Privilegierte Nutzung wo festgehalten

  • Hallo an Alle,


    weiß jemand wo eine privilegierte Nutzung eingetragen wird? Liegenschaftsamt oder Grundbuch, oder sonst wo? Ich kann leider nichts dazu finden. Bei mir steht nur Hof und Gebäudefläche im Grundbuch. Beim Liegenschaftskaraster: Wohnbaufläche. Keinerlei Hinweise auf Privilegierung.

    Lieben Dank für eure Rückmeldungen! :)

  • … weiß jemand wo eine privilegierte Nutzung eingetragen wird?

    Ich wüsste nicht, dass es dafür ein zentrales Register gibt. Das ergibt sich schon daraus, dass die 8 möglichen Privilegierungen teilweise wenig bis nichts miteinander zu tun haben und sich jederzeit ändern können. Welchen Sinn hätte auch ein anlassloser Eintrag, wenn die Nutzung erst durch die Realisierung eines privilegiertem Bauvorhabens möglich wird? Das Vorliegen einer aktuellen Privilegierung ist meines Wissens im Einzelfall geeignet nachzuweisen. Wie? Das kommt jeweils auf den Einzelfall an!

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • weiß jemand wo eine privilegierte Nutzung eingetragen wird?

    Wie ich kürzlich lernen durfte, ein typisches x-y-Problem ;)


    Nach § 35 BauGB sind bestimmte Nutzungen auch im "Außenbereich" zulässsig = privilegiert.

    Ein gesondertes Verzeichnis gibt es nicht, es ist IMMER eine Einzelfallentscheidung.


    Worum geht es Dir?

    Verflucht sei, wer einen Blinden irren macht auf dem Wege!

    5.Mose 27:18

  • Worum geht es Dir?

    vermutlich um dieses Objekt und dessen Problem.


    Und, ja, die Fragestellung wird hier tatsächlich so vorgetragen, wie es die dtssprachige Definition des klassischen XYProblems beschreibt.

    mit Gruß aus Berlin, der Skeptiker


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  • Bei mir steht nur Hof und Gebäudefläche im Grundbuch.

    Was in meinen Augen darauf hindeutet, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb bzw. ein landwirtschaftlich genutzes Anwesen handelt(e). Die Bezeichung "Hof" ist typisch für ein landwirtschaftliches Anwesen (Bauernhof) und steht auch für eine von Gebäuden umgebene Freifläche wie man sie typischerweise bei solchen Anwesen findet. Zu beachten wäre noch, in wieweit sich die Bezeichungen im Laufe der Jahrzehnte geändert haben. Die Bezeichnung "Hof- und Gebäudefläche" gibt es heute bei Neueintragungen wohl nicht mehr, aber in diesem Fall wurde die Wirtschaftsart vor Jahrzehnten eingetragen.


    Bei einem reinen Wohnanwesen findet man dort (zumindest heute) stattdessen die Bezeichnung "Wohngebäude und Freifläche" bzw. "Gebäude und Freifläche", wobei letztere wohl die aktuell genutzte Bezeichnung ist. In einem anderen Grundbuchauszug den ich hier liegen habe, auch ehemals Hof- und Gebäudefläche, wurde nach Teilung und Nutzungsänderung, unter Wirtschaftsart die Bezeichnung "Wohnhaus und Garage" ergänzt. Damit wäre theoretisch eine landwirtschaftliche Nutzung noch möglich, auch wenn das aufgrund der jetzt geringeren Grundstücksfläche keinen Sinn mehr ergibt. Diese Nutzungsänderung (-ergänzung) war nur möglich, weil sich das Anwesen im Innenbereich in einem "Mischgebiet" befindet.


    Warum man hier bei der Nutzungsänderung die Wirtschaftsart "Hof und Gebäudefläche" belassen hat, das kann ich nicht sagen. Vermutlich konnten sich die damaligen Eigentümer nicht damit anfreunden, dass die Landwirtschaft endgültig aufgegeben wird. Heute, 2 Generationen weiter, stehen auf den aus der Teilung hervorgegangenen Grundstücken nur noch Wohngebäude.


    In Deinem Fall steht das Anwesen im Außenbereich, somit wäre die Wirtschaftsart "Hof- und Gebäudefläche" eindeutig ein landwirtschaftlicher Betrieb. Hier ist der Eigentümer privilegiert, er darf also das Gebäude zur Ausübung seiner Tätigkeit auch zum Wohnen nutzen. Gibt er den Betrieb auf, dann erlischt das Privileg, es wird jedoch normalerweise geduldet, dass er weiterhin bis zu seinem Lebensende dort wohnt. Für Erben oder sonstige Nachfolger gilt dieses Privileg nicht, zumindest so lange diese nicht selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb haben bzw. den Betrieb reaktivieren oder fortführen.


    Wäre also in Deinem Fall die Nutzung geändert oder ergänzt worden, dann würde ich im Grundbuch die Wirtschaftsart "Gebäude und Freifläche" erwarten (im Außenbereich nicht vorstellbar), oder zumindest eine Ergänzung um "Wohngebäude und Freifläche oder Wohnhaus und Freifläche" (im Außenbereich nur schwer vorstellbar).


    Ich sehe weiterhin nichts, was in Deinem Fall auf eine zulässige Nutzung als Wohnanwesen hindeutet. Ein Antrag auf Nutzungsänderung, in der Hoffnung, dass diese auch genehmigt wird, halte ich weiterhin für erforderlich. Das Bauamt sieht es wohl änlich.

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  • Privilegierte Landwirtschaft (z.B.) wird nirgendwo eingetragen und ich habe ein nettes kleines Beispiel dafür, warum das so ist:

    (SPOILER: weil es so stark vom Einzelfall abhängig ist und ständig wechseln kann)


    Mandant kommt zu mir mit folgendem Problem: Er ist Handwerker und hat einen kleinen Hof mit einer Hand voll Hektar, die er landwirtschaftlich bearbeitet, eine Hand voll Rinder, je ein Dutzend Schafe, Ziegen, Gänse zu gelegentlichen Verkauf, Selbstnutzung usw. Unstreitig betreibt er Landwirtschaft, steuerlich aber ein dauerhaftes Verlustgeschäft, daher Liebhaberei. Er errichtet auf seinem Land einen kleinen Offenstall für die Tiere und daneben einen Schuppen für einen kleinen Traktor. Privilegierte Nutzung - denkt er. Ein anonymer Hinweis ans Landratsamt bring nun den Stein ins Rollen, er möge seine Privilegierung nachweisen, sonst Abrissverfügung. Tja, es kommt raus, fürs Bauamt ist er kein Landwirt: weil es steuerlich "nur" ein Hobby ist, ist er nun doch nicht privilegiert.

    Daher Aufgabe an den Steuerberater: wir müssen auf einfach Weise einen Gewinn aus LaWi nachweisen, damit der Bau nicht abgerissen wird. Das Problem Gewinn zu erzeugen, wo keiner ist, lässt sich in der Klein- und Kleinst-LaWi glücklicherweise durch einen eleganten Kniff lösen.

    Die Moral von der Geschichte: In diesem Falle wurde eine baurechtliche Privilegierung durch das geschickte Ausüben von steuerlichen Wahlrechten wieder hergestellt. Es hängt also immer stark vom Einzelfall und seinen Begleitumständen ab und sowas kann man nicht in einem Register erfassen.

    Der gesunde Verstand ist die bestverteilte Sache der Welt, denn jedermann meint, damit so gut versehen zu sein, dass selbst diejenigen, die in allen übrigen Dingen sehr schwer zu befriedigen sind, doch gewöhnlich nicht mehr Verstand haben wollen, als sie wirklich haben. ~ René Descartes

  • weiß jemand wo eine privilegierte Nutzung eingetragen wird?

    die Angabe der Nutzung im Grundbuch/Liegenschaftskaster nimmt nicht am "öffentlichen Glauben" teil. Das heißt, dass man sich nicht darauf berufen kann.

    Mir sind schon öfters Flächen mit der Angabe "Wohnbaufläche" begegnet, wo definitiv kein Baurecht besteht. Oder "Gebäude und Freifläche" bei unbebauten Flächen.


    Die Privilegierung ergibt sich m.E. ausschließlich aus dem Bescheid zur Baugenehmigung. Dort ist beschrieben, auf welcher Grundlage und unter welchen Randbedingungen genehmigt wurde.

    Diese gilt, sofern der Bescheid nicht erloschen oder zurückgenommen wurde.

  • Die Privilegierung ergibt sich m.E. ausschließlich aus dem Bescheid zur Baugenehmigung.

    :thumbsup: ich würde gerne ergänzen, "und der tatsächlichen Nutzung"


    Die Baugenehmigung ist die Grundlage dafür, entscheidend ist dann auch die Aufnahme der bestimmungsgemäßen (genehmigten) Nutzung. Letzteres wird gerne übersehen, ist aber entscheidend, weil dadurch bei Wegfall der bestimmungsgemäßen Nutzung auch die Privilegierung entfällt.


    Der TE hofft, dass das Gebäude irgendwie als "Wohnhaus" bzw. das Anwesen als "Wohnanwesen" genehmigt war, sprich ohne Auflagen oder Bindung an eine bestimmte (privilegierte) Nutzung. Die Wahrscheinlichkeit hierfür geht gegen Null. In dem anderen thread hatte ich mal ein bisschen recherchiert und Hinweise auf eine "Verordnung über die Regelung der Bebauung vom 15. Februar 1936 (BauRegVO)" gefunden, die damals schon die Nutzung des Außenbereichs reglementiert hat. Soweit ich herausfinden konnte, gab es damals schon diesbezüglich kaum Unterschiede zu heute, ein Wohnanwesen im Außenbereich war nicht genehmigungsfähig.


    Selbst wenn das Anwesen die letzten Jahrzehnte nur als Wohnanwesen zweckentfremdet wurde, wurde daraus noch kein (genehmigtes) Wohnanwesen. Man kann sich nicht darauf berufen, dass dadurch auch die zukünftige Nutzung ausschließlich zum Wohnen genehmigt wäre. Dazu gibt es genügend praktische Fälle und auch Urteile.


    Ich sehe hier nur eine Möglichkeit, und das ist der Empfehlungs des Bauamts zu folgen, in der Hoffnung, dass die neue (geplante) Nutzung irgendwie legalisiert wird. Natürlich wäre es besser, wenn man die Baugenehmigung aus dem Jahr 1946 zur Hand hätte, obwohl ich davon ausgehe, dass auch dort kein Wohnhaus im Außenbereich genehmigt war, denn (s.o.) das wäre auch im Jahr 1946 nicht genehmigungsfähig gewesen. Auf eine Duldung würde ich nicht setzen, da ist das Risiko zu hoch, dass sich die Stimmung mal über Nacht ändert. Das mag vielleicht noch funktionieren, wenn man in einer kleinen Gemeinde mit der Familie verwandt ist, die seit Generationen den Bürgermeister stellt, oder wenn man zum kleinen Kreis der "einflussreichen Persönlichkeiten" der Gemeinde gehört, aber ansonsten wird diese Strategie nicht funktionieren.

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