Abstandsflächen bei schmalem Grundstück

  • Hallo,

    wir interessieren uns für ein Baugrundstück, das 10 m breit und 40 m lang ist (liegt in Baden-Württemberg). Also extrem schmal.

    Wir interessieren uns dafür, weil Lage und Preis optimal wären.

    Uns würde es prinzipiell nichts ausmachen, ein sehr schmales Haus zu bauen. Aber wenn die Abstandsflächen tatsächlich 3 m betragen, hätte man ja nur 4m Breite für das Haus zur Verfügung.

    Ich habe eine Info gefunden, dass bei einem Haus, das nur 5 m breit ist, die Abstandsflächen nur 2 m betragen müssen. Aber stimmt das auch wirklich?

    Es gibt übrigens auch einen Bebauungsplan der Gemeinde (Grundflächenzahl 0,2, Geschossflächenzahl 0,4). Das Grundstück ist schon erschlossen (Gartenhäuschen steht drauf).

    Ich frage mich, wie es sein kann, dass man zwar bauen darf mit einer solchen Grundfläche, aber dann soll es nur 4 m breit sein dürfen?

    Freue mich auf Antworten! Danke schon mal. :)

  • Escroda ?


    Wobei ich tatsächlich so schmale lange Häuser kenne und die sind verdammt gut gemacht. Ein guter Architekt bzw ein gut entwerfender Architekt ist dabei unabdingbar.

    Nothing is forever, except death, taxes and bad design


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  • Herzlich willkommen!

    … wir interessieren uns für ein Baugrundstück, das 10 m breit und 40 m lang ist (liegt in Baden-Württemberg). Also extrem schmal.

    Ich habe eine Info gefunden, dass bei einem Haus, das nur 5 m breit ist, die Abstandsflächen nur 2 m betragen müssen. Aber stimmt das auch wirklich?

    Wo steht das in der LBO BaWü?

    Ich frage mich, wie es sein kann, dass man zwar bauen darf mit einer solchen Grundfläche, aber dann soll es nur 4 m breit sein dürfen?

    Weil es durch Schattenwurf / mangelhafte Besonnung / Lüftung beeinträchtigten Nachbarn oder dem überspringenden Feuer egal ist und auch egal sein darf, wieviel Grundstückstiefe hinter der zu nahe stehenden Wand noch kommt.


    Eine Ausnahme könnte nach § 6 LBO BaWü eventuell möglich sein - bei ortstypischer dichterer Bebauung.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Das habe ich bei dejure.org gelesen.

    Jedes dt. Bundesland hat eine eigene BauO. Welche hast Du dort gelesen? Deshalb:

    Wo steht das in der LBO BaWü?

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Da steht aber nicht, dass bei zwei parallelen Wänden mit einem Abstand von weniger als 5 m zueinander (also einer Gebäudebreite < 5,0 m) die Tiefe der seitlichen Abstandsfläche verringert werden darf, sondern dann, wenn das entsprechende Wandstück in seiner Ansicht (also der Grenze zugewandt) weniger als 5 m breit ist. Die Regel würde also in Deinem Fall nur bei Seitenflächen eines Hauses mit einer Tiefe < 5,0 m helfen, also für ein Haus mit einer Grundfläche von hier 6,0 m * 4,99 m = 29,99 m2 (Außenmaße!). Du könntest aber natürlich mehrere solcher 30 m2 großen Gebäude durch schmale, bspw. 1 m lange Gänge miteinander verbinden. Aber ich weiß weder, ob man damit bauordnungsrechtlich wirklich durchkommt, da es ja offensichtlich ein Umgehungsversuch ist, noch, ob das eine in irgendeiner Weise sinnvoll nutzbare Kubatur oder gar eine schöne wird. Probieren könnte man es, aber wie die freundliche Kollegin bereits schrieb:

    Ein guter Architekt bzw ein gut entwerfender Architekt ist dabei unabdingbar.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Ich meine, dass der reduzierte Abstand für z.B. Vorbauten zu verstehen ist. D.h. für untergeordnete Gebäudeteile, die aus der Gesamtform des Gebäudes herausspringen (und eine max. Länge bzw. Breite von 5 m haben dürfen).

  • Aber wenn die Abstandsflächen tatsächlich 3 m betragen

    Die Abstandsflächen sind von der Wandhöhe abhängig und betragen in BW mindestens 2,5m. Das entspricht einer Wandhöhe von 2,5m / 0,4 = 6,25m. Wenn die Dachneigung unter 45° bleibt und der natürliche Geländeverlauf nicht allzu bewegt ist, reicht das für einen Zweigeschosser plus Studio im DG.

    hätte man ja nur 4m Breite für das Haus zur Verfügung

    Wegen der günstigen Mindesttiefe von 2,5m für die Abstandsflächen wäre eine Hausbreite von 5m möglich.

    Ich habe eine Info gefunden, dass bei einem Haus, das nur 5 m breit ist, die Abstandsflächen nur 2 m betragen müssen. Aber stimmt das auch wirklich?

    Nein. Wie der Skeptiker schon richtig schrieb, bezieht sich "Breite" auf die Wand, die die Abstandsflächen auslöst.

    Es gibt übrigens auch einen Bebauungsplan der Gemeinde (Grundflächenzahl 0,2, Geschossflächenzahl 0,4).

    Zeig mal einen großzügigen Ausschnitt! Vielleicht ist ja sogar Grenzbebauung möglich. Ansonsten können hier natürlich auch noch weitere Einschränkungen lauern, z.B. die Geschossigkeit.

    Ich frage mich, wie es sein kann, dass man zwar bauen darf mit einer solchen Grundfläche, aber dann soll es nur 4 m breit sein dürfen?

    Weil die Stadtplanenden selten Einfluss auf die Grundstückszuschnitte haben und daher das Planungsrecht wenig Rücksicht auf vorhandene oder gar zukünftige Grundstücksgrenzen nimmt oder nehmen kann.

    ob man damit bauordnungsrechtlich wirklich durchkommt

    Ich denke nicht, da es sich um ein sogenanntes Schmalseitenprivileg handelt, welches es - in anderer Form (16m) - auch mal in NRW gegeben hat. Dabei wurden die privilegierten Wandabschnitte, die zu einer Grenze gerichtet waren, bis zur Maximallänge aufaddiert.

    Ich meine, dass der reduzierte Abstand für z.B. Vorbauten zu verstehen ist. D.h. für untergeordnete Gebäudeteile, die aus der Gesamtform des Gebäudes herausspringen (und eine max. Länge bzw. Breite von 5 m haben dürfen).

    Das ist ein gesonderter Absatz (6) in der LBO BW. Das 5m-Schmalseitenprivileg in BW ist so weit ich weiß bundesweit einzigartig.

  • Ganz lieben Dank für eure Antworten! Ich hänge noch 2 Screenshots an zum Lageplan (das kleine Gebäude ist das Gartenhäuschen, also der Altbestand) und zu den Bauvorgaben.

  • Deswegen will ich ja raus kriegen, was man da bauen darf und was nicht. Ich will ja nur wissen, ob ein Bau realistisch wäre, bevor ich mir ernsthaft über einen Kauf Gedanken mache. Aber bevor ich mich hier weiter blöd anmachen lasse, frage ich dann mal direkt beim Baurechtsamt vor Ort nach. Danke für nix.

  • frage ich dann mal direkt beim Baurechtsamt vor Ort nac

    Viel "Spass" dabei. Bauamtsmitarbeitende sprechen zwar Deutsch, aber nur im Dialekt Bauamtisch. Da sollte man/frau als Dolmetscher einen Fachkundigen (Planer) mitnehmen. Sonst gibts Mißverständnisse.

    Meine Beiträge sind Meinungsäusserungen

  • das sollte der entsprechende Auszug sein:



    Der Bodenrichtwert war übrigens, soweit ich das richtige Grundstück gewählt habe, bei 440 €/m² zum Stichtag 01.01.2022


    Man sollte prüfen, ob hier die Abstandsfläche wirklich bei 3,0m liegt und nicht doch bei 2,5m. Das macht hier viel aus.

    Außerdem würde ich prüfen, ob es Baulasten gibt. Sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des hier untersuchten Grundstücks...

  • das sollte der entsprechende Auszug sein:

    Wenn Alfons Recht hat, steht da in Klarschrift


    Allgemeiines wohngebiet (WA)

    2 Vollgeschoße (II)

    Offene Bauweise (o)

    Grundflächenzahl 0,2

    Geschoßflächenzahl 0,4

    Dachneigung [vermutlich] 25° - 30°


    Für die Ermittlung der GRZ/GFZ müsste man das Datum des Inkrafttretens des B-Plans kennen.

    Meine Beiträge sind Meinungsäusserungen

  • Das würde ja bedeuten, dass der Preis mit 198.000 sogar noch über dem Bodenrichtwert liegt, richtig?

  • Und ja, Alfons, in diesem Fall ist es absolut relevant, ob der Abstand 2,50 betragen darf oder doch 3 m betragen muss. Das ist für mich das erste Kriterium, ob wir überhaupt weiter über dieses Grundstück nachdenken oder nicht.

  • Das würde ja bedeuten, dass der Preis mit 198.000 sogar noch über dem Bodenrichtwert liegt, richtig?

    Das ist durchaus möglich, und je nach Marktumfeld auch schon "normal". Der Bodenrichtwert ist, wie der Name schon sagt, ein "Richtwert". Die beiden Parteien können diesen vereinbaren oder auch jeden anderen Preis (von Wucher mal abgesehen). Die Richtwerte hinken den üblichen Preisen immer etwas hinterher, zumal bei denen der Stichtag meist 1 oder mehrere Jahre in der Vergangenheit liegen kann.

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  • Ich will ja nur wissen, ob ein Bau realistisch wäre

    Ein Bau ist realistisch, ist aber die Frage, ob er Deinen Ansprüchen genügen kann. Das Grundstück ist schon recht problematisch und ohne Befreiung(en) vom Bebauungsplan nicht befriedigend mit einem Einfamilienhaus bebaubar. Die Firstrichtung lässt meine Beispielrechnung aus #12 nicht aufgehen, da der Giebel zu den Nachbarn gerichtet sein muss und damit der Wandhöhe das anteilige Giebeldreieck hinzugerechnet werden muss, was die mögliche Wandhöhe für die zwei Geschosse reduziert. Durch die schmale Breite muss der Baukörper sehr gestreckt werden (5m*16m), was das Giebeldreieck bei 25° Mindestdachneigung hoch aufsteigen lässt. Auch die Regelungen zu Kniestock und Sockelhöhe erleichtern die Planung nicht und selbst bei der hier anzuwendenden BauNVO 1968, die die Nebenanlagen außen vor lässt, ist die GRZ mit 0,2 sehr knapp. Ich schätzte mal grob die erzielbare Wohnfläche bei voller BPlan-Konformität auf ca. 130m².


    Hinzu kommt die Bestandsbebauung, dessen Rechtmäßigkeit ich bezweifle, die abgerissen werden muss.

    oder doch 3 m betragen muss

    Wer behauptet das denn? Ich sehe keine Anzeichen, dass die Abstandsflächenvorschriften der LBO nicht gelten sollen und die verlangen mindestens 2,5m.

  • Vielen Dank für diese ausführliche Einschätzung. Da wir nur zu zweit sind (und bleiben) und seit über 10 Jahren auf 56qm wohnen, ist alles was größer ist, besser. 130qm wären für uns Luxus und mit 5m Breite könnten wir leben.

    Das von dir angesprochene Problem mit der Ausrichtung des Giebels ist tatsächlich problematisch, ebenso die Frage nach einer Garage, die dann ja wohl eher in den Keller müsste - was wiederum mit 5 m Breite für 2 Autos ziemlicher Quatsch ist.

    Sollte man das mal mit einem Architekten durchgehen?

    Übrigens, die Maklerin sagte am Telefon, man dürfe den Altbestand abreißen. Das müsste man sich natürlich bestätigen lassen.

  • Da wir nur zu zweit sind (und bleiben) und seit über 10 Jahren auf 56qm wohnen, ist alles was größer ist, besser.

    Dann sehe ich schon viel weniger Probleme.

    ebenso die Frage nach einer Garage, die dann ja wohl eher in den Keller müsste

    Nein, Garagen dürfen ja auf der Grenze stehen und das Baufenster ist groß genug, um die Garage vor das Haus zu setzen.

    Sollte man das mal mit einem Architekten durchgehen?

    Ja.

    Übrigens, die Maklerin sagte am Telefon, man dürfe den Altbestand abreißen. Das müsste man sich natürlich bestätigen lassen.

    Der Abriss dürfte kein Problem sein, verursacht aber Kosten in nicht unerheblicher Höhe.

  • Sollte man das mal mit einem Architekten durchgehen?

    Das würde ich für DAS Grundstück dringend anraten.

    Übrigens, die Maklerin sagte am Telefon, man dürfe den Altbestand abreißen.

    Schon mal einen Makler gesehen, die/der für seine/ihre Angaben haftet? Nachgerade telefonische.

    was das Giebeldreieck bei 25° Mindestdachneigung hoch aufsteigen lässt

    Ohne jetzt textliche Auflagen, Ortssatzungen o.ä. zu kennen, geht mir da spontan ein Shetdach durch den Kopf. 2 oder 3 Shets und die Giebeldreiecke schrumpfen gewaltig. Und Licht gibts obendrein.

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