufbau) oder die durch die Wohnnutzung gestiegenen Verkehrslasten. Hierzu müssten als Anlage / Ergänzung zur Bauvorlage zur erfolgten Umnutzung statische Nachweise vorliegen, eigentlich sogar der dazugehörige Prüfbericht eines Prüfingenieurs, da es sich hier nach § 2 Bau Bln um ein Gebäude der Gebäudeklasse 5 handelt. Je nach dessen Abgleich des Nachweises mit der Realität oder alternativ eine eigene rechnerischer Prüfung könnten dann bauliche Maßnahmen erforderlich sein.


    Zu meiner eigenen Sicherheit möchte ich in diesem Zusammenhang auf folgenden Punkte hinweisen:

    1. Die handwerkliche Ausführung der neuen Trennwand zum ungenutzten Dachboden dürfte kaum den nach § 29 BauO Bln an sie gestellten Anforderungen an den Brandschutz entsprechen und davon unabhängig auch nicht den a.R.d.T.. Es bestünde dann in beiden Richtungen ein unzureichender Brandschutz.
    2. Auch energetisch entsprach die Wand zwischen geheiztem Wohnraum und kalten Dachraum vermutlich zum Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht den Anforderungen des GEG.
    3. Es ist darüber hinaus zu prüfen, ob der vorgefundene Ausbau des Dachgeschosses mit seinen Dachflächenfenstern überhaupt den Anforderungen an den zweiten bauliche Rettungsweg aus § 33 Bau Bln gerecht wird. Auch hierzu sollte die tatsächliche Ausführung mit der vorliegenden Umnutzungsgenehmigung abgeglichen und der ausführende Handwerker ggf. zur Nachbesserung aufgefordert werden.

    Um der Sache Nachdruck zu verleihen, sollten die planenden und ausführenden Personen auf die § 85 BauO Bln und hier wegen der Risiken aus dem Brandschutz sogar auf § 319 StGB hingewiesen werden."

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Bevor Du Dich aber auf den (möglicherweise unzulässigen) Dachausbaubals Ursache für den Riss einschiesst und danach den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr siehst, würde ich den Dachstuhl selbst als Ursache aber auch nicht ausschließen wollen, unabhängig davon, dass der Riss im Vergleich zum Baujahr (auch des Dachstuhls) erst vor kurzem aufgetreten ist. Die Tatsache, dass der Riss unmittelbar neben der Stelle aufgetreten ist, an der Einzellasten aus dem Dachstuhl in die Decke eingetragen werden, lässt IMHO zumindest die Möglichkeit zu, dass es im Dach durch unerkannt Schäden zu Lastumlagerungen kam, die zu erhöhten Einzellasten und dadurch zum Riss geführt haben...

    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehen bleiben soll, muß recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine. (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)


    Rings um euch liegt die weite Welt: Ihr mögt euch einzäunen, aber euer Zaun wird sie nicht fern halten. (J.R.R. Tolkien, Derr Herr Der Ringe, Erster Teil: Die Gefährten)

  • Keine Sorge!

    Bevor Du Dich aber auf den (möglicherweise unzulässigen) Dachausbaubals Ursache für den Riss einschiesst ...

    Auf die Möglichkeit einer Lastumlagerung im bestehenden Dachstuhl hatte ich schon vor der Beauftragung hingewiesen und werde dies noch einmal wiederholen. Konkrete Hinweise darauf habe ich aber im Bestand nicht gefunden.


    Nein, die Unzulässigkeit des Ausbaus ist sowieso nicht ursächlich, allenfalls eine mangels Statik nicht vorher erkannte mögliche Überlastung der Decke und die Ausführung der Trennwand nicht nach den a.R.d.T.! Ich erwähne sie hier lediglich, um belegen zu können, dass auf dieses Problem hingewiesen wurde. Ich hatte mal mit einem Fall zu tun, wo kurz es kurz nach der Anwesenheit eines SV zu einem Personenschaden in dem von ihm besuchten Bereich eines Gebäudes kam. "Wie kann es sein, dass der ö.b.u.v. SV nichts geschrieben hat, der hätte doch ... !"

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Bevor Du Dich aber auf den (möglicherweise unzulässigen) Dachausbaubals Ursache für den Riss einschiesst und danach den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr siehst, würde ich den Dachstuhl selbst als Ursache aber auch nicht ausschließen wollen, unabhängig davon, dass der Riss im Vergleich zum Baujahr (auch des Dachstuhls) erst vor kurzem aufgetreten ist. Die Tatsache, dass der Riss unmittelbar neben der Stelle aufgetreten ist, an der Einzellasten aus dem Dachstuhl in die Decke eingetragen werden, lässt IMHO zumindest die Möglichkeit zu, dass es im Dach durch unerkannt Schäden zu Lastumlagerungen kam, die zu erhöhten Einzellasten und dadurch zum Riss geführt haben...

    Interessanter Ansatz, kann es durch falsch ausgeführte Dämmarbeiten im neu geschaffenen Wohnraum vielleicht zur Verrottung von Dachbalken gekommen sein?


    Edit, wie das so ist wenn man auf Speichern klickt... Das würde man ja wahrscheinlich an der Trockenbauwand sehen wenn Setzungen oder eine Lastumverteilung statt gefunden hätten.

  • Nach nochmaligen Betrachten des Fotos von oben käme für mich auch noch in Frage, dass die Deckenbalken durch einen oder mehrere frühere Wasserschäden geschädigt sind. Jedenfalls könnten die augenscheinlich (ehemals) feuchten Flecken an Kehlsparren und Stielen darauf deuten.


    Die Überlastung durch den Ausbau halte ich für wenig wahrscheinlich als Rissursache. Ausschließen kann ich natürlich nichts. Dazu müsste man die Balkenlage freilegen. Evtl. hat auch ein dünner Streichbalken unter der GK-Wand dicke Backen gemacht, oder es sind "putzige" Wechsel vorhanden, die man nicht sieht.

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    Gruß aus Oranienburg
    Thomas