Abrechnung nach Stunden - deutlich höher als Schätzung

  • Hallo zusammen,


    ich prüfe gerade eine Rechnung. Für einige Nebentätigkeiten ist eine "Abrechnung nach tatsächlichen Aufwand gemäß Tagelohnnachweis" vereinbart, vom Auftragnehmer gab es im Voraus eine grobe Kostenzusammenstellung mit 2*12=24 Facharbeiterstunden. Auf der Rechnung sind jetzt 56 Facharbeiterstunden aufgeführt, nachgewiesen durch Tagelohnzettel (nicht unterschrieben). Die Arbeiten fanden bis Anfang Dezember statt, die Tagelohnzettel wurden mir bisher nicht vorgelegt (und ich habe sie dummerweise auch nicht angefordert).


    Im Detail kann ich die Stunden jetzt natürlich nicht mehr prüfen. Die Anzahl der Tage stimmt, laut Stundenzettel war immer ein 3-Mann-Team unterwegs, die Kalkulation hat sah eher (2*...) nach zwei Mann aus. Ob jetzt 2 oder 3 Mann auf der Baustelle waren, weiß ich leider nicht mehr.


    Wie gehe ich damit am besten um (außer dass ich in Zukunft darauf achte, die Tagelohnzettel zeitnah zu erhalten)? Spielt es eine Rolle, dass die Schätzung des Auftragnehmers so massiv vom abgerechneten Aufwand abweicht? Oder kommt es alleine darauf an, ob der Aufwand tatsächlich geleistet wurde?


    Gehen wir mal davon aus, dass es sich um einen VOB-Vertrag handelt (auch wenn ich mir nicht sicher, ob die VOB/B wirksam vereinbart wurde).

  • Die VOB/B wurde vereinfacht geschrieben nur dann wirksam vereinbart, wenn der AN sie Dir vollständig im Wortlaut vorgelegt hat oder wenn Du ihre Anwendung ausdrücklich und belegbar gefordert hast. Dass Dir das einen Vorteil verschafft, sehe ich als juristischer Laie allerdings nicht, denn die VOB/B kennt nur Angebote, keine Kostenvoranschläge / Kostenschätzungen.


    Kostenvoranschläge sind als Schätzungen nach BGB nur dann in ihrer Höhe verbindlich, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist. Genau das unterscheidet sie von Angeboten, welche immer verbindlich sind. Das BGB sieht einen über den Voranschlag um bis zu 25 % erweiterten Vergütungsanspruch immer als berechtigt an, darüber hinaus nur, wenn dieser vor Erbringung der Leistung angemeldet wurde.


    (Rein praktisch halte ich persönlich diese Regelung bei Leistungen geringen Umfangs (mind. bis 40 Personenstunden) für problematisch, weil diese Abweichungen bei Besetzung der Baustelle mit zwei oder mehr Personen schneller vor Ort erreicht werden, als die Geschäftsführung dies dem Kunden rechtssicher mitteilen kann. Man müsste also die Mitarbeiter abrücken und die rechtssichere Bestätigung des AG abwarten lassen, bis sie eine Woche später wieder gegen zusätzliche Berechnung erneut anfahren und weiterarbeiten können. Das will eigentlich niemand, auch wenn es der einzig rechtlich richtige Weg wäre.)


    Für AN sind Stundenlohnarbeiten das Paradies, für AG die Hölle.


    Im Bauwesen werden deshalb nach VOB und StLB nahezu ausschließlich fertige Leistungen ausgeschrieben und beauftragt, gerade keine Zeitlohnarbeiten. Einige öffentliche Auftraggeber schließen diese für ihre Ausschreibungen sogar explizit aus.


    Ich würde mir den Nachweis vorlegen lassen, auf Plausibilität prüfen und den plausiblen Teil zahlen.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Sofern denn ein Bauvertrag auf der Grundlage der VOB/B abgeschlossen worden ist, muss


    1. die Abrechnung der konkret angefallen und in Rechnung gestellten Arbeiten im Stundenaufwand auch tatsächlich so vereinbart worden sein; das richtet sich nach dem Beschrieb in der sog. " Kostenzusammenstellung für die Nebentätigkeiten " im Leistungsverzeichnis, die Vereinbarung gilt also nicht für zusätzliche Arbeiten, es sei denn der AG hat diese zusätzlichen Arbeiten zum Stundenaufwand nachbeauftragt; anderenfalls gilt für zsätzliche Arbeiten § 2 Nr.6 VOB/B;


    2. es ist zu prüfen, ob die zum Stundenlohn abgerechneten Leistungen nicht bereits in den EP-Preisen enthalten sind ( beliebter Trick der AN, irgendwelchen Kleinkram, den diese schon nach den EP-Positionen auszuführen hatten und die bereits in den EP-Preisen enthalten sind, nochmals zusätzlich zum Stundenaufwand abzurechnen ). Welche Leistungen die EP-Positionen mitenthalten ist durch Auslegung des Beschriebs zu ermitteln;


    3. der AN muss die Stundenarbeiten vorher ankündigen ( damit der AG die Chance hat, sie nach Art und Umfang mitzuverfolgen ),


    4. sie müssen in einer prüfbare Aufstellung ( wer hat was, wann, wo und mit welchem Aufwand getan ) aufgelistet werden;


    5. die spezifizierten Stundenzettel müssen innnerhalb der in § 15 VOB/B genau vorgegebenen Fristen dem AG zur Unterzeichnung vorgelegt und von diesem abgezeichnet werden;


    6. bleiben mangels Einhaltung der Vorgaben unter vorstehend 3 - 5 Zweifel an dem Anfall der Stunden, sind die ausgeführten Arbeiten mit dem tatsächlichen Aufwand zu den hierfür angemessenen Preisen zu vergüten.


    Die verspätete Vorlage nicht unterschriebener Stundenlohnzettel beweist im vorliegenden Fall also zunächst einmal überhaupt nichts. Schlecht für den AN.


    Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen Teil B (VOB/B Ausgabe 2016)


    Ob der TE mit der " Kostenzusammenstellung für die Nebentätigkeiten " tatsächlich einen " Kostenvoranschlag " meint, wäre durch Auslegung des Beschriebs zu ermitteln. In der Regel ist die Pos. " Stundenlohnarbeiten " nur eine Abfrageposition über die Höhe der Stundenlohnsätze des AN für etwaige weitere, bei Angebotsabgabe noch überhaupt nicht absehbare zusätzliche Arbeiten, die der AG dann aber so auch noch nachbeauftagen muss.