• Hallo Experten,


    ich habe fast alle Mörtelarbeiten (ich nenne das mal so, stellevertretend für alle Baustoffe, die man erst nass anrührt und die dann abbinden und trocknen; vor allem Mörtel, Dünnbettmörtel, Beton, Gips) vor den ersten Tagen < 5°C abschließen können. Einige Arbeiten stehen aber leider noch aus, davon einige kleinere Korrekturen wie das Verschließen von Ritzen und Löchern im Mauerwerk (bis ca Faustgröße), aber auch statisch relevante arbeiten wie das Einmörteln eines Stahlträgers, der einen Unterzug und eine Säule ersetzt.


    Auf den ganzen Säcken habe ich immer gelesen, dass man nur zwischen 5 und 30 °C verarbeiten darf. Da wir hier selten Minusgrade haben, jetzt aber durchaus öfter 3-4 °C, frage ich mich, welche Auswirkungen eine solche Temperatur hat und wie man generell am besten mit der Winterzeit umgeht.


    Ich vermute, dass bei Minusgraden die Gefahr besteht, dass Wasser in er Mörtelmischung gefriert, bevor dieser fertig abgebunden hat, dadurch dann nicht für den chemischen Prozess zur Verfügung steht und sich deswegen eine erhebliche Reduzierung der Festigkeit ergeben kann. Auch kann ich mir ausmalen, dass, wenn noch nicht alle Feuchtigkeit entwichen ist, im recht frisch abgebundenen Mörtel/Beton gefrierendes Wasser zu Mikrorissen führen könnte. Falls jemand dazu etwas sagen kann, würde ich mcih freuen - nicht aus praktischen Gründen, denn ich werde bei Temperaturen unter null nicht mörteln. Aber es interessiert mich auch einfach.


    Wegen des langen Posts und der Erklärungen habe ich die eigentlich wichtigen Fragen fett markiert.



    Aber was geschieht zwischen 0 und 5 Grad? Läuft die chemische Reaktion dann gar nicht ab, nur teilweise, oder dauert es einfach nur sehr viel länger, bis die auf dem Sack bzw Datenblatt angegebene Festigkeit erreicht wird?


    Bei den Mauerwerksausbesserungen geht es im Wesentlichen darum, dass da später mal ein Dübel nicht ins Leere greift, also "Loch zu". Da die Mauern bis heute so gestanden sind, müssen die Ausbesserungen nichts tragen, vermute ich. Haltet Ihr es für vertretbar, diese Ausbesserungen bei 3-4 °C zu machen?


    Und wie sieht es bei den tragenden Teilen aus, beispielsweise einer zu montierenden Stütze (oben Unterstopfmörtel, unten Vergussmörtel)? Kann man das machen, wenn man die Baustützen dann halt 6 Wochen stehen lässt statt nur 2? Oder ist davon generell abzuraten?

    Wie viele Tage am Stück ab Zeitpunkt des Mörtelns sollte man über 5°C haben, damit das problemlos ist?


    Vielen Dank schon mal für Eure Meinungen! :)

  • Ich vermute, dass bei Minusgraden die Gefahr besteht, dass Wasser in er Mörtelmischung gefriert, bevor dieser fertig abgebunden hat, dadurch dann nicht für den chemischen Prozess zur Verfügung steht und sich deswegen eine erhebliche Reduzierung der Festigkeit ergeben kann. Auch kann ich mir ausmalen, dass, wenn noch nicht alle Feuchtigkeit entwichen ist, im recht frisch abgebundenen Mörtel/Beton gefrierendes Wasser zu Mikrorissen führen könnte.

    Bingo! Dadurch erreicht er nicht die angegebene Festigkeit. Es kann sogar zur Sprengung des Mörtels kommen.

    Aber was geschieht zwischen 0 und 5 Grad? Läuft die chemische Reaktion dann gar nicht ab, nur teilweise, oder dauert es einfach nur sehr viel länger, bis die auf dem Sack bzw Datenblatt angegebene Festigkeit erreicht wird?

    Dauert länger, da sich mehr langerfaserige Produkte bei der Hydratation bilden, kommt es aber bei langsamer fest werdenden Betonen (und damit wohl auch Mörteln) zu einer höheren Endfestigkeit. Lässt sich grundsätzlich sogar berechnen.


    Bei den Mauerwerksausbesserungen geht es im Wesentlichen darum, dass da später mal ein Dübel nicht ins Leere greift, also "Loch zu". Da die Mauern bis heute so gestanden sind, müssen die Ausbesserungen nichts tragen, vermute ich. Haltet Ihr es für vertretbar, diese Ausbesserungen bei 3-4 °C zu machen?

    Wenn die Wand auch sicher durchgängig die gleiche Temperatur hat oder wärmer wird und nicht gefriert, würde ich das für mich privat an meinem Haus wohl riskieren, das Lehrgeld wäre bei 2-3 Dübellöchern im Keller oder Garten überschaubar, bei Kunden würde ich das jedoch definitiv nicht.
    Den Mörtel natürlich mit "wärmerem" Wasser anrühren (>>5°C).

    Und wie sieht es bei den tragenden Teilen aus, beispielsweise einer zu montierenden Stütze (oben Unterstopfmörtel, unten Vergussmörtel)? Kann man das machen, wenn man die Baustützen dann halt 6 Wochen stehen lässt statt nur 2? Oder ist davon generell abzuraten?

    Wie viele Tage am Stück ab Zeitpunkt des Mörtelns sollte man über 5°C haben, damit das problemlos ist?

    Zu Abstützzeiten und ggf. Ausschalfristen kann sich der Statiker äußern, der die bemessen hat.
    Was theoretisch möglich und berechenbar ist, ist im Einzelfall noch lange nicht immer gegeben, vor allem nicht bei DIY.
    Dementsprechend wird es da auch definitiv keine pauschale Aussage zu geben.

    Auch bei Minusgeraden lässt sich noch betonieren, es sind halt besondere Maßnahmen möglich, die bei 0815 Sackware nicht unbedingt so sinnvoll sind, wie auf die passende Witterung zu warten.
    Bezüglich der Rahmenbedingungen der Verarbeitung von Werktrockenmörtel, wie bei Temperaturen außerhalb der beschriebenen Werte, sollte man beim Hersteller anfragen.
    "Quellmörtel" und "Vergussmörtel" sind da sowieso anders zu behandeln als genormte Mörtel, da die noch entsprechende Zusätze enthalten, die anders reagieren könnten.
    Die erforderliche Zeit, bis ein Normalmörtel gefrierbeständig ist, hängt unter anderem vom w/z-Wert ab, bei einem w/z Wert von 0,6 sind es bei einem mit der Zementfestigkeitsklasse 32,5N mindestens 5 Tage über 5°C Mörteltemperatur.
    Die Mörteltemperatur kann aber durch Wind und Untergrundtemperatur geringer als die gemessene werden. Natürlich kann man diese Einflüsse durch Wärmedämmung, ggf. sogar Heizung und Abdeckung ausschließen, allerdings auch den Zeitraum durch einen Zement/Mörtel mit höherer Hydratationswärme verringern.


    Bei tragenden Bauteilen sollte man generell vorsichtiger sein, wenn man die Grenzen des Machbaren austestet, als bei optischen Arbeiten in untergeordneten Räumen.
    Der Beton unter einem Bordstein im Garten ist noch lange keine tragende Stütze oder Geschossdecke.

  • Hallo Grundbruch,

    ich weiß gar nicht, ob ich mich zuerst bedanken soll oder entschuldigen! Ich fange mit letzterem an: Ich habe mich mit Job, Familie und Baustelle überfordert (mache das schon >> 1 Jahr so und bekam regelmäßig viel zu wenig Schlaf. Dann ist bei der Arbeit noch ein Kollege ausgefallen (bis heute) und ich war fasst drei Monate nur noch krank, bin die Erkältungen mit Fieber gar nicht mehr losgeworden. Also musste ich die Notbremse ziehen und alles, was Baustelle anbelangte, liegen lassen. Die Kinder kann man ja schlecht mal ein paar Wochen pausieren. Das tat zwar weh, auch wegen der finanziellen Doppelbelastung, aber ich will da ja auch mal lebendig einziehen.


    Dein ausgesprochen interessanter und hilfreicher Post hat mir bei dieser Entscheidung sehr geholfen. Ich hatte ihn noch gelesen und darüber nachgedacht, dann kam der Moment, wo ich einfach fertig war. Den Statiker erneut einzubinden kostet ja auch wieder Geld und das Risiko, dass dann doch unerwartet eine Kältewelle kommt, war mir zu groß; vor allem im Verhältnis zu dem Nutzen.


    Mittlerweile ist der Träger ordentlich vermörtelt. Hat bei 15° auch mehr Spaß gemacht als bei 7°.

    Also: Vielen lieben Dank für Deine Antwort! Und nochmals meine Bitte um Entschuldigung für meine späte Rückmeldung; das ist eigentlich nicht meine Art.