Vorkaufsrecht §66 BNatSchG

  • Hallo zusammen,


    angenommen, eine Bestandsimmobilie soll verkauft werden. Diese besteht aus insgesamt vier Flurstücken, wovon für nur eines ein Vorkaufsrecht gemäß §66 BNatSchG vorliegt, da sich darauf ein oberirdisches Gewässer befindet.

    Angenommen, der Käufer würde dieses unbebaute Flurstück wegen eingeschränkter Nutzbarkeit mit Handkuss abgeben.

    Angenommen, das Land macht nach Beurkundung eines Kaufvertrages zwischen Verkäufer und Käufer von diesem Vorkaufsrecht tatsächlich Gebrauch.

    Welche Auswirkungen hätte dies auf den Kauf der restlichen Flurstücke?

    Wem käme der Erlös zugute, Verkäufer oder Käufer oder beiden?

    Wonach würde das Land den Wert/Kaufpreis bestimmen? Anteilig vom Kaufpreis im Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer, oder anhand Bodenwert gemäß Bodenrichtwert ?

    Falls ersteres, wäre es sinnvoll gewesen wenn Käufer und Verkäufer in ihrem Kaufvertrag für dieses Flurstück einen expliziten Preis benannt hätten, wenn bezogen auf die gesamte Grundstücksfläche (alle vier Flurstücke) hinweg der Kaufpreis deutlich unter dem Bodenwert liegt?


    Freue mich über sachverständige Hinweise!

  • Angenommen, das Land macht nach Beurkundung eines Kaufvertrages zwischen Verkäufer und Käufer von diesem Vorkaufsrecht tatsächlich Gebrauch.

    Falsche Vorangehensweise. Der Verkaeufer informiert den Vorkaufsberechtigten ueber seinen Verkaufswunsch. Er setz diesem eine angemessene Frist bis zu der dieser erklaeren soll ob er von seinem Vorkaufsrecht gebrauch machen will.


    Alles Weitere folgt darauf.

  • Angenommen, das Land macht nach Beurkundung eines Kaufvertrages zwischen Verkäufer und Käufer von diesem Vorkaufsrecht tatsächlich Gebrauch.

    "Vorkaufsrecht" bedeutet nach meinem überschaubareren juristischen Laienwissen vereinfacht geschrieben, dass der oder die Vorkaufsberechtigte anstelle des Käufers bzw. der Käuferin in den Vertrag einsteigen kann, also zu den vereinbarten Bedingungen "vorkauft".

    Welche Auswirkungen hätte dies auf den Kauf der restlichen Flurstücke?

    Keine.

    Wem käme der Erlös zugute, Verkäufer oder Käufer oder beiden?

    Wie geschrieben: Der oder die Vorkaufsberechtigte tritt anstelle des Käufers bzw. der Käuferin in den ausgehandelten Vertrag ein. Die verkaufende Partei erhält den Kaufpreis.

    Wonach würde das Land den Wert/Kaufpreis bestimmen? Anteilig vom Kaufpreis im Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer, oder anhand Bodenwert gemäß Bodenrichtwert ?

    Wie geschrieben: Der oder die Vorkaufsberechtigte tritt anstelle des Käufers bzw. der Käuferin in den ausgehandelten Vertrag ein. Der Preis ist damit bestimmt. Die verkaufende Partei erhält den Kaufpreis. Weshalb so der Käufer etwas vom Verkaufserlös erhalten?

    Falls ersteres, wäre es sinnvoll gewesen wenn Käufer und Verkäufer in ihrem Kaufvertrag für dieses Flurstück einen expliziten Preis benannt hätten, wenn bezogen auf die gesamte Grundstücksfläche (alle vier Flurstücke) hinweg der Kaufpreis deutlich unter dem Bodenwert liegt?!

    Kaufpreise für die Einzelgrundstücke individuell zu vereinbaren und zu fixieren erscheint sinnvoll.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Welche Auswirkungen hätte dies auf den Kauf der restlichen Flurstücke?

    Das kommt zum einen darauf an, ob die Flurstücke auch eigenständige Grundstücke im Sinne des Grundbuchs sind, also unter eigenen Grundbuchblättern gebucht sind oder unter eigenen laufenden Nummern innerhalb eines Grundbuchblattes, zum anderen auf den genauen Wortlaut des Kaufvertrages.

    Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass es keine Auswirkungen hat.

    Wem käme der Erlös zugute, Verkäufer oder Käufer oder beiden?

    Das kommt auf den genauen Wortlaut des Kaufvertrages an. Grundsätzlich erhält der Verkäufer natürlich den Erlös, da dem Käufer ja noch nichts gehört.

    Wonach würde das Land den Wert/Kaufpreis bestimmen?

    Das kommt auf den genauen Wortlaut des Kaufvertrages an. Bei unrealistischen Kaufpreisen, also Preisen, die erheblich vom Bodenrichtwert abweichen, ist eventuell ein Wertgutachten erforderlich.

    Üblicherweise zahlen die staatlichen Vorkaufsberechtigten nicht wesentlich über Bodenrichtwert, bei wesentlich unterhalb des Bodenrichtwertes liegenden Kaufpreisen wird das Finanzamt hellhörig.

    wäre es sinnvoll gewesen wenn Käufer und Verkäufer in ihrem Kaufvertrag für dieses Flurstück einen expliziten Preis benannt hätten

    Das kommt auf den genauen Wortlaut des Kaufvertrages an. Einerseits wäre es vermutlich leichter, den Kaufvertrag für die zwei Erwerber aufzuteilen, andererseits könnte bei unrealistischer Wertverteilung für die Einzelflurstücke ein höheres Streitpotential bestehen.

  • Zunächst danke für die Rückmeldungen.

    Falsche Vorangehensweise. Der Verkaeufer informiert den Vorkaufsberechtigten ueber seinen Verkaufswunsch. Er setz diesem eine angemessene Frist bis zu der dieser erklaeren soll ob er von seinem Vorkaufsrecht gebrauch machen will.


    Alles Weitere folgt darauf.

    Vom Ablauf her wurde es mir von Makler und Notar so erklärt, dass nach notarieller Beurkundung des Kaufvertrages zwischen Käufer und Verkäufer der Notar bei Gemeinde und Land erfragt ob auf die jeweiligen Vorkaufsrechte verzichtet wird. Wäre das dann eine falsche Vorgehensweise?

    Das kommt zum einen darauf an, ob die Flurstücke auch eigenständige Grundstücke im Sinne des Grundbuchs sind, also unter eigenen Grundbuchblättern gebucht sind oder unter eigenen laufenden Nummern innerhalb eines Grundbuchblattes, zum anderen auf den genauen Wortlaut des Kaufvertrages.

    Die Flurstücke stehen unter laufenden Nummern auf einem Grundbuchblatt.

    Das kommt auf den genauen Wortlaut des Kaufvertrages an. Bei unrealistischen Kaufpreisen, also Preisen, die erheblich vom Bodenrichtwert abweichen, ist eventuell ein Wertgutachten erforderlich.

    Üblicherweise zahlen die staatlichen Vorkaufsberechtigten nicht wesentlich über Bodenrichtwert, [...]

    Im ersten Kaufvertragsentwurf des Notars findet sich hierzu folgender Ausschnitt:

    "Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. XXXX/XX besteht ein Vorkaufsrecht nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Der Bodenrichtwert beträgt laut geoportal.rlp 240,-- €/m².
    Sollte bezüglich des Grundstücks Fl.Nr. XXXX/XX das Vorkaufsrecht nach dem Bundesnaturschutzgesetz ausgeübt werden, bleibt der Kaufvertrag hinsichtlich des übrigen Vertragsgrundbesitzes hiervon unberührt."


    Verstehe ich das richtig, dass gemäß dieser Formulierung - im Falle, dass nicht für jedes einzelne Flurstück ein separater Preis vereinbart wird - das Land als Käufer zum Bodenwert einsteigen müsste, und der ursprünglich zwischen Käufer und Verkäufer für das gesamte Grundstück vereinbarte Kaufpreis als vom Käufer zu entrichtender Preis für das verbleibende Grundstück um den Bodenwert des betroffenen Flurstückes gemindert werden würde?

    [...], bei wesentlich unterhalb des Bodenrichtwertes liegenden Kaufpreisen wird das Finanzamt hellhörig.

    Kannst Du das näher erklären?

    Das Grundstück hat rund 2500m² Fläche, wovon alles gemäß Bodenrichtwertsystem als Bauland mit entsprechend hohem Bodenrichtwert ausgewiesen ist. Dabei lässt die Umgebungsbebauung (kein Bebauungsplan) nur ein kleines Baufenster und im Grunde nur ein Ein- oder Zweifamilienhaus zu. Daher rührt der Kaufpreis wesentlich unterhalb des Bodenwerts.

    Mit besten Grüßen aus Karlsruhe,


    Heinz

  • Vom Ablauf her wurde es mir von Makler und Notar so erklärt, dass nach notarieller Beurkundung des Kaufvertrages zwischen Käufer und Verkäufer der Notar bei Gemeinde und Land erfragt ob auf die jeweiligen Vorkaufsrechte verzichtet wird. Wäre das dann eine falsche Vorgehensweise?

    Nein. Das ist die richtige Vorgehensweise.

    Die Flurstücke stehen unter laufenden Nummern auf einem Grundbuchblatt.

    Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Ich gehe davon aus, dass die Flurstücke alle unterschiedliche laufende Nummern haben.

    Der Bodenrichtwert beträgt laut geoportal.rlp 240,-- €/m²

    Für eine Wasserfläche? Schau doch mal selber im geoportal.rlp.de nach, ob für die Flurstücke unterschiedliche Bodenrichtwerte angegeben sind.

    Verstehe ich das richtig, dass gemäß dieser Formulierung - im Falle, dass nicht für jedes einzelne Flurstück ein separater Preis vereinbart wird - das Land als Käufer zum Bodenwert einsteigen müsste, und der ursprünglich zwischen Käufer und Verkäufer für das gesamte Grundstück vereinbarte Kaufpreis als vom Käufer zu entrichtender Preis für das verbleibende Grundstück um den Bodenwert des betroffenen Flurstückes gemindert werden würde?

    Üblicherweise sind die Bodenrichtwerte nicht flurstücksscharf. Und selbst wenn, so müssen die Eigenschaften des realen Grundstücks mit denen des Richtwertgrundstücks verglichen werden, was hier vermutlich zur Folge hat, dass der Bodenwert für das Naturgrundstück bei ca. 1€/m² liegen wird.

    Kannst Du das näher erklären?

    Wenn der Kaufpreis weit unterhalb des Bodenrichtwerts liegt, liegt die Vermutung nahe, dass mit (hochriskanter) Trickserei Grunderwerbssteuer gespart werden soll.

    Das Grundstück hat rund 2500m² Fläche, wovon alles gemäß Bodenrichtwertsystem als Bauland mit entsprechend hohem Bodenrichtwert ausgewiesen ist.

    Es wird im Bodenrichtwertsystem nicht als Bauland ausgewiesen, sondern als solches bewertet. Ob es sich tatsächlich um Bauland handelt, muss zunächst anhand vom Planungsrecht (§30, §33, §34, §35 BauGB) überprüft werden.

    Dabei lässt die Umgebungsbebauung (kein Bebauungsplan) nur ein kleines Baufenster und im Grunde nur ein Ein- oder Zweifamilienhaus zu. Daher rührt der Kaufpreis wesentlich unterhalb des Bodenwerts.

    Das klingt plausibel und wahrscheinlich ist im Gesamtkaufpreis auch der geringe Wert der Wasserfläche berücksichtigt - also kein Verdachtsfall für das Finanzamt - aber auch keine Aussicht, mit der Ausübung des Vorkaufrechts einen kleinen Lottogewinn zu erzielen.

  • Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Ich gehe davon aus, dass die Flurstücke alle unterschiedliche laufende Nummern haben.

    Richtig. Die Flurstücke stehen auf einem Grundbuchblatt und sind von 1 bis 4 laufend durchnummeriert.

    Für eine Wasserfläche? Schau doch mal selber im geoportal.rlp.de nach, ob für die Flurstücke unterschiedliche Bodenrichtwerte angegeben sind.

    Das betroffene Flurstück ist nicht komplett Wasserfläche, sondern wird von einem Bach gekreuzt. Der Bodenrichtwert liegt tagesaktuell bei 240€/m², für die anderen drei Flurstücke bei 290€/m².

    Üblicherweise sind die Bodenrichtwerte nicht flurstücksscharf. Und selbst wenn, so müssen die Eigenschaften des realen Grundstücks mit denen des Richtwertgrundstücks verglichen werden, was hier vermutlich zur Folge hat, dass der Bodenwert für das Naturgrundstück bei ca. 1€/m² liegen wird.

    Wäre das auch der Fall, wenn - wie von Skeptiker vorgeschlagen - für die einzelnen Flurstücke im Kaufvertrag auch einzelne Kaufpreise fixiert würden?

    Es wird im Bodenrichtwertsystem nicht als Bauland ausgewiesen, sondern als solches bewertet. Ob es sich tatsächlich um Bauland handelt, muss zunächst anhand vom Planungsrecht (§30, §33, §34, §35 BauGB) überprüft werden.

    Danke für den Hinweis. Ist für uns aber unerheblich, da kein genehmigungspflichtiges Bauvorhaben geplant. Es soll lediglich das bestehende ZFH saniert werden.

    Mit besten Grüßen aus Karlsruhe,


    Heinz

  • Die Flurstücke stehen auf einem Grundbuchblatt und sind von 1 bis 4 laufend durchnummeriert.

    Gut, dann handelt es sich eindeutig um vier eigenständige Grundstücke im Rechtssinne. Bei einer Zwangsversteigerung würden dann auch vier Einzelgutachten für die Wertermittlung anzufertigen sein.

    Das betroffene Flurstück ist nicht komplett Wasserfläche, sondern wird von einem Bach gekreuzt. Der Bodenrichtwert liegt tagesaktuell bei 240€/m², für die anderen drei Flurstücke bei 290€/m².

    Dann besteht die Chance, dass die Werte dem tatsächlichen Bodenwert entsprechen.

    Wäre das auch der Fall, wenn - wie von Skeptiker vorgeschlagen - für die einzelnen Flurstücke im Kaufvertrag auch einzelne Kaufpreise fixiert würden?

    Wenn vier Einzelpreise im Kaufvertrag stünden, dann müsste das Land den dort vereinbarten Preis zahlen oder gerichtsfeste Argumente liefern, dass der Preis völlig überhöht ist. Wenn nur ein Gesamtpreis vereinbart ist, muss der Preis auf jeden Fall verhandelt werden, was den Verkauf eventuell kompliziert macht.

    Ist für uns aber unerheblich

    Nicht ganz, da davon abhängt, ob der Kaufpreis einen realistischen Immobilienwert widerspiegelt und wie der Wert des auszuscheidenden Grundstücks angesetzt wird.